High Tech kommt im Weinberg an. Beim 20. International Cool Climate Wine Symposium, das im Mai im südenglischen Seebad Brighton stattfand, wurden Roboter und Drohnen vorgestellt, die das Leben der Winzer einfacher machen sollen. Besonders geschmunzelt hat Anne Krebiehl MW über eine Drohne in Greifvogel-Gestalt.
Die neusten Technologien im Weinbau sollten uns vorgestellt werden. Zum Beispiel die Variable-Rate-Technology, die Weinbergfahrzeuge mit detaillierten Daten ausstattet, damit Spritzungen gezielt durchgeführt und präzise dosiert werden können: eben nur da, wo es auch wirklich nötig ist. Diese intelligente Technologie erspart bis zu 40 Prozent Agrochemikalien und bedeutet auch weniger Abdrift.
Hilfreich für Bodenbearbeitung
Mit Hilfe der Informationen, die der Reben-Roboter sammelt, kann der Winzer bessere Entscheidungen treffen. Wer Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit kennt, kann zum Beispiel ganz präzise dem Pilzdruck entgegen wirken. Wer die Transpiration des Weinlaubs kennt, kann bei entsprechender Wetterlage gezielt bewässern und damit Wasser sparen. Dass ein derartiges Datenmanagement in den großflächigen Weinregionen Australiens wichtiger ist als in der kleinteiligen europäischen Rebenlandschaft, liegt auf der Hand. Aber auch in Europa sind Informationen für den Winzer äußerst hilfreich, wenn es um Bodenbearbeitung und Schädlingsbekämpfung geht.
Der VineRobot – mit EU-Geldern entwickelt
Fixe Datenstationen, die die relevantesten Wetterinformationen aufzeichnen und miteinander verknüpfen, sind in Europas Weinbergen heute keine Seltenheit mehr. Zukünftig könnten sie durch Roboter und Drohnen ersetzt werden, die mit multispektralen Kameras und GPS ausgestattet sind. Sie sammeln Daten in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Javier Tardaguila, Weinbauprofessor an der Universität von La Rioja, stellte auf dem 20. International Cool Climate Wine Symposium in Brighton den zweiten Prototypen eines neuen VineRobot vor, der mit EU-Geldern entwickelt worden ist. Etwas unbeholfen und holprig arbeitet sich das Gefährt durch die Rebzeilen, um Daten über Behang, Wachstum, Wassergehalt und Traubenzusammensetzung zu sammeln: äußerlich ein aufgemotztes, ferngesteuertes Spielzeug, doch mit einem ziemlich komplexen Innenleben.
Sogar die Beerenreife kann der Roboter auf Rädern erkennen. Wer mag, kann sich ein Video des VineRobots auf der VineRobot-Webseite www.vinerobot.eu einmal anschauen. Vielleicht wird später einmal die sensorische Prüfung des Reifezustands der Trauben, die der Winzer während der Reifephase stichprobenartig durchführt, von dem mobilen Automaten übernommen. Denkbar ist auch, dass ein Vollernter mit den Daten gefüttert wird, die der VineRobot gesammelt hat. Dann wäre sogar eine selektive Lese mittels Maschine möglich.
Drohnen als Schädlingsbekämpfer und Staren-Schreck
Der Australier Tony Parfitt von der Weinbaufakultät der Curtin University in Perth, spann den Faden noch weiter. Er fragte, warum Drohnen nur Fotos machen und Weinberge scannen sollen, wenn sie auch Insekten im Fluge verstreuen können: etwa nützliche Spinnmilben, die schädliche Spinnmilben bekämpfen. Auf australischen Erdbeerfeldern passiert das schon, wobei der Professor die Frage stellte, ob man noch von „unbemannten“ Luftfahrzeugen sprechen kann, wenn Drohnen Lebewesen transportieren.
Richtig lustig wurde es dann, als Parfitt Drohnen im Greifvogelkostüm vorstellte. Diese ferngesteuerten, robotischen Flügelwesen wurden zunächst in den Niederlanden entwickelt. Sie wurden in der Luftfahrt eingesetzt, da sie Vogelschwärme zuverlässig vertreiben (Ursache für die spektakuläre Notlandung eines amerikanischen Verkehrsflugzeuges im Hudson River in New York im Jahre 2009 war zum Beispiel eine Gänseschar, die die Flugbahn des Jets gekreuzt hatte und in die Triebwerke geraten war). Entweder als Wanderfalke oder Adler verkleidet, kreisen die Robirds über den Weinbergen und sollen durch ihre realistische Camouflage Stare und andere Vogelschwärme vertreiben. Auch wenn solch ornithologischen Attrappen beim Betrachter ein Lächeln verursachen, so verhindern sie doch, dass Kleinvögel zu Tausenden zur Lesezeit in die Weinberge einfallen und diese in kürzester Zeit leer fressen. Programmiert und gesteuert werden müssen die Robirds allerdings vom Menschen: „Ohne dessen Hand und Verstand gibt es keinen Wein, schon gar keinen guten.“