Dreister Traubenklau bei von Winning

Collage Traubenklau bei von Winning
Traubendiebstahl ist ein Delikt, das noch kein Weinkrimi thematisiert hat. Dabei sind einem Pfälzer Top-Weingut gerade die besten Trauben geklaut worden: dem Weingut von Winning in Deidesheim. Im Frühjahr war dort der Bundespräsident zu Gast. Jetzt hängen nur noch beerenlose Stiele an den Stöcken. Der Schaden ist höher als bei einem Bankraub. Im Gespräch mit Ulrich Sautter beschreibt Geschäftsführer Stephan Attmann, mit welcher Dreistigkeit die Diebe vorgegangen sind.

Das Wein­gut von Win­ning, der ehe­ma­li­ge Dr. Deinhard-Besitz in Dei­des­heim, wur­de 2007 von dem Wer­be­un­ter­neh­mer Achim Nie­der­ber­ger aus Bad Neu­stadt erwor­ben, der ihm wie­der den alten Namen von Win­ning gab, unter dem es bis 1918 fir­miert hat­te. Wie die ande­ren Wein­gü­ter aus dem Niederberger-Besitz (Bassermann-Jordan, von Buhl) hat auch von Win­ning seit­dem einen stei­len Auf­stieg genom­men, an dem Geschäfts­füh­rer Ste­phan Att­mann und sein Team gro­ßen Anteil hat­ten. Bei allen Kri­ti­kern wer­den die Wei­ne hoch gelobt. Bei den Gro­ßen Gewäch­sen vom Ries­ling gehö­ren die von Winning-Weine mitt­ler­wei­le zu den bes­ten der Pfalz.

Zu dem Wein­gut, das in einer herr­schaft­li­chen Gründerzeit-Villa in Dei­des­heim resi­diert, gehö­ren 38 Hekt­ar Reb­flä­che. Davon sind 80 Pro­zent mit Ries­ling bestockt. Spät­bur­gun­der ist die wich­tigs­te rote Reb­sor­te. Aus dem Dei­des­hei­mer Herr­gott­sa­cker, jener Lage, in der sich der Trau­ben­dieb­stahl ereig­ne­te, bezieht von Win­ning die bes­ten Qua­li­tä­ten die­ser Reb­sor­te. Der Herr­gott­sa­cker ist zwar nicht als Ers­te Lage klas­si­fi­ziert. Aber der Wein, in den die Trau­ben ein­ge­hen, kos­tet mit 32 Euro genau­so viel wie die meis­ten Gro­ßen Gewäch­se vom Spät­bur­gun­der aus der Pfalz.

weinkenner.de: Ste­phan Att­mann, die Trau­ben­die­be kamen mit einem Voll­ern­ter, also einer Lese­ma­schi­ne, und haben 2500 Kilo­gramm Trau­ben abtrans­por­tiert. Das ist eine neue Dimen­si­on von Trau­ben­dieb­stahl, oder?

Att­mann: Wir sind scho­ckiert. Und ich ver­steh’ auch die Dumm­heit nicht. Wenn der­je­ni­ge erwischt wird, dann ist er doch Zeit sei­nes Lebens abge­stem­pelt als Traubendieb.

weinkenner.de: Ist die­ser Dieb­stahl eine Neid-Attacke auf das Wein­gut von Win­ning, oder ist es rei­ner Zufall, dass es Sie getrof­fen hat?

Att­mann: Bei­des ist mög­lich. Wenn man Erfolg hat, gibt es immer auch Leu­te, denen das nicht gefällt. Es kann aber eben­so gut mög­lich sein, dass ein Win­zer, dem im Früh­jahr sein eige­ner Spät­bur­gun­der erfro­ren ist, an unse­rer Par­zel­le in der Lage Herr­gott­sa­cker ent­lang­fuhr und sich dach­te: Da hol’ ich jetzt was.

weinkenner.de: Aber orts­kun­dig muss der­je­ni­ge doch gewe­sen sein. Schließ­lich hat er ziel­ge­nau Spätburgunder-Trauben geholt, die zu den hoch­wer­tigs­ten im Gebiet gehören.

Att­mann: Wir betrei­ben für die­se Trau­ben locker den drei­fa­chen Auf­wand im Ver­gleich zu einem nor­ma­len Betrieb, da ist das dann schon nicht so toll, wenn die Trau­ben feh­len. Der Ertrag der Par­zel­le aus dem Herr­gott­sa­cker bil­det stets das Herz­stück unse­res Spit­zen­weins Pinot Noir I.

weinkenner.de: Wann hat sich der Dieb­stahl eigent­lich genau ereignet?

Att­mann: Der Zeit­punkt lässt sich auf die zwei­ein­halb Tage zwi­schen Don­ners­tag­abend und Sams­tag­mit­tag vor­letz­ter Woche ein­gren­zen. Genau­er wis­sen wir es nicht. Denn der Täter hat die bei­den äuße­ren Rei­hen unse­rer Par­zel­le, also die Gren­ze zu den Nach­barn, unbe­rührt gelas­sen, und auch die ers­ten Stö­cke in den abge­ern­te­ten Rei­hen. Ganz offen­kun­dig, damit der Dieb­stahl nicht so schnell auffällt.

weinkenner.de: Die zustän­di­ge Poli­zei­in­spek­ti­on in Ham­bach sagt, dass der Typ des Voll­ern­ters bekannt sei, weil jedes Fabri­kat typi­sche Spu­ren am Stock zurücklässt.

Att­mann: Wahr­schein­lich ein neue­res Modell der Fir­ma “Braud”. Eigent­lich hät­te die Poli­zei in den ver­gan­ge­nen Tagen mal über die Höfe fah­ren müs­sen und nach­se­hen, wer ein sol­ches Modell hat und wie die Rei­fen­spu­ren aussehen.

weinkenner.de: Die Ermitt­lun­gen lau­fen noch, hat man uns gesagt.

Att­mann: Soll­te der Fall unauf­ge­klärt blei­ben, ist die Bot­schaft ver­hee­rend: Für Nach­ah­mer wäre das gera­de­zu eine Ein­la­dung zum Traubenklau.

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