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Drei alte “White”-Blends im direkten Vergleich

Wieder einmal drehen wir die Uhr viele Jahre in der Whiskygeschichte zurück. Heute mit verschiedenen „White“-Blends: ein White Cat mit 43% aus den 60ern, ein Dewar’s White Label ebenfalls mit 43% aus den 70ern und ein 70 Proof White Horse, abgefüllt zwischen 1956 und 1961.

Blended Scotchs sind Whiskys, bei denen ein oder mehrere Single-Malt-Whiskys mit Grain-Whisky verschnitten werden. Der ungemälzte Getreideanteil variiert dabei deutlich, was bei diesem Tasting auch zweifelsfrei zu „erschmecken“ war.

Die Erfindung des Whisky-Blendings wird Andrew Usher sen. (1782–1855) und Andrew Usher jun. (1826–1898) zugeschrieben. Bereits 1853 kreierte der Vater seinen ersten Blend („Old Vatted Glenlivet“) aus einzelnen Single-Malt-Whiskys. Sein Sohn Andrew kam drei Jahre später auf die Idee, Grain-Whisky beizugeben, und so entstand „Usher’s Green Stripe“, der auch heute noch erhältlich ist. Soweit zur Geschichte, jetzt aber zum Tasting!

Tasting Notes


White Cat 1960er Brown flat bottle with cream label, red letters – 43%
53

Farbe: Gold
Nase: Lakritze, Mokka, türkischer Kaffee, Vanilleschoten, herbe, rauchige Kräuter, Tabakblätter und Grapefruit. Nur leicht salzig und mit blumig-seifigen Aromen versehen.
Geschmack: Parfüm, Parfüm, Parfüm, dann eine leicht würzige Lauge, fad und muffelig, salzig werdend. Abbruch – definitiv nicht trinkbar!
Finish: Mittellang – nun sehr salzig-herb, aber immer noch sehr fade. Die einschlagende Parfümnote ist weitestgehend abgeklungen, und Noten von Tannennadeln und Harz kommen gegen Ende auf.
Bemerkung: Es könnte auch Parfüm statt Whisky sein! Der Geschmack, falls man hier von Geschmack sprechen kann, ist unterirdisch (nahe am Brechreiz!)
53 Punkte (Nase: 80 / Geschmack: 1-20 / Finish: 70)


Dewar’s White Label 1970er Cream label, red letters, white screw cap - 43%Dewar’s White Label 1970er Cream label, red letters, white screw cap – 43%
81

Farbe: Strohgelb
Nase: Knoblauch! Salatdressing mit vielen Kräutern und ganz viel Knoblauch. Dazu ein Stallgeruch von verarbeitetem Stroh. Apfelaromen versuchen sich durch die Stroh-Dungnoten zu kämpfen. Mit wenig Würze versehen und nur zart-süßen, begleitenden Aromen. Nach längerem Atmen wandeln sich die markanten Noten von Knoblauch in ranziges Kräuteröl.
Geschmack: Sehr dünn, blumig-süß und mit viel Zucker versehen. Grapefruit und leicht nussige Aromen tauchen auf, und der Geschmack wird durch einsetzendes Eichenholz immer trockener. Mit Aromen von Tannennadeln geht es hin zum Finish.
Finish: Eher kurz, frisch und kräutrig-süß (Kräuterbonbons).
Bemerkung: Die Nase startet bei 78 Punkten und steigert sich nach längerem Atmen auf 82.
81 Punkte (Nase: 80 / Geschmack: 80 / Finish: 82)


White Horse Cellar Blend ~1956-61 70°Proof - 40%White Horse Cellar Blend ~1956-61 70°Proof – 40%
90

Farbe: Maisgelb – volles Gold
Nase: Sofort sind fette Malzaromen mit leckeren Kräutern da, die im Glas aufsteigen. Dazu Noten von Marzipan, dunklen Beeren, Holunder und Tee. Aber auch Altöl, nasser Kohlenstaub, Blei, trockene Torfballen und maritimer Rauch dominieren die Nase.
Geschmack: Frische Minze und herbe Kräuter mit rauchigem Torf, viel Salz – maritim gehalten. Passend dazu Aromen von Zitrone und Pampelmuse sowie trockenes Eichenholz und schwarzer Pfeffer. Alles in allem, entgegen der Erwartung, ein recht frisches Mundgefühl.
Finish: Lang – trocken-salzig, mit rauchigem Torf und herben Kräutern. Die frischen Minz- und Zitrusaromen bleiben durchgehend erhalten.
90 Punkte (Nase: 89 / Geschmack: 90 / Finish: 90)


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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