Die Parzellen sind teilweise nur einen viertel Hektar groß. Sie heißen Clos des Bertillonnes, La Croix, Le Clos Reyssié, Les Carrons, Les Reisses, Les Cras, Clos des Bertillons, Les Tâches. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle im südlichen Burgund liegen und mit Chardonnay-Reben bestockt sind. Die Unterschiede liegen im Boden: mal eisenhaltiger Lehm, mal gelber Sandstein, ein paar Meter weiter dunkler Schiefer. Und jeder dieser Böden gibt dem Wein einen etwas anderen Geschmack. Deshalb werden die Parzellen bei Robert-Denogent streng separat geerntet, separat vergoren und der Wein separat abgefüllt – typisch französische Terroir-Philosophie, wie sie das benachbarte Côte d’Or so beispielhaft umgesetzt und damit Weltruhm errungen hat.
Das südliche Burgund, auch Mâconnais genannt, ist nicht so berühmt wie das nördliche Burgund. Die Rebsorten dort sind zwar die gleichen (Chardonnay, Pinot Noir) und die Böden, bei allen Unterschieden, ähnlich mineralisch-karg wie an der Côte d’Or. Aber das Klima ist etwas wärmer, weshalb die Weine etwas stoffiger, alkoholreicher und nicht ganz so ausgeprägt fein-mineralisch sind – es sei denn, man arbeitet so wie Robert-Denogent.
Der Felsen von Solutré ist berühmter als die Weine von Fuissé
Die Domaine von Jean-Jacques Robert und seinen Söhnen Nicolas und Antoine liegt in dem Dörfchen Fuissé im südlichen Burgund, im Schatten des gewaltigen Felsens von Solutré, einem schroff abfallenden mythischen Naturdenkmal, von dem die Legende sagt, dass die Menschen in der Steinzeit immer wieder Wildpferde über die Kante getrieben haben, um sie so zu erlegen. In den 1980er Jahren wurde Fuissé berühmt, weil sich der ehemalige (inzwischen verstorbene) Staatspräsident François Mitterrand dort regelmäßig zu Ostern mit Kameraden von der Résistance traf. Den Rest des Jahres aber regiert der Wein in dem verschlafenen 400 Seelen-Ort.
Die Weine von Robert-Denogent, die häufig mit den sehr viel teureren Gewächsen Gewächsen von Puligny oder Meursault verglichen werden, finden sich in vielen französischen Sterne-Restaurants. 80 Prozent der Produktion gehen in den Export. Amerikanische, kanadische, belgische, italienische und chinesische Weinkenner haben eben oft ein feines Gefühl für Qualität. Und die streitet dem knorrigen Autodidakten Jean-Jacques Robert, der, nachdem er 1988 seinen Anwaltsberuf an den Nagel gehängt hatte und das Weingut mit ein paar Hektar Reben von seinem Vater übernommen hatte, niemand ab – auch nicht die Kollegen im Ort.
Viele alte Rebstöcke in den Weinbergen
Mittlerweile bewirtschaftet Robert-Denogent 10 Hektar. Die Reben sind im Schnitt 50 Jahre alt, also „Vieilles Vignes”, wie es in der Etikettensprache heißt. Die ältesten für den Pouilly-Fuissé Les Carrons verwendeten Zeilen nähern sich den 100 Jahren, und die für den Pouilly-Fuissé Cuvée Claude Denogent den 90. Roberts Ansprüche sind so hoch, dass er seinen Betrieb nicht beliebig vergrößert, auch wenn er das wollte. Er begnügt sich damit, immer mal wieder kleinere Mengen Trauben, die genau nach seinen Anweisungen erzeugt wurden, zuzukaufen. Dass man dabei immer ein Risiko eingeht, weiß er natürlich, und deswegen beschränkt er sich auf Freunde, die seine Grundsätze kennen und auf deren Arbeit er sich blind verlassen kann. So stehen der ständig wachsenden Nachfrage aus aller Welt jährlich nur 40.000 Flaschen gegenüber.
Referenzweine für das südliche Burgund
In so gut wie allen Jahren, auch den heißen, bestechen seine Weine durch ihre präzise Struktur, ihre Frucht und Duftigkeit, ihre pure Mineralität, ihren feinen Biss sowie, insbesondere bei den Vieilles Vignes von Les Reisses und Les Carrons, auch durch ihre Cremigkeit, die aber nie ihr beeindruckendes Relief und ihre feine Ausgewogenheit gefährdet. Sie werden (bis auf den roten Beaujolais-Villages) aus der Sorte Chardonnay gewonnen und haben in diesem Bereich Referenz-Status erreicht – nicht nur für den burgundischen Süden.
Nähert man sich dem Weingut, so stutzt man zunächst. Denn anders als in Weindörfern üblich gibt es in Fuissé kein Hinweisschild. Das überlässt man dem benachbarten Chateau de Fuissé, dem man im Übrigen bereits seit einigen Jahren die Hacken zeigt. Das Hoftor ist so gut wie immer geschlossen. Auf der kleinen Plakette steht einfach nur der Name des Guts. Wer nun allerdings glaubt, dahinter stecke, wie im nördlichen Burgund recht häufig, eine gewisse kundenunfreundliche Hochnäsigkeit, sieht sich getäuscht.
Handarbeit und zwei Rösser
Robert-Denogent ist ein hart arbeitender kleiner Familienbetrieb mit wenig Personal. Die Besitzer laufen nicht im teuren Markensakko oder Blazer samt maßgeschneidertem Hemd herum, sondern in mehr oder weniger schmutziger Arbeitskluft und Gummistiefeln. Befragt man sie nach den Prinzipien ihrer Arbeit, so hört man immer wieder „Natur“. In den in Umstellung auf Biodynamie befindlichen Weinbergen wird nicht etwa hochtechnologisch, sondern bäuerlich einfach gearbeitet. Im Weinberg ziehen zwei kräftige, blondmähnige Rösser den Pflug. Ansonsten ist Handarbeit angesagt: bei der Lese, bei der Spontanvergärung, beim langen, möglichst ungestörten Hefelager (20 Monate) in nur teilweise neuen Barriques, beim Reifenlassen der Weine auf der Flasche, bevor sie in den Verkauf gehen.
Noch wichtiger aber ist die konsequente Umsetzung der Terroir-Idee. Denogent und seine Söhne kennen jede einzelne ihrer Parzellen, die zu den Appellationen Mâcon-Villages, Mâcon-Solutré, Mâcon-Fuissé, Saint-Véran, Pouilly-Fuissé und Beaujolais-Villages gehören. Die Vielfalt der Denogent-Böden sucht selbst in Burgund ihresgleichen: Kalkstein, Mergel, Ton und Lehm, Kies, Granit, Schiefer, insbesondere beim La Croix, eisenhaltiges Gestein und sogar vulkanische Überreste. Klar, dass mit der getrennten Vinifizierung der Parzellen ein Klavier bereit steht, auf dem Jean-Jacques meisterhaft spielen kann. Und seine Söhne sind auf dem Weg dahin bereits weit fortgeschritten.
Zwei Weine haben uns besonders überzeugt und werden hier exemplarisch vorgestellt: einer aus dem oberen Qualitätsbereich und einer aus dem unteren Bereich der Qualitätspyramide, der ja besonders genau Auskunft darüber gibt, wie durchgängig die Qualitätsmaßstäbe angewendet werden.
2015 Pouilly-Fuissé „La Croix“
Schmeichelnder, schmelziger Duft nach gelben Birnen, Quitten und überreifen Frühäpfeln; am Gaumen eine kleine Explosion von Äpfeln, Birnen, Mirabellen, Quitten, einer winzigen Spur Holz, und einem Hauch von Apfelkompott, am Gaumen große Fülle, aber keine Spur von Fett, eher muskulös und mit beeindruckender innerer Spannung, feine Mineralität, tänzerische Kraft, überaus langer Nachhall: ein edler, selbstbewusster, komplexer Wein, der in der Verbindung von Kraft, Biss, reicher Nuancierung und schmelziger Eleganz auch von Burgundern von der Côte d’Or nicht so oft übertroffen wird.
Bewertung: 93 Punkte
Preis: ab 24,73 Euro
Bezug: [Affiliate-Link] www.vinatis.de,
Bezug: www.gute-weine.de
2016 Mâcon Fuissé „Le Tâches“
Zurückhaltender, anfangs noch ein klein wenig dumpfer Duft nach reifen Birnen, aromatischen Äpfeln, einer Spur von Kalkstein und Mandeln; am Gaumen herrlich nuancierte Attacke mit Noten von Birne, reifen Frühäpfeln, einem Hauch Honigmelone und Apfelkompott, schöne innere Spannung, feiner Biss, gelungene Balance von Frucht, Körper und Alkohol, edel und eigenständig; sehr langer, kühle, apfeliger Nachhall: ein bereits in sich ruhender Wein mit Zukunft, der zeigt, mit welcher Sorgfalt hier auch bei „einfacheren“ Weinen gearbeitet wird.
Bewertung: 89 Punkte
Preis: ca.22 Euro
In Deutschland/Österreich/Schweiz nicht erhältlich