Montag, September 9, 2024
15.4 C
München
spot_img

Domäne Wachau: In 2019 noch einmal besser

Dass die Domäne Wachau die beste Genossenschaft für Weißwein weltweit ist, kann man immer wieder lesen. Der gute Ruf fußt auf der Arbeit beiden „Köpfe“, des Leiters Roman Horvath MW und des Önologen Heinz Frischengruber, die Werte wie Individualität, Natürlichkeit und Herkunftswahrheit hoch halten. Frischengruber kennt das Terroir der Wachau wie kein Zweiter, die 250 Mitglieder der Domäne eingeschlossen. Auch hat er die „Freien Weingärtner Wachau“, wie die Genossenschaft bis 2007 hieß, behutsam auf Öko-Kurs gebracht. Horvath hat, seit er 2005 die Geschäftsführung übernahm, die Domäne strategisch neu ausgerichtet und die Qualitätsschraube kräftig angezogen. Das Resultat: profilierte Eigenständigkeit. Die Riedenweine erhalten Jahr für Jahr  höhere Bewertungen von den internationalen Weinkritikern, und das Niveau der einfachen classic- und Orts- und Terrassenweine steigt ebenfalls sichtbar. Oder besser: schmeckbar. Die 2019er Kollektion der Domäne ist grandios.

Ein Pfund, mit dem die Domäne wuchern kann: Lagenvielfalt

Die Domäne arbeitet wie ein privates Weingut, erfreut sich aber gleichzeitig einer Lagenvielfalt, die Ihresgleichen sucht in der Wachau. Die 450 Hektar Reben (3/4 davon fallen auf die beiden Rebsorten Grüner Veltliner und Riesling) verteilen sich über das gesamte Anbaugebiet. Beginnend beim rechten, dem sogenannten Südufer der Donau: ein kühleres Gebiet, das vom Klimawandel sehr profitiert hat. Visavis liegen Loiben und Dürnstein: eine wärmere Unterzone mit pannonischen Einflüssen. Weiter geht es westwärts nach Weissenkirchen, Joching, St. Michael, Wösendorf nach Spitz . Dort wiederum herrscht ein kontinentales Klima vor. Ab Spitz geht es nördlich den Spitzer Graben hinauf, der wiederum im Einflußbereich kühler Luftströmungen aus dem Waldviertel liegt. Aus allen diesen Unterzonen kommen eigene Terrassenweine, von denen jeder seinen eigenen Charakter hat.  An der Spitze der Qualitätspyramide thronen die Riedenweine, die es sowohl in der Kategorie Federspiel als auch in der Kategorie Smaragd gibt. Legendär sind die Smaragde der Rieden Achleiten und Kellerberg.

Grüner Veltliner Steinwerk: Hohe Schule

Zur Neuausrichtung der Domäne gehört auch die Schaffung eines Experimentierbereichs, in dem jenseits des önologischen Mainstreams gearbeitet wird. BACKSTAGE haben Horwath und Frischengruber diesen Bereich genannt. Dort entstehen beispielsweise Orange Wines, ein im Betonei vergorener Müller-Thurgau MTX aus einer extrem hohen Terrassenlage mit 60 Jahre alten Rebstöcken, eine formidable Pinot Noir Reserve 20 Eighteen  aus den kühlen Gegenden der Wachau wie Weissenkirchen und zwei weiteren Orten am Südufer. Ein Wein ragt jedoch aus dieser BACKSTAGE-Serie heraus: der  Grüne Veltliner Steinwerk. Der 2019er ist ein großartiger Wein von transparenter Struktur, der die westliche Wachau perfekt präsentiert. Er ist im Spitzer Graben in extrem steilen Lagen auf purem Gneis gewachsen. Nach einer längeren Maischestandzeit wurde er spontan in Granit- und Marmorgefäßen vergoren (daher Steinwerk) und 12 Monate ausgebaut, um danach ungeschönt und unfiltriert auf Flasche gezogen zu werden, minimal  geschwefelt: Hohe Schule des Weinbaus. In meinen Probenotizen heisst es über den Wein: „Grün-gelbe Farbe, hellfruchtig, steinige Würze, kühl, glockenklar, straff und eng, ungemein salzig, Feuerstein, Kernobst, Limette, kreidig, tabakige Nuancen, Pomelo, rassige Säure, stahlig trocken, einiger Grip am Gaumen, lang und fest. Erinnert zunächst an nassen Stein, dann gesellt sich Wachauer Marille dazu. Braucht allerdings Luft, um aus sich herauszugehen, entwickelt dann Druck.“ Fazit: Hier dominiert der Boden und stellt die Rebsorte in den Hintergrund.

Beeindruckende Serie von 2019er Smaragd-Weinen

Mit 17 Euro ist der Steinwerk äußerst günstig bepreist. Das Preisargument gilt aber auch für die anderen Weine der Domäne. Ich möchte deshalb hier noch einige Smaragde aus dem großen Jahrgang 2019 vorstellen, die alle auszeichnet, dass sie zumeist mit moderaten 13,5 % Vol. und (nahezu) ohne Restsüße auf die Flasche gekommen sind..

2019 Grüner Veltliner Smaragd Ried Kirnberg   

Eine Riede in Rossatz am rechten Ufer der Wachau mit Terrassenschotter-Löss-Paragneis im Untergrund: grüne Farbe, ungemein kühles Bouquet, Grapefruitzesten, Birne, gelber Apfel, weißer Pfeffer, knochentrocken, schlanke, doch feste Struktur, wirkt karg, erfrischende Säure, sehr pikant am Gaumen, geradlinig und dynamisch.

Ab-Keller-Preis: 23 Euro

2019 Riesling Smaragd Ried Loibner Loibenberg   

Steinobst, Rhabarber, viel Marille, Mandarinen, Orangenzesten, kandierte Früchte, Estragon, sehr präzise, salzig und mineralisch, entwickelt viel Zug am Gaumen, lebendige Säure, baut Frucht auf, ist in seiner fordernden Art derzeit noch etwas unzugänglich.

Ab-Keller-Preis: 23 Euro

 

2019 Grüner Veltliner Smaragd Ried Dürnsteiner Kellerberg

Pfefferwürze gepaart mit Exotik, Blütenhonig, Mango, Ananas, Wiesenkräuter, von feiner Mineralität durchzogen, dezenter Schmelz, dunkle Töne, zart rauchig, sehr elegant, viel Substanz, druckvoll: sehr feiner Grüner Veltliner ganz am Beginn seiner Entwicklung.

Ab-Keller-Preis: 26 Euro

2019 Riesling Smaragd Ried Dürnsteiner Kellerberg 

Ungemein steinig, Rhabarber, Steinobst, reife Marillen, Birne, etwas rauchig, Weingartenpfirsich, Citrus, ungemein komplex, großartiger Stoff, zeigt viele Facetten. Ein substanzreicher Riesling von sensationellem Tiefgang.

Ab-Keller-Preis: 26 Euro

 

2019 Grüner Veltliner Smaragd Ried Weissenkirchner Achleiten

Ein grandioser Wein von seltener Vielschichtigkeit, gewachsen auf sehr kargen Böden aus Gneis und Amphibolitgestein: viel Steinobst, Orangenzesten, Ananas, Blütenhonig, Limette, Schokotouch, ungemein rassig, weiße Blüten, ein kraftvoller, doch zugleich filigraner Wein von endloser Tiefe und Länge.

Ab-Keller-Preis: 26 Euro

 

2019 Riesling Smaragd Ried Weißenkirchner Achleiten 

Viel Mineral, Pfirsich, Ananas, Feuerstein, rassige Säure, hintergründig, unglaublich präzise, total eng, von enormer Substanz: der verhaltenste der Smaragd-Serie.

Ab-Keller-Preis: 26 Euro

 

2019 Grüner Veltliner Smaragd  Ried Spitzer Axpoint

Kräuterwürze, engmaschig, kühl, Exotik ausstrahlend, Litschi, Grapefruit, Mandarinen, Bienenwachs, toller Zug am Gaumen, Rieslinghafte Anklänge, zart, ja fast zerbrechlich erscheinend, von subtiler Ausprägung, voller Finesse.

Ab-Keller-Preis: 23 Euro

2019 Riesling Smaragd Ried Spitzer Singerriedel 

Kernobst, Weingartenpfirsich, Melone, Exotik, fein und ziseliert, salzige Anklänge, transparente Struktur, dezenter Schokoton, finessereich, feine Frucht, kühle Anmutung: ein Riesling von distinguierter Eleganz, in einer windgeschützten, steilen Terrassenlage auf Paragneis gewachsen, ganz klar Westwachau.

Ab-Keller-Preis: 26 Euro

 

Die Weine können über folgende Adressen bezogen werden:

www.domaene-wachau.at (ab € 99 kostenfrei), www.tesdorpf.de, www.wirwinzer.de, www.neunweine.de, www.lakaaf.de, www.koelner-weinkeller.de, www.hawesko.de, www.weinco.at 

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img