Dolce Vita auf Französisch: Barsac & Sauternes 2011

Verkostung von süßen Barsacs und Sauternes
Ulrich Sautter hat während der Primeur-Woche im April viele süße Barsacs und Sauternes des Jahrgangs 2011 verkostet. Es sind die einzigen Weine dieses Jahrgangs in Bordeaux, die man nach seiner Ansicht uneingeschränkt zum Kauf empfehlen kann. Welche – das sagt er Ihnen selbst in seinem „Weinverstand Brief“. Eine Leseprobe.

Der Jahr­gang 2011 brach­te in Bor­deaux bekannt­lich eini­ge Klima-Kapriolen mit sich, nicht zuletzt wäh­rend der wich­tigs­ten Pha­se des Jahr­gangs: am Über­gang des Hoch­som­mers zum Herbst­be­ginn. Ein nas­ser und rela­tiv küh­ler August, kräf­ti­ge Gewit­ter­re­gen Anfang Sep­tem­ber – was Rot­wein­win­zern Sor­gen­fal­ten auf die Stirn zeich­net, klingt wie Musik in den Ohren der auf Süß­wein spe­zia­li­sier­ten Pro­du­zen­ten. Denn sie seh­nen die Botry­tis cine­rea her­bei – jenen Schim­mel­pilz, der die Scha­len rei­fer Bee­ren porös macht und das Was­ser aus den Bee­ren ver­duns­ten lässt. Der berühm­tes­te die­ser Wei­ne ist der Châ­teau d’Yquem.

Der Rotwein-Winzer benö­tigt eine gesun­de Bee­ren­scha­le, um bei der Gärung Far­be und Gerb­stoff aus ihr gewin­nen zu kön­nen. Für den Erzeu­ger edel­sü­ßer Wei­ne hin­ge­gen ist der Botrytis-Befall das i-Pünktchen, die Krö­nung des Herbs­tes, denn er ver­leiht den Wei­nen ein Plus an aro­ma­ti­scher Kom­ple­xi­tät, ein Plus an Ölig­keit, ein Plus an Kon­zen­tra­ti­on und eines an Langlebigkeit.

Feuchter Frühherbst – gut für Sauternes

Verkostung von Bordeaux-Süßweinen | Foto: ©CIVB, A. BenoitIm Jahr­gang 2011 kamen für die Win­zer der berühm­tes­ten Bordeaux-Süßweine in Sau­t­er­nes und Bar­sac gleich meh­re­re güns­ti­ge Fak­to­ren zusam­men: Durch den Vege­ta­ti­ons­vor­sprung, den die Reben schon seit ihrem frü­hen Aus­trieb Ende März gewon­nen hat­ten, waren die Trau­ben bereits aus­rei­chend reif, als sich Ende August, Anfang Sep­tem­ber die ers­te Botry­tis­wel­le ent­wi­ckel­te. Denn Botry­tis auf nur unge­nü­gend rei­fen Trau­ben – das ist auch für Süß­wei­ne ein Nach­teil: Der natür­li­che Kon­zen­tra­ti­ons­pro­zess in den Bee­ren kon­zen­triert dann auch alle unrei­fen Töne. Über­dies ist der Schim­mel­pilz bei unge­nü­gen­der Trau­ben­rei­fe auch oft von unan­ge­nehm medi­zi­na­len Aro­men beglei­tet, oder sogar von einem Essig­stich. Doch all dem konn­ten die Win­zer in Sau­t­er­nes und Bar­sac im Herbst 2011 dank der frü­hen Rei­fe entgehen.

Zum Zwei­ten half der feuch­te und in sei­nen Tem­pe­ra­tu­ren gemä­ßig­te August, in den Trau­ben Säu­re, Fri­sche und Fruch­tig­keit zu bewah­ren. So ver­dich­te­te die Wir­kung der Edel­fäu­le glei­cher­ma­ßen rei­fe und fri­sche Aro­men – ein Ide­al­fall. Über­dies stell­te sich auch eine gute Balan­ce von Süße und Säu­re ein.

Perfekte Botrytis, einfache Lese

Ein äuße­res Indiz dafür, dass 2011 ein sehr gutes Jahr für Bor­deaux’ oft von den Wein­märk­ten über­se­he­ne Süß­wei­ne war, war auch die kur­ze und inten­si­ve Lese­pe­ri­ode. Die Lese plät­scher­te also nicht so dahin wie in vie­len ande­ren Jah­ren, in denen die Lese­hel­fer immer und immer wie­der durch die Reb­zei­len gehen, um hier und da ein paar gera­de von der Botry­tis befal­le­ne Trau­ben zu lesen.

Nein, die meis­ten Châ­teaux berich­ten von zwei gro­ßen Lese­pha­sen: Zu Beginn des Sep­tem­bers sowie nach erneu­ten Regen­güs­sen, nach dem 20. Sep­tem­ber. Die Botry­tis ent­wi­ckel­te sich also in zwei kräf­ti­gen Wel­len, und die Lese-Teams konn­ten ziel­ge­nau aus­rü­cken, um inner­halb weni­ger Tage eine offen­bar per­fek­te Botry­tis zu lesen.

Die Jung­wei­ne aus Sau­t­er­nes und Bar­sac zeig­ten bei der Pri­meur­wo­che sehr viel Deli­ka­tes­se. Es ist kein Jahr­gang, der eine schwüls­ti­ge Süße her­vor­ge­bracht hat. Die Wei­ne haben Spiel und Ver­fei­ne­rung. Obwohl es ihnen bei­lei­be nicht an Extrakt fehlt, wir­ken sie nicht dick oder plump. Für mich sind sie die­ses Jahr ein­deu­tig die attrak­tivs­ten Kan­di­da­ten für einen Subskriptions-Kauf.

Moderate Preise, wohlfeiler Genuss

Süssweine von Château d’YquemDies umso mehr ange­sichts der nach wie vor mode­ra­ten Prei­se. Denn die Preis-Steigerungen der letz­ten zwan­zig Jah­re sind an den Vins liquor­eux, wie die Bor­de­lai­ser ihre edel­sü­ßen Wei­ne nen­nen, weit­ge­hend vor­über gegan­gen. So sehr man Zwei­fel anmel­den darf, ob sich bei­spiels­wei­se der rote Zweit­wein von Cos d‘Estournel für 40 Euro die Fla­sche lang­fris­tig als ein gutes Geschäft her­aus­stellt, so sehr kann man dar­auf wet­ten, dass die Hoch­ka­rä­ter unter den Sau­t­er­nes und Bar­sac eine gute Wert­an­la­ge dar­stel­len – und die guten preis­wer­ten Wei­ne wer­den ihre Ren­di­te vor allem in Form wohl­fei­len Genus­ses abwerfen.

Denn eines ist sicher: Die­ser Sauternes-Jahrgang wird in jedem Rei­fe­zu­stand – und auch in fast jeder Preis­klas­se – mit viel Genuss zu trin­ken sein. Dies schon bald nach der Aus­lie­fe­rung eben­so wie zwan­zig, drei­ßig Jah­re spä­ter. Als Ent­schei­dungs­hil­fe beim Sub­skrip­ti­ons­kauf hier ein Link zu Ulrich Saut­ters „Wein­ver­stand Brief“. In einem Extra, das Bor­deaux 2011 gewid­met ist, beschreibt und bewer­tet er die Sau­t­er­nes die­ses Jahr­gangs: www.weinverstand.de/leseprobe_weinkenner.html

Hier vor­weg eine Über­sicht über die der­zeit im Inter­net bei den übli­chen Subskriptions-Händlern zu fin­den­den 0,75-Liter-Flaschenpreise (inkl. MwSt):

d’Arche: 22 Euro
Bas­tor Lamon­tagne: 20 Euro
Caill­ou: 25 Euro
Cli­mens: 90 Euro
Clos Haut Pey­ra­guey: 40 Euro
Cou­tet: 60 Euro
Cypres de Ch. Cli­mens: 30 Euro
Doi­sy Dae­ne: 37 Euro
Doi­sy Védri­nes: 27 Euro
Filhot: 20 Euro
La Tour blan­che: 45 Euro
Laf­au­rie Pey­ra­guey: 33 Euro
Lamo­the Guig­nard: 20 Euro
Ray­ne Vigneau: 35 Euro
Ray­mond Lafon: 32 Euro
Rieu­ss­ec: 65 Euro
Sig­a­las Rabaud: 40 Euro
Sudui­raut: 55 Euro

 

 

 

 

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