Die Kelterung des Weißweines

Mit sanfter Kraft gewonnen

Aus bes­tem Lese­gut wird nur dann ein hoch­wer­ti­ger Weiß­wein ent­ste­hen, wenn der Kel­ler­meis­ter die Trau­ben vor­sich­tig, scho­nend, schnell und mit Köpf­chen ver­ar­bei­tet. Nicht allen gelingt das.

Tra­di­tio­nell wer­den wei­ße Trau­ben nach der Anlie­fe­rung zunächst von den Stie­len getrennt und gemah­len. Unter Mah­len ver­steht man das Quet­schen der Trau­ben: Sie wer­den über zwei gegen­ein­an­der­lau­fen­de Gum­mi­rol­len geschickt, so daß die Zel­len des Frucht­flei­sches auf­bre­chen und ein Teil des Mos­tes frei abfließt: etwa 30 Pro­zent. Die­ser Vor­lauf­most ergibt den hoch­wer­tigs­ten Wein. Aber kein Her­stel­ler kann es sich leis­ten, nur den Vor­lauf­most zu verwenden.

Das Keltern

Das Mah­len der Trau­ben ist mit­hin nur eine Vor­stu­fe der Kel­te­rung. Die Mai­sche, also das Gemisch aus Scha­len, Frucht­fleisch und Ker­nen, wird danach in eine Pres­se beför­dert und vor­sich­tig abge­preßt. Die­ser Vor­gang heißt Kel­te­rung. In moder­nen Kel­le­rei­en wer­den dazu Spin­del­pres­sen oder Tank­pres­sen benutzt. Sie drü­cken die Mai­sche zunächst nur sanft an, so daß die­se mehr ent­saf­tet als abge­preßt wird. Bei einem Druck von 1 bar wer­den bereits über die Hälf­te der Zel­len im Frucht­fleisch zer­stört. Auf die­se Wei­se erhält man wei­te­re 30 bis 40 Pro­zent Most. Erst danach wird der Preß­druck kon­ti­nu­ier­lich erhöht. Die letz­ten noch unauf­ge­schlos­se­nen Zel­len des Frucht­flei­sches bre­chen auf und geben ihren Saft frei. Er wird als Preß­most bezeich­net. Auf die­se Wei­se kön­nen wei­te­re zehn bis 15 Pro­zent Most gewon­nen wer­den. Unter Spit­zen­win­zern herrscht jedoch die Auf­fas­sung vor, daß die Most­aus­beu­te ins­ge­samt nur maxi­mal 70 Pro­zent betra­gen soll­te, eher weni­ger. Denn der Preß­most fällt qua­li­ta­tiv deut­lich gegen­über dem Most aus der Erst­pres­sung ab.

Müssen weiße Trauben entrappt werden?

Mit der Erfin­dung mecha­ni­scher Abbeer­ma­schi­nen wer­den die wei­ßen Trau­ben in fast allen Anbau­län­dern der Welt vor dem Mah­len ent­rappt. Das heißt: Die Stie­le wer­den von den Bee­ren getrennt und nur die Bee­ren abge­preßt. Der Most hat mit­hin kei­nen Kon­takt mit den Stie­len. Das Abbee­ren führt also zu rein­tö­ni­ge­ren Wei­nen. Es bringt aber auch noch ande­re Vor­tei­le mit sich: Der Kel­ler­meis­ter kann auf das Mah­len der Trau­ben ver­zich­ten. Schon das Schlag­werk der Abbeer­ma­schi­ne knackt die Bee­ren­haut näm­lich auf, so daß eine Weiß­wein­mai­sche ent­steht, die – zumin­dest bei hoch­wer­ti­gen Weiß­wei­nen – vor dem Preß­vor­gang ein paar Stun­den im Abtropf­be­häl­ter ste­hen­ge­las­sen wird. In die­ser Zeit wür­den uner­wünsch­te phe­n­o­li­sche Sub­stan­zen und Pflan­zen­säf­te in den Most über­ge­hen, wenn Stie­le in der Mai­sche wären. Sie wür­den sich als bit­te­rer, sprö­de schme­cken­der Gerb­stoff bemerk­bar machen.

Ganztraubenpressung

In eini­gen Anbau­ge­bie­ten wird auf das Abbee­ren wei­ßer Trau­ben bewußt ver­zich­tet: in der Cham­pa­gne etwa und bei vie­len spät­ge­le­se­nen, edel­sü­ßen Wei­nen. Aller­dings dür­fen die Trau­ben nicht gemah­len und müs­sen sofort nach Ankunft im Kel­ler abge­preßt wer­den, damit kei­ne Phe­no­le in den Most über­tre­ten. Die Ganz­trau­ben­pres­sung wird auch zuneh­mend in der nor­ma­len Weiß­wein­be­rei­tung prak­ti­ziert, weil die Trau­ben durch die­se Behand­lung weni­ger stra­pa­ziert wer­den und die Stie­le im Preß­ku­chen Kanä­le schaf­fen, durch die der Most schnell ablau­fen kann. Meist wird aller­dings nur ein klei­ner Pro­zent­satz der Trau­ben nach die­ser Metho­de gekel­tert, und das auch nur in guten Jahren.

Korbpresse

Die ver­ti­ka­len Korb­pres­sen sind nach dem Prin­zip der Kel­tern frü­he­rer Jahr­hun­der­te kon­stru­iert. Sie haben den Nach­teil, daß sie meist ein gerin­ges Fas­sungs­ver­mö­gen besit­zen. Für moder­ne Groß­kel­le­rei­en sind sie des­halb wenig geeig­net. Bei Qua­li­täts­wein­erzeu­gern erfreu­en sie sich in letz­ter Zeit wie­der gro­ßer Beliebt­heit. In der Cham­pa­gne wer­den die gro­ßen, über 4000 Kilo fas­sen­den Marmonnier-Korbpressen von eini­gen renom­mier­ten Cham­pa­gner­häu­sern bis heu­te für ihre bes­ten Wei­ne ver­wen­det. Die ers­ten 250 Liter bil­den die Cuvée, den bes­ten Teil des Mosts. Sie fül­len 10 Fäs­ser (Piè­cen zu 205 Liter). Die zwei­te Pres­sung (Tail­le) ergibt 615 Liter (3 Fässer).

Spindelpresse

Die hori­zon­ta­le Spin­del­pres­se besteht aus zwei Plat­ten, wel­che an Spin­deln mon­tiert sind, sich inner­halb des Preß­zy­lin­ders hori­zon­tal auf­ein­an­der zube­we­gen und dabei die Trau­ben zwi­schen sich pres­sen. Der Most fließt durch die Sieb­wand des Zylin­ders ab. Der Zylin­der ist geschlos­sen, so daß der Preß­vor­gang unter Luft­ab­schluß statt­fin­den kann. Weil die Preß­flä­che der bei­den Plat­ten in Rela­ti­on zur Men­ge der Mai­sche, die sich im Zylin­der befin­det, klein ist, muß erheb­li­cher Druck aus­ge­übt wer­den, um sie zu ent­saf­ten und abzu­pres­sen. Für die Weiß­wein­be­rei­tung wird die Spin­del­pres­se sel­ten verwendet.

Tankpresse

Die moder­nen, pneu­ma­tisch arbei­ten­den Pres­sen haben einen Luft­sack im Füll­raum des Tanks. Wenn sich der Luft­sack auf­bläst, wer­den die Trau­ben gegen die per­fo­rier­te Innen­wand des Zylin­ders gedrückt, bis sie auf- plat­zen. Durch die Löcher fließt der Most ab. Tank­pres­sen arbei­ten mit wesent­lich gerin­ge­rem Druck als Spin­del­pres­sen. Hin­zu kommt, daß durch die sieb­ar­ti­ge Zylin­der­wan­dung nur wenig Scha­len­be­stand­tei­le in den Most gelan­gen – was bei Weiß­wei­nen höchst uner­wünscht wäre. Tank­pres­sen sind des­halb beson­ders zum Kel­tern von Weiß­wei­nen geeig­net und wer­den heu­te in fast allen Wein­gü­tern verwendet.