Die großen Weine von Le Soula: Ein Gespräch mit Mark Walford

Anne Krebiehl und Mark Walford
Anne Krebiehl MW traf in London Mark Walford, Weinhändler und Mitbesitzer des südfranzösischen Weinguts Le Soula. Dessen Weine aus dem Pyrenäenvorland sind einzigartig, aber nur etwas für Leute, die Geduld und einen Keller haben.

Sel­ten tref­fen geschäft­li­che Ent­schei­dun­gen, die mit küh­lem Kopf gefällt wer­den, so ins Herz wie bei Mark Wal­ford. Der Mit­grün­der der Lon­do­ner Wein­im­port­fir­ma Richards Wal­ford (die 2012 an Ber­ry Bros & Rudd ver­kauft wur­de) inves­tier­te vor 14 Jah­ren in alte Wein­ber­ge einer völ­lig unbe­kann­ten Appel­la­ti­on namens Côtes Cata­l­ans im äußers­ten Süden Languedoc-Roussillons. Eine Gegend, die bis dahin nur für ihre Abge­schie­den­heit und Armut bekannt war, aber nicht für die beson­de­ren Qua­li­tä­ten ihres Weins. Heu­te weiß Wal­ford, dass es die bes­te Ent­schei­dung sei­nes Lebens war. Mehr noch: Er spürt, dass sein Herz­blut für Le Sou­la fließt. So heißt das Wein­gut, das dort gegrün­det wurde.

Die Rolle von Gérard Gauby

Die Geschich­te von Le Sou­la beginnt aller­dings 40 Kilo­me­ter ent­fernt in dem Dorf Cal­ce bei Per­pignan. Dort fei­er­te damals ein jun­ger Win­zer gera­de sei­ne ers­ten Erfol­ge mit heroi­schen, bio­dy­na­misch erzeug­ten, nahe­zu unge­schwe­fel­ten Wei­nen, die die Wein­welt in Stau­nen ver­setz­ten und die gan­ze schö­ne Ord­nung, nach der aus dem Rouss­il­lon nur gesichts­lo­se Mas­sen­wei­ne kom­men, durch­ein­an­der wir­bel­ten. Sein Name: Gérard Gau­by. Gau­by kam damals zu Mark Wal­ford und sei­nem Geschäfts­part­ner Roy Richards nach Lon­don, um sie zu fra­gen, ob sie Inter­es­se hät­ten, alte Wein­ber­ge in Fen­ouil­lè­des mit teil­wei­se hun­dert­jäh­ri­gem Reb­be­stand zu kau­fen. Das Beson­de­re an den Wein­ber­gen, so berich­te­te er, sei die Höhen­la­ge und die ver­wit­ter­ten Granit- und Schie­fer­bö­den. Dort kön­ne man gro­ße Wei­ne erzeu­gen, rote wie wei­ße, ähn­lich gut wie sei­ne eigenen.

Gérard Gauby
Gérard Gau­by

Wal­ford und Richards dach­ten einen Moment nach. Dann sag­ten sie Ja. Aber Wal­ford sah die Inves­ti­ti­on unter dem Aspekt, dass Gau­by sich um die Wein­ber­ge küm­mer­te, vor allem als Geld­an­la­ge an. Den Gedan­ken, aus­zu­stei­gen aus sei­nem Beruf und sich selbst in Süd­frank­reich nie­der­zu­las­sen, hat­te er nicht.

Ganz anders als die schwerblütigen Roten Roussillons

Heu­te gilt Wal­ford als Ret­ter des Wein­baus in die­ser ein­sa­men Berg­re­gi­on weit weg von den Strän­den des Mit­tel­meers. Mit sei­nem Geld und mit Gau­bys Hil­fe sind dort in den letz­ten Jah­ren Wei­ne ent­stan­den, wie sie Süd­frank­reich bis­her nicht kann­te. Rot­wei­ne aus Carignan, Syrah und Gren­ache Noir, die eine hohe Ele­ganz auf­wei­sen und so gar nichts mit den schwer­blü­ti­gen Roten zu tun haben, die sonst aus Rouss­il­lon kom­men. Und Weiß­wei­ne (aus Maca­beu, Sau­vi­gnon blanc, Gren­ache blanc, Char­don­nay, Mal­voi­sie de Rouss­il­lon und Ver­men­ti­no), von denen Ken­ner mei­nen, dass sie ein­zig­ar­tig in der Welt sind. Man­che sagen auch: wie von einem ande­ren Stern.

Das Hochland von Fenouillèdes
Das Hoch­land von Fenouillèdes

Vor ein paar Tagen stell­te Wal­ford nun die neu­en Jahr­gän­ge in pri­va­tem Rah­men in Lon­don vor, und ich hat­te Gele­gen­heit, mit ihm über das Pro­jekt Le Sou­la zu spre­chen. „Wir waren seit jeher die Impor­teu­re von Gérard Gau­by”, sagt Wal­ford. „Gérard wuss­te, dass es im Rouss­il­lon nicht an Son­ne man­gelt, oft aber an Säu­re im Wein. Als er in die Ber­ge im Hin­ter­land von Cal­ce blick­te, fiel ihm auf, dass die oft bereits ver­nach­läs­sig­ten alten Reben in den höhe­ren Lagen ein rie­si­ges Qua­li­täts­po­ten­zi­al besit­zen. Des­halb frag­te Gérard uns, ob wir an einem Joint Ven­ture inter­es­siert sei­en. Er wür­de gern ein paar Hekt­ar Reben in 350 bis 600 Meter Höhe kaufen.

„Es war keine große Investition“

Wir waren damals (und sind es auch heu­te noch) gewief­te, nüch­tern kal­ku­lie­ren­de Wein­händ­ler. Wir wuss­ten, dass die Qua­li­tät von Gau­bys Wei­nen bemer­kens­wert war. Wir fol­ger­ten, dass die Wei­ne aus den neu­en Wein­ber­gen viel­leicht noch bemer­kens­wer­ter sein wür­den. Die­se Chan­ce woll­ten wir uns nicht ent­ge­hen las­sen. Also gaben wir das Geld.“

Le Soula - Korken
Le Sou­la – Korken

Gau­by star­te­te das Pro­jekt. Und es ließ sich gut an. Nach­dem im Dorf bekannt gewor­den wor­den war, dass er drei Hekt­ar kau­fen woll­te, wur­de er von Ange­bo­ten ört­li­cher Win­zer über­flu­tet. Alle woll­ten ver­kau­fen. Die loka­le Genos­sen­schaft hat­te gera­de auf­ge­ge­ben und die Win­zer hat­ten nie­mand mehr, der ihnen die Trau­ben abnahm. So boten sie ihre Wein­ber­ge zum Ver­kauf an: hoch­wer­ti­ges Reb­land mit uralten Buschre­ben, die nur wenig Ertrag, aber hoch­wer­ti­ge Trau­ben gaben.

Weinberge von Le Soula
Wein­ber­ge von Le Soula

„Nach und nach kauf­ten wir wei­te­re Wein­ber­ge dazu“, erzählt Wal­ford. Auf die Fra­ge, ob man in Lon­don nicht spot­te­te über eine der­art aben­teu­er­li­che Inves­ti­ti­on, schmun­zelt er nur: „Ha, es war kei­ne gro­ße Inves­ti­ti­on. Damals war Reb­land bil­lig. Wir bezahl­ten für bereits bepflanz­tes Land sogar weni­ger, als es uns gekos­tet hät­te, wenn wir es hät­ten neu bepflan­zen müssen.”

Biodynamisch bewirtschaftet

So sind aus den drei Hekt­ar, mit denen Le Sou­la star­te­te, mitt­ler­wei­le 22 gewor­den. Gau­by enga­gier­te 2008 einen eige­nen Ver­wal­ter, Gerald Stand­ley, der seit­dem ganz für Le Sou­la zustän­dig ist.

„Gau­by ist ein Mann von gro­ßer Inspi­ra­ti­on und mit küh­nen Ideen, aber er konn­te sich beim bes­ten Wil­len nicht um zwei Wein­gü­ter küm­mern. Auch wenn sie nahe bei­ein­an­der lie­gen: Die gewun­de­nen Berg­stra­ßen bedeu­te­ten, dass man min­des­tens eine Stun­de von der Domaine Gau­by bis zu Le Sou­la unter­wegs ist. Stand­ley mach­te dort wei­ter, wo Gau­by auf­ge­hört hat­te. Er hat sich Le Sou­la voll und ganz ver­schrie­ben und ist inzwi­schen auch Gesellschafter.“

Buschreben von Le Soula
Buschre­ben von Le Soula

Inzwi­schen wird das Wein­gut bio­dy­na­misch bewirt­schaf­tet. Ein eige­ner Kel­ler ist dazu gekom­men. Vor allem aber lie­gen ers­te Erfah­run­gen vor, wie die Wei­ne sich auf der Fla­sche ent­wi­ckeln. Dabei ist klar gewor­den, dass der wei­ße Le Sou­la der her­aus­ra­gen­de Wein der klei­nen Domaine ist. Er besitzt genau das, was vie­le Wei­ne  des Rouss­il­lon ver­mis­sen las­sen: Säu­re. In den ers­ten Jah­ren mag er zwar ein wenig unfrisch, ja oxy­diert wir­ken. Doch nach vier, fünf Jah­ren hat sei­ne Stun­de geschla­gen: Da kommt eine Struk­tur und Mine­ra­li­tät zum Vor­schein, wie sie sonst nur gro­ße wei­ße Bur­gun­der­wei­ne an den Tag legen.

Großes Alterungspotenzial

„Die Wei­ne kön­nen her­vor­ra­gend altern“, berich­tet Wal­ford. „Sie sind vital, leben­dig, schme­cken immer wie­der anders. Wenn man eine Fla­sche auf­macht, bleibt die­se für fünf, sechs, sie­ben, sogar acht Tage frisch. Das kommt alles von der Höhen­la­ge und den nied­ri­gen Erträ­gen der alten Reben.”

Etikett Le Soula
Eti­kett Le Soula

Hört sich so jemand an, der ledig­lich finan­zi­ell invol­viert ist? „Nein, mein Mit­wir­ken ist nicht rein finan­zi­ell“, bekennt Wal­ford heu­te. „Ich bin so oft wie mög­lich im Wein­gut. Ich lie­be die­ses Land und sei­ne Wei­ne. Zuhau­se trin­ke ich sie die gan­ze Zeit. Immer wenn ich unter­wegs bin und heim­kom­me, mache ich als ers­tes eine Fla­sche Le Sou­la auf.”

Doch mit der Qua­li­tät allein wäre dem Pro­jekt kein Erfolg beschie­den gewe­sen, meint Wal­ford: „Le Sou­la funk­tio­nier­te, da wir in Lon­don hier Zugang zu den Märk­ten haben und die Wei­ne einem brei­ten Publi­kum prä­sen­tie­ren konnten.“


Die Wei­ne (weiß und rot) von Le Sou­la sind erhält­lich bei www.gute-weine.de. Sie kos­ten um die 25 Euro.

Die Zweit­wei­ne von Le Sou­la (weiß und rot) hei­ßen Tri­go­ne und lie­gen preis­lich bei knapp 14 Euro.


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