Die Bodenbearbeitung

Der Hochleistungsweinberg

Der moder­ne Wein­berg ist eine Inten­siv­kul­tur. Ohne regu­lie­ren­de Ein­grif­fe von außen ist das bio­lo­gi­sche und öko­lo­gi­sche Sys­tem nicht im Gleich­ge­wicht zu hal­ten. Das wich­tigs­te Ein­griffs­ge­biet ist der Boden.

Im Früh­jahr oder im Som­mer wird der Boden zwi­schen den Reb­zei­len rigolt (gepflügt). Die­se Maß­nah­me dient dazu, den Boden zu belüf­ten und das Unkraut unter­zu­mul­chen. Vor allem in der tro­cke­nen Jah­res­zeit ste­hen wil­de Grä­ser in erns­ter Was­ser­kon­kur­renz zu den Reben. Sie absor­bie­ren die Ober­flä­chen­feuch­tig­keit. Das Unter­mul­chen geschieht mit Hil­fe eines Grub­bers oder einer Pflug­schar. Frü­her wur­den sie von Pfer­den, Maul­tie­ren oder Och­sen gezo­gen, heu­te von Trak­to­ren. Ledig­lich in sehr stei­len Lagen, etwa an der Mosel oder der Côte Rôtie, wer­den die Hän­ge mit Seil­zug­an­la­gen bear­bei­tet. Teil­wei­se wird der Boden noch mit der Hacke gelüftet.

Mulchen

Beim Umpflü­gen des Bodens wer­den die Tag- und Tau­wur­zeln der Reben zer­stört. Dadurch wird der Reb­pflan­ze aber kein Scha­den zuge­fügt. Es führt zu einem ver­stärk­ten Wachs­tum der Fuß­wur­zel. Ein ande­rer Vor­teil ist, daß die Rebe in einem reg­ne­ri­schen Herbst man­gels Ober­flä­chen­wur­zeln weni­ger Feuch­tig­keit auf­neh­men kann. In der Rei­fe­pha­se wür­den die Bee­ren dann anschwel­len und ver­wäs­sern. Das Mul­chen ist zugleich eine Art Gründün­gung und dient somit der Humus­bil­dung. In Massenwein-Anbaugebieten wird aller­dings auf ein Mul­chen ver­zich­tet. Die Wein­bau­ern ver­wen­den che­mi­sche Unkraut­ver­nich­tungs­mit­tel (Her­bi­zi­de).

Ausgleichsdüngung

Die Rebe ent­nimmt, wie jede ande­re Pflan­ze, dem Boden Nähr­stof­fe. Die­se Nähr­stof­fe müs­sen dem Boden wie­der­ge­ge­ben wer­den. In gewis­sen Abstän­den ist des­halb eine Dün­gung not­wen­dig. Eini­ge Wein­bau­ern brin­gen – je nach Boden­be­schaf­fen­heit – jähr­lich oder etwa alle drei Jah­re Stall­mist, Grün­dung, gehäck­sel­tes Reb­holz oder Stroh im Wein­berg aus. Ande­re ver­wen­den Kom­post aus der städ­ti­schen Abfall­wirt­schaft. Die Anwen­dung von mine­ra­li­schem Dün­ger wird im Qua­li­täts­wein­bau meist ver­mie­den, kann aber not­wen­dig wer­den, um bestimm­ten Böden Stick­stoff, Kali­um und Phos­phat zurückzugeben.

Probleme der Überdüngung

Im Qua­li­täts­wein­bau dient die Dün­gung stets dem gesun­den Wachs­tum der Rebe, nicht aber der Erhö­hung der Trau­ben­er­trä­ge. Sie heißt des­halb auch Aus­gleichs­dün­gung. Eine Über­dün­gung der Böden, wie sie zu Zei­ten der Mas­sen­wein­pro­duk­ti­on in den 1960er und 1970er Jah­ren die Regel war und auch heu­te noch in eini­gen Gebie­ten üblich ist, führt zwar zu einer Stei­ge­rung der Trau­ben­er­trä­ge, aber auch zu gra­vie­ren­den Fol­ge­pro­ble­men. Die Most­ge­wich­te ver­rin­gern sich durch erhöh­te Trau­ben­pro­duk­ti­on. Die Trau­ben rei­fen ver­spä­tet oder unvoll­stän­dig. Die Säu­re­wer­te kön­nen sich absen­ken. Vor allem wer­den die Reben anfäl­li­ger gegen Krank­hei­ten. Dazu kommt die öko­lo­gisch bedenk­li­che Grund­was­ser­be­las­tung durch Nitratauswaschung.

Erosion

Da Wein­bau häu­fig in Hang­la­gen statt­fin­det, wird die Ober­flä­chen­kru­me stän­dig durch Regen und Wind zu Tal getra­gen. Im Bur­gund haben die Wein­bau­ern frü­her die Erde in Kör­ben wie­der in den Hang zurück­ge­tra­gen. In den Steil­la­gen der Mosel, an der Rhein­front bei Nier­stein und an der Côte Rôtie wird noch heu­te nach hef­ti­gen Regen­fäl­len der aus­ge­schwemm­te Boden ein­ge­sam­melt und in den Hang zurück­be­för­dert. Um die Ero­si­on zu stop­pen, wird in Wein­ber­gen oft eine geziel­te Ober­flä­chen­be­grü­nung vor­ge­nom­men. Sie hält den Boden am Hang. Die aus­ge­sä­ten Grä­ser und Pflan­zen müs­sen kur­ze Wur­zeln haben, um den Reben nicht zuviel Feuch­tig­keit weg­zu­neh­men. Senf­gras (im kali­for­ni­schen Napa Val­ley als Kul­tur­pflan­ze zwi­schen den Reben ange­baut) sowie Raps, Ölret­tich und Klee sind typi­sche Ero­si­ons­stop­per. Win­ter­rog­gen dient dazu, die Wind­er­o­si­on zu bremsen.

Schädlingsbekämpfung

Reben in Hochleistungs-Monokulturen sind anfäl­lig für Pilz­krank­hei­ten und Insek­ten­be­fall. Bei­de Kala­mi­tä­ten kön­nen zu emp­find­li­chen Ein­bu­ßen bis hin zum Ertrags­aus­fall füh­ren. Mit Insek­ti­zi­den und Fun­gi­zi­den las­sen sie sich erfolg­reich bekämp­fen. Aller­dings ist die­se Art der Schäd­lings­be­kämp­fung teu­er, beson­ders wenn pro­phy­lak­tisch gespritzt wird. Außer­dem ist oft beob­ach­tet wor­den, daß Reben oder Insek­ten schnell resis­tent gegen bestimm­te Spritz­gif­te wer­den. Im fol­gen­den Jahr kann es dann zu einer explo­si­ons­ar­ti­gen Aus­brei­tung des Scha­dens kom­men. Schließ­lich sind immer mehr Men­schen der Mei­nung, daß für ein Genuß­mit­tel wie Wein die Natur nicht geschä­digt wer­den dür­fe. Vie­le Win­zer stel­len des­halb auf natur­na­hen Wein­bau um, etwa Unter­bre­chung der Mono­kul­tu­ren. Der inte­grier­te Wein­bau ver­sucht außer­dem, durch Kon­trol­le des Insek­ten­flugs und Ein­be­zie­hung von Wet­ter­vor­her­sa­gen einen mög­li­chen Schäd­lings­be­fall zu pro­gnos­ti­zie­ren und solan­ge das pro­phy­lak­ti­sche Sprit­zen zu unter­las­sen. Der bio­lo­gi­sche Wein­bau spritzt mit einer weni­ger gefähr­li­chen Kupfersulfat-Lösung („Bor­de­lai­ser Brü­he”), die Blät­ter und Blü­ten abhärtet.

Rebveredelung

Neue Wein­ber­ge wer­den heu­te mit ver­edel­ten Reben bestockt. Sie bestehen aus einer Unter­lags­re­be und einem dar­auf gepfropf­ten Edel­reis. Das Edel­reis ent­hält die gene­ti­schen Anla­gen der Reb­sor­te, die Unter­lags­re­be die Anla­gen für das Wur­zel­werk. Die­se soll­ten genau auf die Boden­be­schaf­fen­heit abge­stimmt sein. Die Unter­lags­re­be selbst kann von einer belie­bi­gen ande­ren Reb­sor­te stam­men. Sie muß nur reb­laus­re­sis­tent und viren­frei sein. Mit Maschi­nen wird ein Schnitt­pro­fil aus­ge­stanzt, so daß die bei­den Tei­le naht­los zusam­men­ge­fügt wer­den kön­nen. Die­se Arbeit über­neh­men meist die Reb­schu­len. Als Schutz vor Infek­tio­nen wird die Schnitt­stel­le mit Par­af­fin über­zo­gen. Im Früh­jahr, wenn die Rebe aus­treibt, durch­bricht das Blatt die Par­af­fin­schicht. Spit­zen­wein­gü­ter, die ihr hoch­wer­ti­ges gene­ti­sches Reben­po­ten­ti­al erhal­ten wol­len, ent­neh­men die Edel­rei­se den eige­nen Reb­gär­ten und pfrop­fen sie auf aus­ge­wähl­te Unter­la­gen (unten: Roma­née Con­ti). In Kali­for­ni­en wer­den zum Bei­spiel vie­le Cabernet-Sauvignon-Reben per Umpfrop­fen durch Mer­lot ersetzt, im Chi­an­ti vie­le Weiß­wein­re­ben durch rote Sangiovese-Reben. Drei Jah­re nach dem Umpfrop­fen kön­nen die Reben zum ers­ten Mal abge­ern­tet werden.

Beregnung

In Anbau­ge­bie­ten, in denen Nie­der­schlä­ge nur im Win­ter fal­len, müs­sen die Reben künst­lich bereg­net wer­den. Meist han­delt es sich um eine Tropf­be­reg­nung. Dabei tritt aus einem fest in den Reb­zei­len instal­lier­ten Schlauch im Zehn- oder Zwanzig-Sekunden-Abstand ein Was­ser­trop­fen aus. Vor allem in den tro­cke­nen Som­mer­mo­na­ten kann eine sol­che Tropf­be­reg­nung not­wen­dig sein. Sie dient nicht der Ertrags­stei­ge­rung, son­dern dem Über­le­ben der Reb­pflan­ze. Auch Neu­an­pflan­zun­gen, die noch nicht im Ertrag sind, brau­chen oft eine Tropf­be­reg­nung. Davon zu unter­schei­den sind Bewäs­se­rungs­an­la­gen, die gan­ze Reb­stri­che groß­flä­chig bereg­nen, um Trau­ben­er­trä­ge von 200 Dop­pel­zent­nern pro Hekt­ar und mehr zu ern­ten. Eine sol­che Bewäs­se­rung fin­det zum Bei­spiel im kali­for­ni­schen Cen­tral Val­ley, in den aus­tra­li­schen River­lands, im Nor­den Chi­les und im süd­afri­ka­ni­schen Robert­son Val­ley statt.