Die Aromen des Weines

Botschaft der Sinne

Das Fas­zi­nie­ren­de am Wein ist sei­ne geschmack­li­che Viel­falt. Er kann Aro­men von Pfir­sich oder schwar­zer Johan­nis­bee­re, von Gewürz­nel­ken, But­ter oder getrock­ne­ten Fei­gen anneh­men. Nicht alles, was gut klingt, schmeckt auch gut. Manch­mal sind es aber gera­de die bizar­ren Aro­men, die dem Wein das gewis­se Etwas geben.

Das Aro­ma des Weins besteht aus dem Teil, den der Mensch rie­chen, und dem, den er schme­cken kann. Duft und Geschmack sind die wich­tigs­ten Kom­po­nen­ten des Wein­ge­nus­ses. Eini­ge beson­ders lei­den­schaft­li­che Wein­trin­ker schwär­men auch von der Far­be, die ihnen schon einen Vor­ge­schmack auf das bevor­ste­hen­de Trin­k­erleb­nis beschert. Oder der Tem­pe­ra­tur des Weins, die, unab­hän­gig vom Geschmack, den Gau­men erfri­schen kann. Oder dem Knis­tern der Per­len im Cham­pa­gner. So betrach­tet hat jeder Wein nicht nur ein bestimm­tes Aro­ma, son­dern auch eine opti­sche, tak­ti­le und akus­ti­sche Qualität.

Die Primäraromen

Als Pri­mär­aro­men wer­den die natür­li­chen Trau­ben­aro­men bezeich­net, die aus den Bee­ren kom­men. In der Mehr­zahl han­delt es sich um blu­mi­ge und fruch­ti­ge Aro­men. Zumin­dest bei jun­gen Wei­nen domi­nie­ren sie. Spä­ter kom­men wür­zi­ge Noten hin­zu. Dabei besitzt jede Reb­sor­te ihre eige­nen Pri­mär­aro­men. Wei­ne aus der wei­ßen Sauvignon-Blanc-Traube ver­strö­men oft einen Sta­chel­be­er­duft, wäh­rend Pinot-Noir-Weine nach Kir­schen und Pflau­men rie­chen. Die Pri­mär­aro­men kön­nen jedoch – auch bei der glei­chen Reb­sor­te – unter­schied­lich aus­fal­len, je nach­dem wo und in wel­chem Boden der Wein wächst. Ein Caber­net Sau­vi­gnon aus dem kali­for­ni­schen Napa Val­ley ist frucht­be­ton­ter als ein Bor­deaux Caber­net. In Bor­deaux herr­schen alka­li­sche Böden vor, in Napa saure.

Die Sekundäraromen

Neben den Aro­men, die aus der Trau­be kom­men, fin­den sich im Wein auch Aro­men, die wäh­rend der Gärung ent­stan­den sind. Die­se Gär- oder Sekun­där­aro­men berei­chern  den Wein, machen ihn „wei­nig“ und füh­ren dazu, dass er ein ande­res Aro­ma­pro­fil bekommt als der Trau­ben­saft es besaß. Trä­ger die­ser Sekun­där­aro­men sind Alko­ho­le, Säu­ren, Alde­hyde und Ester. Sie hän­gen von den Hefe­stäm­men ab, die den Zucker in Alko­hol umwan­deln, aber auch von der Rei­fe der Trau­ben: also von der Men­ge und der Zusam­men­set­zung des Trau­ben­zu­ckers. Typi­sche Sekun­där­aro­men kön­nen Geschmacks­no­ten wie But­ter, Brot, Pil­ze, Leder, Käse und ani­ma­li­sche Noten sein. Aber auch Geschmacks­ein­drü­cke von der Art gekoch­ter Mar­me­la­de, feuch­tem Herbst­laub und Stall­ge­ruch gehö­ren in die­se Kate­go­rie. Ein Groß­teil der Sekun­där­aro­men ist flüch­ti­ger Natur und ver­schwin­det wie­der: teil­wei­se schon wäh­rend des Aus­baus, teil­wei­se spä­ter auf der Flasche.

Tertiäraromen

Im Som­mer nach der Lese, wenn es warm wird, beginnt sich das Aro­ma des Weins zu ver­än­dern – gleich­gül­tig, ob er sich dann noch im Fass oder schon auf der Fla­sche befin­det. Die pri­mär­fruch­ti­gen Aro­men tre­ten in den Hin­ter­grund, es ent­wi­ckeln sich neue Duft­kom­po­si­tio­nen. Wür­zi­ge Aro­men, bal­sa­mi­sche Aro­men und Holz­aro­men machen sich bemerk­bar – ers­te Anzei­chen einer begin­nen­den Rei­fe. Der Fach­mann spricht davon, dass der Wein nun kein Aro­ma mehr hat, son­dern ein Bou­quet. Mit dem wei­te­ren Aus­bau oder der wei­te­ren Ver­fei­ne­rung auf der Fla­sche nimmt die Bou­quet­bil­dung zu. Der Wein wird kom­ple­xer, viel­fäl­ti­ger, facettenreicher.

Die Beschreibung der Aromen

Wis­sen­schaft­ler haben rund 500 ver­schie­de­ne Wein­aro­men nach­wei­sen kön­nen. Wenn ihre Mess­ver­fah­ren, die Gaschro­ma­to­gra­phie und die Mas­sen­spek­tral­ana­ly­se, fei­ner wären, wür­den es ver­mut­lich noch wesent­lich mehr sein. Der größ­te Teil die­ser Aro­men ist che­misch nicht beschreib­bar. Erst bei weni­gen Aro­men ist es mög­lich, ihnen die ent­spre­chen­de che­mi­sche For­mel zuzu­ord­nen. Wenn sie  sprach­lich benannt wer­den sol­len, ent­ste­hen oft uner­war­te­te, ja bizar­re Aro­men­be­zeich­nun­gen. Anfang der 80er Jah­re haben Wis­sen­schaft­ler der kali­for­ni­schen Wein­uni­ver­si­tät Davis den Ver­such unter­nom­men, die ver­schie­de­nen Wein­aro­men zu sys­te­ma­ti­sie­ren. Her­aus­ge­kom­men ist der Aro­men­kreis. Zu einer ver­bind­li­chen Wein­spra­che hat aber auch er nicht geführt.