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Startseite Degustationen

Der Wein, der „Licht“ heisst

von Jens Priewe

Luce ist einer letzten Supertuscans, die es noch gibt. Wir haben 6 Jahrgänge dieser Sangiovese-/Merlot-Cuvée verkostet, um zu prüfen, wie super sie wirklich ist.

Licht heisst auf Italienisch luce, und in Montalcino gibt es viel Licht. Deshalb heißt Frescobaldis Premiumwein „Luce“. Sein Etikett besteht aus einer goldenen, zwölfstrahligen Sonne, einem Motiv, das von einem Altarbild in der Basilica di Santo Spirito in Florenz entlehnt wurde. Die Basilika wurde Mitte des 15. Jahrhunderts von Filippo Brunelleschi im Auftrag der Familie Frescobaldi entworfen. Sie war das letzte große Werk des berühmten Renaissance-Baumeisters.

Robert Mondavi war Mitgründer und Taufpate von Luce

Der Wein ist eine Cuvée von Sangiovese und Merlot (wobei die Sangiovese meistens leicht überwiegt). Der erste Jahrgang war 1993 und ging auf eine Initiative des kalifornischen Weonpioniers Robert Mondavi zurück, der sich für den Anbau der Sorte Merlot in der Toskana aussprach. Zusammen mit der Familie Frescobaldi, die in Montalcino bereits das Weingut Castelgiocondo besaß, gründete er ein Joint Venture mit dem Ziel, einen Merlot-Wein in diesem Teil der Toskana zu erzeugen. Der Name Luce geht dabei auf Mondavis Ehefrau Margrit zurück, die beim ersten Besuch in Montalcino die Worte What a light! ausgerufen haben soll. 

Betontanks im Keller der Tenuta Luce

Als vino da tavola auf den Markt gekommen

Die Hauptrebsorte in der Toskana, die Sangiovese, war damals qualitativ noch nicht so gut, um große Rotweine allein aus ihr zu erzeugen. Viele Weingüter begannen deshalb Cabernet Sauvignon, Merlot und später auch Syrah zu pflanzen, um den Weinen mehr Gewicht und Feinheit zu gaben. Antinori war mit seinem Tignanello der erste, der gebietsfremde Rebsorten der Sangiovese hinzufügte, um einen besseren Wein zu bekommen. Andere folgten. Nur in Montalcino herrschte die Sangiovese uneinschränkt. Das Statut des Brunello verbot (und verbietet) es, andere Rebsorten als Sangiovese in dem Wein zu verarbeiten. Der Luce durfte also nicht als Brunello di Montalcino, sondern musste als einfacher Tafelwein (vino da tavola) auf den Markt kommen, der untersten Kategorie der europäischen Weingesetzgebung, in der (fast) alles erlaubt ist.

Supertuscan-Status war hilfreich

Dem Erfolg des Luce tat der Tafelwein-Status keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Einbeziehung internationaler Rebsorten führte damals zu einer teilweise deutlichen Verbesserung des Qualität und damit zu einer besseren Wahrnehmung auf den Weltmärkten. Der Begriff Supertuscan, der in dieser Zeit entstand, tat ein Übriges. Inzwischen hat sich durch eine bessere klonale Selektion der Sangiovese-Rebe und durch eine sorgfältigere Weinbergarbeit das Blatt wieder gewendet. Der Trend geht in der Toskana klar zum reinsortigen Sangiovese, speziell im größten Anbaugebiet, dem Chianti Classico. 

Das Revoluzzer-Image ist weg

In Montalcino haben die Supertuscans nie Fuß gefasst.  Der Luce war die erste Sangiovese-/Merlot-Cuvée und ist eine der letzten, die noch existiert. Das Revoluzzer-Image ist weg. Die italienischen Weinbehörden haben dem Tafelwein-Chaos ein Ende gesetzt und die neue Qualitätswein-Kategorie Rosso Toscana beziehungsweise die Landwein-Kategorie IGT Toscana geschaffen, in der sich die ehemaligen Supertuscans jetzt ganz legal austoben können. Geblieben ist die Qualität des Luce und der Anspruch, einer der besten Rotweine der Toskana jenseits des Brunello di Montalcino zu sein. Allerdings läuft der Luce manchmal in Gefahr, zu mainstreamig zu sein und zu sehr auf die Vorlieben einer internationalen Weinklientel abzuzielen. Ein perfekt gemachter, aber stilistisch kein sehr origineller Wein.  

Heute gehört die Tenuta Luce der Familie Frescobaldi allein

Seit 2004 gehört die Tenuta Luce, wie das Weingut offiziell heißt, allein der Familie Frescobaldi. Seit den Anfängen ist es enorm gewachsen. Zu ihr gehören heute 92 Hektar Weinberge inmitten von Wäldern mit mediterraner Macchia und Olivenhainen um Montalcino herum. Neben dem Luce werden noch der leichtere Lucente (Merlot, Sangiovese), der Lux Vitis (Cabernet Sauvignon, Sangiovese) und ein Luce Brunello erzeugt. Der Luce selbst wird in Zementbehältern vergoren und in Barriques ausgebaut (80 Prozent neu). Erzeugt werden je nach Jahrgang zwischen 80.000 und 110.000 Flaschen. Der 2022er ist der 30. Jahrgang des Weins.

Die Tenuta Luce bei Montalcino

Die Weine

2022 Luce

Wein aus einem heißen, trockenen Jahr mit recht früher Lese, das einen Blockbuster-Typ hervorgebracht, der durch seine Breitschultrigkeit und seine üppige Frucht hervorsticht. Noch ist der 2022er nicht zusammengewachsen. Die satte Merlot-Frucht und das harte Sangiovese-Tannin stehen sich noch unversöhnlich gegenüber. Das Potenzial für Größe ist jedoch vorhanden. 93/100

2018 Luce

Einer der schwächeren Jahrgänge der letzten 10 Jahre, der im warmen Montalcino einen „klassischen“, nicht überladenen Wein hervorgebracht hat. Er fällt durch seine etwas höhere Säure und das moderate Tannin auf, ist jetzt schon zugänglich und charmiert mit seiner zarten Frucht, die an Veilchen, Blaubeeren und schwarzen Pfeffer erinnert. Auf jeden Fall delikat. 92/100

2012 Luce

Opulenter Wein aus einem sehr warmen Jahr, das – ich traue mich, diese Aussage zu machen – durch die Sangiovese gerettet wurde. Sie hat verhindert, dass die Merlot zu wuchtig und laut in Erscheinung tritt. So ist ein balancierter Wein entstanden, der vor Kraft strotzt, aber gleichzeitig viel Frische besitzt, eine tolle, süße Frucht mitbringt, ein festes Tanninrückgrat hat. Noch etwa fünf zehn Jahre vom Höhepunkt entfernt. 94/100

2010 Luce

Der beste alle Luce, soweit ich diesen Wein kenne. Sehr konzentriert, duftig, schwarze Johannisbeere, Teer, Tabak, dazu ein weiches, süßes Tannin und – Überraschung – eine lebendige Säure, die verhindert, dass der Wein zu sättigend wird. Gut zusammengewachsen. Ein Wein, in dem man baden könnte. Der für Montalcino insgesamt grandiose 2010er Jahrgang hat sicher geholfen. 96/100 

2006 Luce

Sehr präziser Wein von glatter Länge, fein ziselierter Frucht, Preissel- und Blaubeere im Vordergrund, dahinter tabakige Würze mit Lakritz, Piniennadeln, Orangenschale. Extrem sauber und gradlinig, mit 15 Vol.% allerding an der Obergrenze. 93/100

2000 Luce

Enttäuschender Wein, der nicht gehalten hat, was er anfangs einmal versprach. Mangelnde Konzentration, kraftlose Frucht, schwaches Tannin, glatte, polierte Oberfläche ohne jede Tiefe. 88/100 

Preis
zwischen 100 und 130 Euro

Bezug
www.bremer-weinkolleg.de, www.weinfreunde.de, www.gute-weine.de, www.vinum-maximum.de, www.la-cantina-italiana.de, www.silkes-weinkeller.de, www.moevenpick.wein.de, www.weinshop24.cc, www.superiore.de, www.getraenkewelt-weiser.de, www.weinco.at, www.feine-weine.at, www.coop.ch u.a.

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Jens Priewe

Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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