Der Nebel lichtet sich: Die Weine von Liliac aus Transsilvanien

Liliac gehört zu den Spitzenweingütern in Rumänien. Es zeigt, dass man auch aus authochthonen Sorten wie Fetească Albă, Fetească Regală und Fetească Neagră exzellente Weine erzeugen kann. Patrick Hemminger hat einige probiert.

Inhalt


Als der jun­ge Miron Radic zum ers­ten Mal das men­schen­lee­re Hoch­land im Nor­den Rumä­ni­ens bereis­te und das Wein­gut von Alfred Micha­el Beck erblick­te, wur­de ihm schnell klar: Wer hier inves­tiert, hat eine Visi­on. Zwar wird im Schutz des Kar­pa­ten­bo­gens seit Jahr­hun­der­ten Wein kul­ti­viert. Doch heu­te fehlt dort jede Infra­struk­tur. Selbst Stra­ßen müs­sen erst gebaut und Strom­lei­tun­gen neu gelegt wer­den, bevor der erst Spa­ten­stich erfol­gen kann.

Der Wie­ner Archi­tekt und Immo­bi­li­en­ent­wick­ler Beck hat­te die­se Visi­on, und er scheu­te auch nicht das Aben­teu­er. Er hat in die­se wil­de Land­schaft ein Wein­gut gesetzt. Lili­ac heißt es. Und Radic, der auf sei­nen Spu­ren reis­te, wur­de schnell klar: Was der Öster­rei­cher da gemacht hat­te, war mehr als nur ein Invest­ment, es war eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit. Genau­er gesagt: Es wur­de dazu. Denn Becks Plan war ursprüng­lich, in die­ser ver­las­se­nen Ecke Rumä­ni­ens, die nur 150 Kilo­me­ter von der ukrai­ni­schen Gren­ze ent­fernt liegt, kos­ten­güns­tig Wein zu pro­du­zie­ren und mit einer schö­nen Mar­ge ins Aus­land zu ver­kau­fen. Von die­ser Idee ist heu­te nicht mehr viel übrig, und das liegt größ­ten­teils an Radic.

Der Preiskampf in Rumänien ist hart

Miron Radic
Miron Radic

Radic war damals noch Stu­dent, schrieb sei­ne Bache­lor­ar­beit über Wein­mar­ke­ting. Sein Stu­di­en­ob­jekt war Lili­ac (der Name bedeu­tet Fle­der­maus auf Rumä­nisch). Das war 2011. Im Jahr zuvor hat­te Beck die ers­ten Reb­flä­chen gekauft. „Nach mei­ner Arbeit habe ich Herrn Beck gesagt, er soll es las­sen“, sagt Radic. Sich in Rumä­ni­en über den Preis zu behaup­ten, ist schwie­rig, denn das tut jeder. Der größ­te Teil der knapp 200.000 Hekt­ar Reb­flä­che des Lan­des befin­det sich im Besitz von Genos­sen­schaf­ten und ande­ren Groß­kel­le­rei­en. Die­se pro­du­zie­ren bil­li­ge Mas­sen­wei­ne, meist halb­tro­cken und für älte­re Wein­trin­ker. Das Aus­land inter­es­siert sich wenig bis gar nicht für sol­che Weine.

Liliac hat die Zielgruppe der jungen Weintrinker im Visier

Der jun­ge Radic, ein bos­ni­scher Ser­be, der in Öster­reich auf­ge­wach­sen ist, hat­te eine ande­re Idee. Der schlug vor, Wein für jun­ge Men­schen zu machen: kna­ckig fruch­ti­ge, tro­cke­ne Wei­ne mit Qua­li­täts­an­spruch. Dem Inves­tor Beck gefiel der Plan. Er bot Radic einen Job an. Seit zwei Jah­ren ist der nun Geschäfts­füh­rer des Wein­guts Lili­ac. Auch für den Kel­ler ist ein Nicht-Rumäne ver­ant­wort­lich, Rudolf Kri­zan, ein Bur­gen­län­der, der schon für vie­le öster­rei­chi­sche Wein­gü­ter gear­bei­tet hat.

Der Reb­sor­ten­spie­gel des Wein­guts ent­spricht Radic’ Stra­te­gie. Es domi­nie­ren inter­na­tio­na­le Sor­ten wie Sau­vi­gnon Blanc (10,3 Hekt­ar), Char­don­nay (3,2 Hekt­ar) oder Pinot Gris (4,5 Hekt­ar). Denn die trin­ken die Rumä­nen lie­ber als ihre eige­nen, auto­chtho­nen Wei­ne. Pinot Gris bei­spiels­wei­se ist im Land äußerst beliebt. Meist kommt er aus Ita­li­en und kos­tet zwei, drei Euro. Radic woll­te bewei­sen, dass man Pinot Gris auch in Rumä­ni­en erzeu­gen kann, in bes­se­rer Qua­li­tät, teu­rer. 13 Euro kos­tet das Liliac-Pinot Gris. Er kommt bei jun­gen Rumä­nen bes­tens an.

Für westliche Gaumen sind die authochtonen Weine interessanter

Span­nen­der und für west­eu­ro­päi­sche Gau­men inter­es­san­ter sind aller­dings die Weiß­wei­ne aus Fete­ască Albă und Fete­ască Regală – bei­des aut­hoch­to­ne rumä­ni­sche Trau­ben­sor­ten. Sie sind sti­lis­tisch modern, bril­lie­ren mit blitz­saube­rer Frucht, sind frisch und frei von jeg­li­cher Unwucht.

Über­haupt domi­nie­ren auf Lili­ac die Weiß­wei­ne, was inso­fern nicht ver­wun­der­lich ist, als Trans­sil­va­ni­en eine tra­di­tio­nel­le Weiß­wein­ge­gend ist. Das hat übri­gens nicht nur mit der nörd­li­chen Lage zu tun. Zwi­schen 12. und 16. Jahr­hun­dert wur­de die Gegend gezielt mit Mose­lanern besie­delt, die den Wein­bau und die deut­sche Spra­che mit­brach­ten. Als „Sie­ben­bür­ge­ner Sach­sen“ sind sie in die Geschich­te Rumä­ni­ens ein­ge­gan­gen. Seit­dem gilt Trans­sil­va­ni­en ali­as Sie­ben­bür­gen als bes­tes Weißwein-Anbaugebiet des Landes.

„Jeder riet uns davon ab, Rot­wein zu machen“, sagt Radic. Er tat es trotz­dem und pflanz­te Fete­ască Neagră, Mer­lot, Pinot Noir. Es funk­tio­nier­te. Fete­ască Neagră, zu deutsch: die Schwar­ze Mäd­chen­trau­be, bil­det heu­te die Basis für Lili­acs erfolg­reichs­ten Rot­wein, die „Red Cuvée“ (mit 30 Pro­zent Mer­lot). Lili­acs rein­sor­ti­ger Mer­lot wur­de 2015 sogar zum bes­ten Rot­wein des Lan­des erklärt. Der Pinot Noir wird nur in klei­nen Men­gen erzeugt, dafür in höchs­ter Qua­li­tät. Knapp 40 Euro kos­tet eine Fla­sche. Damit ist er einer der teu­ers­ten Rot­wei­ne Rumäniens.

Mit seinen 52 Hektar gilt Liliac als Boutique-Winery

Betrie­be mit so hohem Anspruch wie Lili­ac sind noch sel­ten in Rumä­ni­en. Radic schätzt, dass es viel­leicht zehn Wein­gü­ter gibt, die in der glei­chen Liga spie­len wie Lili­ac. Und Lili­ac ist, trotz sei­ner 52 Hekt­ar Reben, eine Boutique-Winery: „Jedes Jahr wer­den Rumä­ni­en rund 60 neue Wein­gü­ter gegrün­det. Drei von vier haben über­haupt eine Ahnung von dem, was sie da tun. Der Rest gehört rei­chen Inves­to­ren, die mit Neu­pflan­zun­gen von 200 bis 300 Hekt­ar anfan­gen, aber kei­nen Plan haben, wo und wie sie ihren Wein ver­kau­fen sol­len. Sie zah­len Geld, um in Restau­rants auf die Kar­te zu kommen.“

Weingut Liliac
Wein­gut Liliac

Das hat Lili­ac nicht nötig. Inzwi­schen kann Lili­ac sich aus­su­chen, an wel­che Kun­den es sei­ne Wei­ne ver­kauft. Das funk­tio­niert, weil zwei Din­ge zusam­men kom­men: Ers­tens stimmt die Qua­li­tät. Zwei­tens hat Lili­ac in Rumä­ni­en inzwi­schen einen hohen  Bekannt­heits­grad, was dazu geführt hat, dass 80 Pro­zent sei­ner Wei­ne im Lan­de kon­su­miert wer­den, vor allem die aus inter­na­tio­na­len Sor­ten wie Mer­lot, Pinot Gris, Char­don­nay, Sau­vi­gnon Blanc und Pinot Noir. Der Rest geht ins Aus­land. Die zwan­zig­pro­zen­ti­ge Export­quo­te hat das Anse­hen Lili­acs bei den rumä­ni­schen Kon­su­men­ten jedoch enorm geho­ben und ist einer der Grün­de für die star­ke natio­na­le Nachfrage.

Die jungen Rumänen in der Großstadt gehen täglich aus

In den gro­ßen Städ­ten des Lan­des hat sich mitt­ler­wei­le eine Mit­tel­schicht gebil­det,  die deut­lich mehr Geld zur Ver­fü­gung hat als jene durch­schnitt­li­chen 650 Euro, die ein durch­schnitt­li­cher Rumä­ne im Monat ver­dient. Und gespart wird nicht. „Die jun­ge Gene­ra­ti­on“, erzählt Radic, “geht ger­ne aus, am liebs­ten jeden Tag, isst und trinkt und genießt das Leben.“ Außer­dem ist Wein in den rumä­ni­schen Restau­rants sehr kun­den­freund­lich kal­ku­liert. Für eine Fla­sche Pinot Gri­gio, die auf dem Wein­gut 11 Euro kos­tet, ver­langt ein Wirt in Buka­rest 22 Euro. In Deutsch­land wären dafür bis zu min­des­tens 40 Euro fäl­lig. Vie­le Gäs­te kau­fen am Ende des Abends ein gan­ze Fla­sche, fah­ren mit dem (bil­li­gen) Taxis nach Hau­se und kon­su­mie­ren den Wein dort.

Beispielloser Aufstieg

All die­se Umstän­de sor­gen dafür, dass Lili­ac in den weni­gen Jah­ren sei­ner Exis­tenz einen bei­spiel­lo­sen Auf­stieg erlebt hat. 2012 war Lili­acs ers­ter Jahr­gang, 12 000 Fla­schen füll­te man damals ab. 2018 wer­den es vor­aus­sicht­lich 400 000 sein. Um das zu schaf­fen, muss Radic Ver­trä­ge mit Win­zern aus der Umge­bung abschlies­sen. Sie sol­len nach den Vor­ga­ben von Lili­ac pro­du­zie­ren und fai­re Prei­se bekom­men. „Wir müs­sen wach­sen“, erklärt er. „Der rumä­ni­sche Markt hat kein Ver­ständ­nis dafür, wenn Wei­ne aus­ver­kauft sind.“

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Die Weine


Liliac Fresh

2017 Young Lili­ac Fresh
Life­sty­li­ge „Ein­stiegs­dro­ge“ von Lili­ac, kom­po­niert aus Sau­vi­gnon Blanc und Mus­kat Otto­nel, bewusst koh­len­säu­re­frisch abge­füllt, daher leicht pri­ckelnd, ansons­ten durch­aus stof­fig: kein bana­ler Wein.
Preis: 8,20 Euro
Bezug: www.valachiaweine.com


Liliac Feteasca Alba

2016 Fete­ască Albă
Saf­ti­ger und recht stof­fi­ger, aber nicht behä­bi­ger Weiss­wein, aus­drucks­vol­le Frucht mit Anklän­gen an Wie­sen­blu­men und Wil­liams­bir­ne, viel­leicht etwas span­nungs­arm, aber delikat.
Preis: 8,90 Euro
Bezug: www.valachiaweine.com


Liliac Feteasca Regala

2016 Fete­ască Regală
Recht eigen­stän­di­ger, authen­ti­scher Wein mit leicht aro­ma­ti­schem Bou­quet, fei­ner Kräu­ter­wür­ze und mine­ra­li­schem Unter­ton, der die (nicht gesi­cher­te) The­se bele­gen könn­te, dass die Fete­ască Regală eine Kreu­zung von Sau­vi­gnon Blanc und Welsch­ries­ling ist.
Preis: 10,70 Euro
Bezug: www.valachiaweine.com


Liliac Cuvee Red 1200

2015 Red Cuvée
Die­ser Rote aus Fete­ască Neagră, der Schwar­zen Mäd­chen­trau­be (mit 30 Pro­zent Mer­lot), besitzt Sub­stanz und Fein­heit zugleich: leicht zugäng­lich mit rei­fer (aber nicht über­rei­fer) Frucht, wei­chem Tan­nin, zar­ten Tabak­no­ten. Ins­ge­samt gut fun­diert mit viel eige­nem Cha­rak­ter und aus­ge­zeich­ne­tem Preis-/Leistungsverhältnis.
Preis: 11,90 Euro
Bezug: www.valachiaweine.com


Liliac Pinot Noir

2014 Pinot Noir
Saf­ti­ger, fein­glied­ri­ger Pinot Noir mit einem Bou­quet von Pflau­men und Gelee­frucht sowie einer zar­ten San­del­holz­wür­ze, sei­di­ge Tex­tur, glat­te Län­ge, mit siche­rer Hand gemacht – aller­dings auch mit üppi­gen 14,5 Vol.% Alko­hol ausgestattet.
Preis: 39 Euro
Bezug: www.liliac.com

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