Der große Durst: China produziert immer mehr Wein selbst

Grace Vinyards-Boss Judy Leissner
Für die europäischen Weinnationen ist der Ferne Osten das Sehnsuchtsziel Nummer Eins. In den boomenden Märkten Chinas und der Schwellenländer ist der Durst nach Wein riesengroß, und an der Bereitschaft, einen hohen Preis für westlichen Luxus zu zahlen, fehlt es nicht. Doch Vorsicht: China & Co. sind längst dabei, eine eigene Weinproduktion aufzubauen. Von Jens Priewe

Die west­li­chen Wein­pro­du­zen­ten­län­der bli­cken sehn­süch­tig nach Fern­ost, um neue Absatz­märk­te für ihre Wei­ne zu fin­den. Vor allem Frank­reich und Ita­li­en sind auf neue Absatz­ka­nä­le ange­wie­sen. Dabei geht es nicht nur um die legen­dä­ren Wein­ver­stei­ge­run­gen der Auk­ti­ons­häu­ser Sotheby’s und Christie’s, die in Hong­kong eige­ne Nie­der­las­sun­gen gegrün­det haben und stän­dig neue Rekord­mar­ken bei der Ver­stei­ge­rung west­li­cher Luxus­wei­ne aufstellen.

Die Euro­pä­er haben vor allem die Mas­sen­märk­te in Chi­na (mit sei­nen 1,3 Mil­li­ar­den Ein­woh­nern) und Indi­en (1,2 Mil­li­ar­den Ein­woh­ner) im Auge, die ihnen poten­zi­ell unbe­grenz­te Absatz­mög­lich­kei­ten für ihre Wei­ne bie­ten. Chi­na ist gera­de der wich­tigs­te Export­markt für Bor­deaux­wei­ne geworden.

Die Ita­lie­ner arbei­ten hef­tig dar­an, es ihren Nach­barn gleich­zu­tun. Die Vini­ta­ly, die wich­tigs­te Wein­mes­se Ita­li­ens, schlägt schon seit 2004 regel­mä­ßig ihre Zel­te in Shang­hai auf, seit 2010 auch in Hong­kong. Vor allem Hong­kong ent­wi­ckelt sich immer mehr zur Wein­ka­pi­ta­le des Fer­nen Ostens. Anders als in Festland-China und in den ande­ren fern­öst­li­chen Län­dern gibt es in Hong­kong kei­ne Weinimportsteuer.

Dynasty WineDoch Vor­sicht: Auf der Kon­su­men­ten­sei­te taucht in der Lis­te der Top 25 kein ein­zi­ges fern­öst­li­ches Land auf – außer Chi­na. Und der Rang Chi­nas ist unklar. Das Office Inter­na­tio­nal de la Vigne et du Vin in Paris teilt in sei­nem jüngs­ten Bericht mit, dass es noch kei­ne ver­läss­li­chen Daten zu Chi­na gäbe. Auf der Vin­ex­po Asia-Pacific spra­chen Ver­tre­ter des fran­zö­si­schen Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums im letz­ten Jahr jedoch davon, dass Chi­na bereits an ach­ter Stel­le im Ran­king der Kon­sum­na­tio­nen läge. Damit wür­de in dem Rie­sen­reich bereits mehr Wein kon­su­miert als in Spa­ni­en – trotz eines Pro-Kopf-Konsum von nur 0,35 Liter/Jahr.

Auf der ande­ren Sei­te tre­ten Chi­na und die benach­bar­ten asia­ti­schen Staa­ten immer häu­fi­ger selbst als Wein­pro­du­zen­ten in Erschei­nung. Neben alt bekann­ten chi­ne­si­schen Brands Chi­na Gre­at Wall Wine und Dynasty Wine sind längst neue, moder­ne Wei­ne getre­ten, die auch Fach­leu­ten Respekt abnö­ti­gen:  zum Bei­spiel Chan­gyu Pio­neer Wine, Cha­teau Bolong­bao und Grace Vineyards.

Aus fran­zö­si­schen Quel­len ist zu erfah­ren, dass Chi­na bereits jetzt über 6,5 Mil­lio­nen Hek­to­li­ter Wein pro Jahr erzeugt – mehr als Por­tu­gal. In 2012 wird eine Pro­duk­ti­on von knapp 11 Mil­lio­nen Hek­to­li­ter pro­gnos­ti­ziert. Damit hät­te Chi­na sogar Deutsch­land über­holt. Vor allem für die auf­stre­ben­de Mit­tel­schicht des Lan­des ist Wein zuneh­mend ein Statussymbol.

Und die Nach­bar­staa­ten schla­fen nicht. Gera­de wur­de bekannt, dass Cha­leo Yoo­vid­hya, der reichs­te Mann Thai­lands, süd­lich von Bang­kok 240 Hekt­ar neue Wein­ber­ge um sein Land­gut Mon­So­on Val­ley ange­legt hat, um einen Wein geho­be­ner Qua­li­tät zu produzieren.

Das Kli­ma dort sei etwas küh­ler als in ande­ren Tei­len des Lan­des, und auch wäh­rend der Mon­sun­zeit fal­le dort rela­tiv wenig Regen, lässt sein Öno­lo­ge ver­lau­ten. In sei­ner Siam Winery pro­du­ziert Yoo­vid­hya, der in Thai­land als „Red Bull“-König gilt, bereits gro­ße Men­gen Weins – übri­gens mit dem Know­how süd­afri­ka­ni­scher, aus­tra­li­scher, kali­for­ni­scher und fran­zö­si­scher Wein­gü­ter. Die Qua­li­tät ist dort aller­dings bescheiden.

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