Feine Perlen, ein Duft nach Blüten, Biskuit und Karamell, tänzelnd und animierend auf der Zunge sowie ein langer Nachhall. So kann ein deutscher Sekt der Extraklasse schmecken – und nicht lange nach dem ersten Schluck fragt man sich: Erinnert das nicht stark an Champagner? Ja tut es. Mit dem „125 Pinot Meunier – Blanc de Noirs – brut nature“ haben sich das Team um den Becksteiner Winzer-Motor Michael Braun und seine umtriebigen Mitglieder zum 125 jährigen Jubiläum selbst ein Geschenk gemacht, „eigentlich einen Traum erfüllt“ freut sich Braun, der aus gutem Grund vom Potenzial seiner Region für große Schaumweine überzeugt ist.
Da sind einmal die geographischen und klimatischen Rahmenbedingungen: Beckstein liegt auf dem 49. Breitengrad – wie Reims, die „Hauptstadt“ der Champagne. Und wie im Nordosten Frankreichs findet man hier im nördlichen Baden Kalkböden vor. Der 200 Millionen Jahre alte Untergrund des Taubertals sorgt für Finesse und Tiefgang, für die Weine aus Burgundersorten auf dem ganzen Globus geschätzt werden, besonders, wenn sie aus kühleren Weinbauregionen stammen und solche sind das Taubertal wie die Champagne.
In der Champagne ist ein Drittel der stattlichen 33.500 Hektar Rebfläche mit Pinot Meunier bestockt. Diese alte, autochthone Rebsorte wird in Deutschland Schwarzriesling, früher auch Müllerrebe genannt und in der Regel zu leichten Rotweinen gekeltert. Der Pinot Meunier ist ein Stammvater des Pinot Noir (Spätburgunder) und spielt in Deutschland mit zwei Prozent der Gesamt-Rebfläche von rund 100.000 Hektar eine kleine Nebenrolle. Nicht bei den Becksteiner Winzern: 65 Hektar der insgesamt 245 Hektar der Becksteiner Genossenschaft sind mit der der alten Sorte bestockt.
Wenn Rotwein aus ihm gekeltert werden soll, sind ein späte Lese und hohe Reife mit entsprechendem Zuckergehalt unabdingbar. Ganz anders verhält es sich beim Schaumwein: „Die Trauben werden so früh gelesen, dass sie nach gängiger Vorstellung noch gar nicht reif sind“, erklärt Kellermeister Manfred Braun. Aber nur so bringen sie die gewünschte Säure und Frische ins Spiel der Perlen. Doch bevor das beginnt, stehen noch ein paar andere Aufgaben auf der Liste: Die Trauben werden für den Spitzen-Schaumwein nicht gepresst, nur der von selbst aus der Kelter laufende Saft wird verwendet. So geraten möglichst wenig Gerbstoffe und andere Polyphenole aus den Traubenhäuten in den Most, der auf diese Art auch weiß bleibt, denn die roten Pigmente bleiben ebenfalls in den Häuten zurück.
Dieser Most vergärt in besten französischen Barriques (kleine Holzfässer) und macht auch eine sogenannte zweite Gärung durch, den Biologischen Säureabbau (BSA), bei dem Milchsäurebakterien harte Apfel- und Weinsäure in weichere Milchsäure umwandeln und schon eine erste eigene aromatische Richtung vorgeben. Diese wird in der klassischen Flaschengärung, wie sie in der Champagne perfektioniert wurde, vollendet. (Der fertige Grundwein kommt mit Hefe und einer entsprechenden Menge Zucker in die Flasche, gärt und reift in dieser seiner Vollendung entgegen). Neun Monate müssen es nach deutschem Weingesetz sein, 22 Monate sind es beim Pinot Meunier der Becksteiner Winzer. Während dieser Zeit wird die Flasche immer wieder gerüttelt und über die Monate schrittweise kopfüber gestellt, damit im vorletzten Akt der Hefepfropf entfernt werden kann. Dies geschieht indem der Flaschenhals gefrostet, sodann die Flasche geöffnet wird und der Hefepfropf entweicht.
Im letzten Akt der Schaumweinwerdung wird die Flasche mit Wein wieder aufgefüllt. Möglich wäre nun auch eine Zuckerzugabe zur Abrundung des Geschmacks. Doch Manfred Braun vertraute auf die Reife des Schaumweins sowie seiner Harmonie und gab ihn als „brut nature“, also ohne jegliche Zugabe von Süße frei. Die überzeugend erzielte Feinheit von Perlage und Aromen sowie dem ebenso animierendem wie rundem Geschmack geben dem Becksteiner Winzer-Team ohne Zweifel Recht.