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Das gab’s noch nie: ein 2016er Montrachet von sechs Weingütern

Frost, Hagel und vor allem der Mehltau haben die Trauben in der berühmtesten Weißweinlage der Welt in 2016 derart dezimiert, dass Romanée-Conti und fünf andere Domaines sich entschlossen haben, ihre Trauben gemeinsam zu vinifizieren.

Der Grand Cru Montrachet

Premiere im Burgund: Weil 2016 so wenig Trauben an den Rebstöcken hingen, dass keiner auch nur ein einziges Fass Montrachet allein hätte füllen können, haben sich sechs berühmte Weingüter für einen Gemeinschaftswein entschieden. Es sind die Domaine de la Romanée-Conti, Comtes Lafon, Domaine Leflaive, Guy Amiot et Fils, Lamy-Pillot und die Domaine Fleurot Larose. Sie haben ihre Chardonnay-Trauben aus dem Grand Cru an die Domaine Leflaive verkauft (alle zum gleichen Preis), die sie vinifiziert hat und dabei ist, den gemeinsamen Wein auszubauen. Die Ernte füllt gerade einmal zwei Fässer von 229 Liter Inhalt. Das heißt: Insgesamt werden von diesem Jahrgang nur rund 600 Flaschen auf den Markt kommen. Das ist etwa ein Zehntel der normalen Menge.

„Zwei Trauben in einer hundert Meter langen Rebzeile“

Von Mehltau befallene Gescheine

Im Juli war ich selbst noch mit Aubert de Villaine, dem Senior-Chef der Domaine de la Romanée-Conti, durch den Montrachet-Weinberg gegangen. Der Schaden war damals schon deutlich sichtbar. Bedingt durch den ständigen Regen, hatte der Mehltau (Oidium) bereits die Gescheine befallen und stark zerstört. Es waren nur wenige Beeren an den Stielen (siehe Foto). „Ich bin eine hundert Meter lange Rebzeile abgegangen und habe gerade mal zwei Trauben gefunden“, erzählte de Villaine  damals. Und: „Wenn alle Rebenbesitzer der Lage ihre Trauben zusammenwerfen würden, bekämen wir vielleicht gerade ein Fass Wein.“

Unklar, ob der Grand Cru offiziell auf den Markt kommen darf

Was damals noch eine Hypothese war, ist jetzt Wirklichkeit geworden. Die  Initiative für die Aktion ging von Dominique Lafon und Aubert de Villaine aus. Zwar ist die Menge etwas größer als angenommen. Doch normalerweise füllt die Domaine (0,67 Hektar) allein 3.000 Flaschen Montrachet (durchschnittlicher Preis: rund 3.500 Euro pro Flasche). Der gesamte Grand Cru umfasst 7,9 Hektar. Er ist ausschließlich mit Chardonnay-Reben bestockt. Die Trauben ergeben in dieser Lage einen extrem langlebigen Weißwein, der wegen seines mineralischen Geschmacks und seiner extremen Finesse oft als größter Weißwein der Welt bezeichnet wird.

Etikett Montrachet Grand Cru
Etikett Montrachet Grand Cru

Die Frage ist, wie die 600 Flaschen auf den Markt kommen. Geplant ist, dass jeder der beteiligten Betriebe seinen Anteil an dem Wein bekommt und unter eigenem Etikett vermarktet. Eine Domaine darf jedoch nach französischem Recht weder eigene Trauben noch eigenen Wein mit anderen Trauben oder Wein mischen. Sollte diesbezüglich keine Einigung mit den Behörden erzielt werden, verzichten die Weingüter darauf, ihre Weine offiziell auf den Markt zu bringen. Sie wollen sie für private Weinproben einsetzen.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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