Am 14. September 2015 ist in Guilherand-Granges bei Valence im Alter von 95 Jahren Noël Verset gestorben. Mit seiner Unbeirrbarkeit, auch in den schwierigen Zeiten der Kriegs- und Nachkriegszeit, seiner stabilen Weinbauernfigur und seinen großen kräftigen Händen, gehörte er zu den prägenden Gestalten der kleinen Appellation an der nördlichen Rhone, in deren teilweise extrem steilen Lagen er zusammen mit seinem Vater bereits 1931, mit 12 Jahren zu arbeiten begann.
In seinem wie aus der Zeit gefallen wirkenden kleinen Keller am nordöstlichen Rand des alten Ortskerns erzeugte er lange Jahre aus bis zu 100-jährigen Reben leider nur 5-7000 Flaschen jährlich. Wie bei seinem Kollegen René Balthazar wirkte bei ihm alles sehr handmade – von der Plackerei im Weinberg und der völlig technologiefernen Vinifikation in 600 Liter fassenden alten Holzfässern bis hin zum Etikettieren und Verpacken. Das Ergebnis seiner harten Arbeit waren konzentrierte, in der Jugend eher unzugängliche Cornas-Weine hoher Qualität.
Als er das Alter zu spüren begann, verkaufte er einige seiner besten Rebanlagen 1985 an den damals noch sehr jungen, als Weinbergsmensch ähnlich kompromisslosen Thierry Allemand, den man mit einigem Recht als seinen Nachfolger bezeichnen kann. Manchmal wurde behauptet, die Qualität seiner Weine habe danach ein wenig nachgelassen. Bei den Verkostungen war davon so gut wie nichts zu spüren. Allerdings hatten seine Cornas nicht elegante Frucht und Seidigkeit als Markenzeichen, sondern reife Stoffigkeit und Dichte. Hinzu kamen Tannine, die für die Ewigkeit gemacht schienen, sodass man gut daran tat, die erste Flasche nicht vor etwa 8 Jahren zu öffnen. Mit Verset ging die Tradition einer der letzten, alten Weinbaufamilien zu Ende.
Stefan Krimm, promovierter Historiker, war bis Februar 2011 Referatsleiter im bayerischen Kultusministerium. Seit 1991 publiziert er in verschiedenen Fachmagazinen Artikel über Wein. Seine Schwerpunkte liegen im französischen Süden (Provence, Rhône, Languedoc, Roussillon) und Südwesten bis nach Bordeaux sowie in Franken. 1999 legte er zusammen mit Dieter Weber ein Buch über Goethe und den Wein vor. 2002 wurde seine Arbeit mit einem Sonderpreis des Prix du Champagne Lanson gewürdigt. 2003 er hielt er in Paris mit der Trophée Louis Marinier einen internationalen Journalistenpreis der Winzer von Bordeaux. Krimm lebt in der Nähe von München.
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