Start WineHappens Report Coravin – neues Must-have für Weingenießer?

Coravin – neues Must-have für Weingenießer?

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Neues Must-have für Weingenießer?

Seit einigen Monaten gibt es nun auch in Deutschland den Coravin: ein neuartiges Gerät, das den Weingenuss revolutionieren soll. Coravin ermöglicht es, Wein aus einer geschlossenen Flasche einzuschenken. Der Witz dabei: Man ist nicht gezwungen, die Flasche ganz zu leeren. Er kann ein Glas oder zwei einschenken, das Gerät absetzen und die halbleere Flasche wieder in den Keller zurücklegen. Trotz des Leerraums, der in der Flasche entstanden ist, oxydiert der restliche Wein nicht. Man kann nach einer Woche oder nach einem Monat, die Hersteller behaupten auch: nach einigen Jahren, ein weiteres Glas abzapfen – der Wein ist in dem Zustand, in dem er wäre, wenn die Flasche voll geblieben wäre.

Konservierung mit Argon-Gas

Magie? Mitnichten. Denn Coravin besteht aus einer dünnen Hohlnadel, mit der der Korken durchstochen wird. Sie hat zwei Kanülen. Über die eine fließt der Wein aus der Flasche, über die andere wird inertes Gas, in diesem Fall Argon-Gas, in die Flasche gedrückt, das den entstehenden Leerraum ausfüllt. Das Argon-Gas legt sich wie eine Schutzschicht über den in der Flasche verbliebenen Wein und verhindert, dass dieser oxydiert.

Danach wird die Nadel wieder aus dem Korken gezogen. Das Suberin – jenes elastische Material, aus dem die Korkzellen bestehen – schließt sich. Sauerstoff kann nicht mehr durch den Korken eindringen (der Sauerstoffaustausch mit dem Wein erfolgt sowieso nur über winzige Hohlräume zwischen Korken und Glas, nicht durch den Korken selbst).

Funktioniert Coravin auch unter Alltagsbedingungen?

Das Gerät heißt Coravin 1000. Es kostet (mit 2 Argon-Patronen) 299 Euro. Eine Patrone reicht für etwa 15 Glas Wein.

„Mein Traum war, Wein auszuschenken, ohne den Korken zu entfernen“, erzählt der Amerikaner Greg Lambrecht, der Erfinder des Coravin-Systems. „Den restlichen Wein wollte ich weiterhin in meinem Weinkeller lagern, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt genießen zu können.“ Aber funktioniert es auch?

Thiemo Kausch

Der Bremer Golflehrer und Weinblogger Thiemo Kausch, 25, hat das Monstrum (480 Gramm schwer) gekauft und setzt es regelmäßig ein.

Hier sein Erfahrungsbericht:

„Das Problem mit den Weinen ist ja schon länger bekannt. Einmal geöffnet, sollte man sie in absehbarer Zeit konsumieren. Ein Wiederverschließen und Zurücklegen ist unmöglich, ohne ein Verderben zu riskieren. Bereits länger auf dem Markt existierende Geräte, wie zum Beispiel der „Winaro Winesaver“ haben versucht, sich der Sache anzunehmen. Auch bei diesem System wird mit Argon gearbeitet. Klarer Nachteil: Bevor das Argon in die Flasche gelangt, muss der Korken entfernt und der Wein traditionell aus der Flasche ausgeschenkt werden. Bei diesem Vorgang kommt der Wein in der Flasche mit Sauerstoff in Kontakt. Die anschließende Konservierung hilft zwar, den Wein etwas länger als normal genießbar zu halten, aber bietet keinen Langzeiteffekt, wie ihn das Coravin ohne Ziehen des Korkens und unter Ausschluss von Sauerstoff ermöglicht.

„Ich will es nicht mehr missen…“

Eine Revolution in Sachen Weingenuss? Oder nur ein weiteres Gadget für den verspielten Weinliebhaber? Seit einiger Zeit stolpere ich immer wieder über dieses System, das den Genuss von reifen und reifenden Weinen vereinfach soll. Die Neugier hat schlussendlich meine Skepsis besiegt: Auch ich nenne jetzt ein Coravin mein Eigen. Und ich will es nicht mehr missen!

Soll ich den Wein schon aufmachen? Müsste der nicht noch liegen? Wie der jetzt wohl schmeckt? Adieu Unsicherheit! Ich finde es einfach heraus – und zwar ohne die Rarität zu entkorken! Nicht einmal die Kapsel muss ich entfernen: Ich setze lediglich das Coravin an und lasse die Doppelhohlnadel in die Flasche gleiten. Mit Betätigen des Hebels wird das Edelgas Argon eingefüllt – und schon fließt munter eine beliebige Menge des Weins in mein Glas. Genug Genuss? Dann ziehe ich die Nadel wieder heraus aus dem Korken und lege die Flasche zurück an ihren Lagerort.

Revolution beim Weingenuss

In meiner noch kurzen Weinkarriere habe ich die Vorliebe entwickelt, möglichst viele „ähnliche“ Weine in sogenannten Flights zu trinken. Maximierter Lerneffekt mit gleichzeitigem Trinkspaß! Aber wie oft kommt man zu so etwas? Und wie viel Wein geht dabei kaputt? Ein Luxus, den ich mir nur selten gönne. Ab jetzt sieht das anders aus!

Argon-Patronen

Das Coravin kommt in einer ansprechenden Verpackung nach Hause, für die sich selbst Apple nicht schämen müsste. Im Lieferumfang befindet sich das Coravin mit einem praktischen Ständer, zwei Argon-Patronen (jede reicht für etwa 15 Glas Wein) und der Ausschanknadel nebst dazugehörigem Nadelreinigungsset. Alles wirkt wertig. Das Gerät ist angenehm schwer und vermittelt das Gefühl, dass hier keine billigen Materialien verwendet wurden – was man bei dem stattlichen Preis von 299 Euro auch erwarten darf.

Einfache Bedienung

Die Handhabung gestaltet sich einfach, und nach einem kurzem Blick in die Bedienungsanleitung ist alles klar: Das Ende vom Handgriff durch Drehen abnehmen, die Argonpatrone einlegen, den Schutzbezug der Nadel entfernen… startbereit! Jetzt muss nur noch eine Flasche Wein her, natürlich mit Naturkork. Zum „Anzapfen“ das Coravin am oberen Griff festhalten, die Nadel an der Mitte der Flaschenöffnung ansetzen und erst durch die Kapsel, dann durch den Korken stechen. Die angebrachten Klammern halten das Coravin nach erfolgreicher Operation am Flaschenhals fest, und man kann bedenkenlos mit einer Hand die Flasche halten, mit der anderen den Schalter betätigen und schon fließt der Wein im Austausch gegen Argon ins Glas.

Drei Jahrgänge Barolo nebeneinander probieren

Mal ehrlich: Was bekommt man in den meisten Restaurants, wenn man von den offenen Weinen bestellt? Solides. Oft ausreichend für einen Afterwork-Wein. Aber steht einem der Sinn nach etwas Besonderem, muss man eine Flasche kaufen. Und wo bleibt der Lerneffekt für angehende Weinkenner?

Das „Engel Weincafé“ in Bremen arbeitet seit diesem Winter mit dem Coravin-System. Und was bringt das dem Gast? Schon mal vier Spitzen-Barolo von 2007-2009 im Offenausschank gesehen? Von nun an alles kein Problem mehr: Wenn der Gastronom sonst Angst haben musste, eine geöffnete Flasche älteren/teureren Kalibers nicht schnell genug abverkauft zu bekommen, bevor er nicht mehr genießbar ist, kann er nun bedenkenlos die Champions League der Weinwelt zur Einzelglas-Bestellung freigeben. Ich finde das eine wirklich großartige Entwicklung, die den Weingenuss revolutioniert!“


Thiemo Kausch bloggt auf www.gute-weine.de


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