Montag, Dezember 9, 2024
1.7 C
München
spot_img

Weingut Ansgar Clüsserath: Mosel-Riesling, frisch und klar wie Morgenluft

Nein, als „Winemaker“ sieht sich Eva Clüsserath-Wittmann sicher nicht, auch wenn sie die Verantwortung für die Weinwerdung im Gut trägt. Sie sieht sich als „Weinbegleiterin“, die im Weinberg naturnah arbeitet und im Keller so wenig wie möglich eingreift. So wird sie auch als „Dirigentin  der feinen Töne“ beschrieben. Rund-um-die-Uhr-Überwachung kommt für Eva Clüsserath-Wittmann ohnehin nicht in Frage: Die Ehefrau von VDP-Winzer Philipp Wittmann pendelt zwischen Basislager mit Mann und Kindern in Rheinhessen und der Mosel. Die Stellung vor Ort in Trittenheim halten Vater Ansgar und Mutter Elsbeth.

Reben in den besten Lagen

Vor bald 20 Jahren ist Eva Clüsserath-Wittmann in die Führung des Guts eingestiegen, das ihre Vorfahren im Jahr 1670 gegründet hatten. Über die Jahrhunderte pflegte und mehrte die Familie ihr Kapital: fünf Hektar Reben in besten Lagen der Mittelmosel, vor allem in Trittenheim, dem „Altärchen“ und der „Apotheke“. Steil- und Steilstlagen auf Schieferboden, die entsprechend mühsam zu bewirtschaften sind -­ Handarbeit pur. Etliche Rebstöcke haben mittlerweile stattliche 80 Jahre und mehr auf dem Buckel.

(© Weingut Clüsserath)

Gesunde Trauben

Vater Ansgar Clüsserath hat bereits vor Jahrzehnten auf naturnahen Weinbau gesetzt, eine Voraussetzung für ein Gleichgewicht in den Reben und – in einem ganzheitlichen Sinne verstanden – gesunde Trauben. Denn nur solche lassen sich verarbeiten, wie Eva Clüsserath es tut.

Zauberwort Zeit

Ihr Zauberwort klingt simpel: Zeit. Doch so einfach ist das nicht. Die Beeren werden nach der Lese angequetscht und der austretende Most bleibt mehrere Stunden in Kontakt mit den Traubenhäuten. So gelangen unter anderem feine Gerbstoffe in den Wein, die Griffigkeit und Struktur verstärken.

(© Weingut Clüsserath)

Spontangärung im großen Holzfass

Ebenso wichtig ist die spontane Vergärung des Mostes in traditionellen Halbstückfässern mit einem Volumen von 1000 Litern. Das bedeutet, der Most gärt mit den Hefen, die die Trauben aus dem Weinberg mitbringen. Es ist mitunter ein Geduldsspiel, bis die Gärung in Gang kommt, zudem dauert es lange, in der Regel bis ins Frühjahr. Danach ruht der Wein bis in den Spätsommer auf der Hefe in den Holzfässern, bevor er Platz macht für die neue Ernte. So kommen die Clüsserath-Weine erst auf den Markt, wenn andere Weingüter schon bald ausverkauft sind.

Rieslinge mit tiefer Struktur

Das Ergebnis dieser Arbeit mit der Zeit sind Rieslinge mit tiefer Struktur vom Schieferboden, die sich zugleich spielerisch und elegant präsentieren. Die trockenen Weine tragen allesamt kein Prädikat, aber eine gemeinsame klare Handschrift. „Vom Schiefer“, „Steinreich“ und „Trittenheimer Apotheke“, zeigen sich stets elegant und mineralisch. Die „Apotheke“ hat besonders große Tiefe und Reifepotenzial.

Potenzial für  Jahrzehnte

Die Prädikate sind den Rest- und edelsüßen Weinen vorbehalten. Federleicht wie eine Ballerina (8 Prozent Alkohol) hat der Kabinett aus der Trittenheimer Apotheke bereits in der Jugend ein schier unwiderstehliches Süße-Säure-Spiel. Substanzreich, aber stets schlank und elegant präsentieren sich die Spätlesen. Geduld und etwas Platz im Keller sollte man für die Auslesen haben, die Jahrzehnte reifen können.

Schiefer mit Handschrift: Ausgewählte Weine von Ansgar Clüsserath

2018 Vom Schiefer trocken

Klarer und zupackender Einstieg in die Ansgar-Clüsserath-Weine. Schlank, griffig trocken, mit harmonisch eingebunder Säure. Ein belebender Auftakt und Begleiter für ein Menü mit  Salaten, Fisch und hellem Fleisch. 9,90 Euro

2018 Steinreich trocken

Überwiegend aus Trauben aus der Trittenheimer Apotheke gekeltert. Der Wein zeigt zarte Frucht (Apfel, Aprikose) dazu tiefe Schiefermineralik. Das straffe Gerüst wird von der reifen Säure getragen. Zu Fisch, Krustentieren und feinem Geflügel. 14,50 Euro

2018 Trittenheimer Apotheke Kabinett

Eine federleichte Ballerina, deren Sehnigkeit auf den ersten Schluck nicht auffällt, aber umso größeren Eindruck hinterlässt. Zu pikant gewürzten aber leichten Gerichten mit Asia-Touch. 13 Euro

Probepaket Schiefer mit Handschrift mit 6 Flaschen 70 Euro unter www.ansgarcluesserath.de

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img