Nein, als „Winemaker“ sieht sich Eva Clüsserath-Wittmann sicher nicht, auch wenn sie die Verantwortung für die Weinwerdung im Gut trägt. Sie sieht sich als „Weinbegleiterin“, die im Weinberg naturnah arbeitet und im Keller so wenig wie möglich eingreift. So wird sie auch als „Dirigentin der feinen Töne“ beschrieben. Rund-um-die-Uhr-Überwachung kommt für Eva Clüsserath-Wittmann ohnehin nicht in Frage: Die Ehefrau von VDP-Winzer Philipp Wittmann pendelt zwischen Basislager mit Mann und Kindern in Rheinhessen und der Mosel. Die Stellung vor Ort in Trittenheim halten Vater Ansgar und Mutter Elsbeth.
Reben in den besten Lagen
Vor bald 20 Jahren ist Eva Clüsserath-Wittmann in die Führung des Guts eingestiegen, das ihre Vorfahren im Jahr 1670 gegründet hatten. Über die Jahrhunderte pflegte und mehrte die Familie ihr Kapital: fünf Hektar Reben in besten Lagen der Mittelmosel, vor allem in Trittenheim, dem „Altärchen“ und der „Apotheke“. Steil- und Steilstlagen auf Schieferboden, die entsprechend mühsam zu bewirtschaften sind - Handarbeit pur. Etliche Rebstöcke haben mittlerweile stattliche 80 Jahre und mehr auf dem Buckel.
Gesunde Trauben
Vater Ansgar Clüsserath hat bereits vor Jahrzehnten auf naturnahen Weinbau gesetzt, eine Voraussetzung für ein Gleichgewicht in den Reben und – in einem ganzheitlichen Sinne verstanden – gesunde Trauben. Denn nur solche lassen sich verarbeiten, wie Eva Clüsserath es tut.
Zauberwort Zeit
Ihr Zauberwort klingt simpel: Zeit. Doch so einfach ist das nicht. Die Beeren werden nach der Lese angequetscht und der austretende Most bleibt mehrere Stunden in Kontakt mit den Traubenhäuten. So gelangen unter anderem feine Gerbstoffe in den Wein, die Griffigkeit und Struktur verstärken.
Spontangärung im großen Holzfass
Ebenso wichtig ist die spontane Vergärung des Mostes in traditionellen Halbstückfässern mit einem Volumen von 1000 Litern. Das bedeutet, der Most gärt mit den Hefen, die die Trauben aus dem Weinberg mitbringen. Es ist mitunter ein Geduldsspiel, bis die Gärung in Gang kommt, zudem dauert es lange, in der Regel bis ins Frühjahr. Danach ruht der Wein bis in den Spätsommer auf der Hefe in den Holzfässern, bevor er Platz macht für die neue Ernte. So kommen die Clüsserath-Weine erst auf den Markt, wenn andere Weingüter schon bald ausverkauft sind.
Rieslinge mit tiefer Struktur
Das Ergebnis dieser Arbeit mit der Zeit sind Rieslinge mit tiefer Struktur vom Schieferboden, die sich zugleich spielerisch und elegant präsentieren. Die trockenen Weine tragen allesamt kein Prädikat, aber eine gemeinsame klare Handschrift. „Vom Schiefer“, „Steinreich“ und „Trittenheimer Apotheke“, zeigen sich stets elegant und mineralisch. Die „Apotheke“ hat besonders große Tiefe und Reifepotenzial.
Potenzial für Jahrzehnte
Die Prädikate sind den Rest- und edelsüßen Weinen vorbehalten. Federleicht wie eine Ballerina (8 Prozent Alkohol) hat der Kabinett aus der Trittenheimer Apotheke bereits in der Jugend ein schier unwiderstehliches Süße-Säure-Spiel. Substanzreich, aber stets schlank und elegant präsentieren sich die Spätlesen. Geduld und etwas Platz im Keller sollte man für die Auslesen haben, die Jahrzehnte reifen können.
Schiefer mit Handschrift: Ausgewählte Weine von Ansgar Clüsserath
2018 Vom Schiefer trocken
Klarer und zupackender Einstieg in die Ansgar-Clüsserath-Weine. Schlank, griffig trocken, mit harmonisch eingebunder Säure. Ein belebender Auftakt und Begleiter für ein Menü mit Salaten, Fisch und hellem Fleisch. 9,90 Euro
2018 Steinreich trocken
Überwiegend aus Trauben aus der Trittenheimer Apotheke gekeltert. Der Wein zeigt zarte Frucht (Apfel, Aprikose) dazu tiefe Schiefermineralik. Das straffe Gerüst wird von der reifen Säure getragen. Zu Fisch, Krustentieren und feinem Geflügel. 14,50 Euro
2018 Trittenheimer Apotheke Kabinett
Eine federleichte Ballerina, deren Sehnigkeit auf den ersten Schluck nicht auffällt, aber umso größeren Eindruck hinterlässt. Zu pikant gewürzten aber leichten Gerichten mit Asia-Touch. 13 Euro
Probepaket Schiefer mit Handschrift mit 6 Flaschen 70 Euro unter www.ansgarcluesserath.de