Auch wenn die Facebook-Nachricht des gescheiterten Ministerpräsidentenkandidaten Christian von Boetticher, die er seinen Parteifreunden letztes Jahr während eines Sylt-Aufenthaltes zukommen ließ, prahlerisch klingt: Der Wein, den er so vollmundig ankündigte, hat höchste Wertschätzung verdient. Der Brunello di Montalcino von Fuligni ist nämlich kein gewöhnlicher, sondern ein außergewöhnlicher Wein.
Ich habe den 2004er vor zwei Jahren in Montalcino probiert, als er gerade freigegeben war. Auf meinem Probenzettel fand ich den Satz: „Kraftvoll, körperreich, doch leichtfüssig und fast von burgunderhafter Eleganz.“ Kein „Blockbuster“, keine „Bombe“, sondern ein eher traditioneller Brunello im besten Sinne des Wortes. Ein bisschen wie die Musik von Brahms, sagen Leute, die sich in diesem Fach besser auskennen als ich. Sie meinen wahrscheinlich: vielstimmig, aber nicht zu laut.
Deutsche Kritiker haben den Wein noch nicht richtig entdeckt
Im Raster italienischer und amerikanischer Weinjournalisten ist der Fuligi-Brunello längst hängengeblieben. Für einen großen Teil der internationalen Verkoster gehört er zu den Top 10 des Anbaugbiets. Wenn in Deutschland über Brunello diskutiert wird, taucht der Name Fuligni dagegen nur selten auf. Die Kenntnis von den Weinen dieses Anbaugebiets ist bei deutschen Weinjournalisten noch unterentwickelt. Sie klammern sich sicherheitshalber an bekannte Namen. Deutsche Weinhändler haben Fuligni trotzdem entdeckt. So ist der Wein in Deutschland relativ gut vertreten. Und wie das Beispiel des schleswig-holsteinischen Politikers von B. zeigt, scheinen auch private Weinliebhaber schnell zu merken, dass sie hier einen nicht alltäglichen Brunello vor sich haben.
Das Weingut, das ihn erzeugt, gehört zu stillen Erzeugern von Montalcino. Eredi Fuligni heißt es, was wörtlich bedeutet: die Erben von Fuligni. Es gehört den Nachkommen einer aus Venedig stammenden Familie, die seit gut hundert Jahren in Montalcino ansässig ist. Derzeitige Besitzerin ist Maria Floria Fuligni, eine ältere Dame und promovierte Literaturwissenschaftlerin, die in einem kleinen Palazzo aus Medici-Zeit mitten im mittelalterlichen Städtchen Montalcino lebt.
Für den Wein ist ein Jura-Professor zuständig
Das Weingut selbst befindet sich draußen vor der Stadt. Verantwortlich für den Wein ist ihr Neffe und Mitbesitzer Roberto Guerrini Fuligni. Ein Endvierziger, Professor für Strafrecht an der Universität Siena, Musikliebhaber, begeisterter Klavierspieler, Organisator von Konzerten klassischer Musik in seinem Weingut und in anderen Gütern der Gegend, zu denen unter anderem Musiker der Berliner Philharmoniker aufspielen.
Guerrini hat klare Vorstellungen von einem Brunello, die er konsequent, aber geräuschlos umsetzt. Im Weinberg hat er den Sangiovese-Klon R 23 gepflanzt, der kleine, lockerbeerige Trauben mit dicker Schale liefert. Zur Kellerarbeit kann er nur soviel sagen, dass sein Brunello in mittelgroßen 20-Hektoliter-Fässern ausgebaut wird. Andererseits ist Guerrini nicht vom Ehrgeiz zerfressen, den besten Wein von Montalcino zu produzieren – im Gegensatz zu manchem seiner ortsansässigen Kollegen.
Der Fuligni Brunello des Jahrgangs 2006, der augenblicklich auf dem Markt ist, übersteigt den 2004er noch. Er ist von der gleichen Eleganz und Klarheit, aber etwas kräftiger. „Einer der Stars des Jahrgangs“, schreibt Antonio Galloni, Parkers Italien-Verkoster. James Suckling schwärmt: „Komplex und subtil zugleich“. Beide geben dem Wein 96 Punkte – das entspricht optisch dem Niveau des 2010 Margaux.
Berühmte Brunello Riserva
Der eigentliche Top-Wein von Fuligni aber ist die Riserva. Sie gehört immer, wenn sie erzeugt wird, zu den absoluten Spitzen von Montalcino. Die 1997er Riserva war das Beste, was ich (und viele andere) in jenem Jahr in dieser Kategorie in Montalcino getrunken haben. Die 2001er Riserva ist zumindest der größte je erzeugte Brunello dieses Gutes. In Deutschland ist er sogar noch auf dem Markt (www.cluesserath.de). Die 2004er Riserva zu probieren, war mir bisher noch nicht vergönnt. Die 2006er, die noch nicht auf der Flasche ist, soll wieder kolossal sein.
Übrigens: Der Preis des Fuligni-Brunello ist nicht protzig. Mit knapp 40 Euro liegt er eher im unteren im Mittelfeld. Der Tagesgreenfee eines Sylter Golfclubs ist im Sommer doppelt so hoch.
Bezug: www.weinpalais.de, www.superiore.de, www.50second-finish.de,
www.vinothek-bogenhausen.de, www.cluesserath.de (ältere Jahrgänge)