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Chianti Classico im Test: Riserva 2013 und Gran Selezione

Wenn man zehn Weinproduzenten fragen würde, wie die Jahrgänge 2012 und 2013 im Chianti Classico einzuschätzen sind, würde man vermutlich zehn Antworten erhalten. Die Verschiedenheit der Urteile ist nicht etwa Ausdruck der etwas volatilen italienischen Mentalität, sondern den wenig homogenen Verhältnissen im Chianti Classico geschuldet.

Zu den Spitzenjahrgängen werden 2012 und 2013 nicht gehören

Das gilt vor allem für den Jahrgang 2012. Ein Top-Weingut wie Castello di Ama hat überhaupt keinen Wein abgefüllt. Das gar nicht weit entfernt liegende Weingut Barone Ricasoli – ebenfalls ein Spitzenerzeuger – hat dagegen sehr gute Weine auf die Flasche gebracht. Wie das möglich ist? Das Chianti Classico ist nun einmal kein einheitliches Anbaugebiet. Die Unterschiede zwischen Norden und Süden sind enorm, die Höhen variieren ebenfalls beträchtlich. Auch Fontodi in Panzano hat fantastische Weine gemacht. Montevertine im benachbarten Radda konnte dagegen nur 35 Prozent der normalen Menge seines Spitzenweins Le Pergole Torte abfüllen (der übrigens kein Chianti Classico ist) und der nicht zu den Spitzen zählen wird. Verrückt.

In der Gesamtbetrachtung kann man sagen, dass 2012 ein mittlerer Jahrgang ist, der nicht an den Spitzenjahrgang 2010 herankommt. Der Regen, der rechtzeitig zur Lese einsetzte, hat die Reben im ungünstigsten Zeitpunkt getroffen. Trotzdem gibt es in 2012 Weine, denen man nichts von den Widrigkeiten anmerkt, wodurch der Satz „Es gibt keine schlechten Jahrgänge, es gibt nur schlechte Winzer“ eine Bestätigung erfährt.

Kühler Jahrgang 2013

Etwas anders war die Lage in 2013. Der Jahrgang gilt auch in der Toskana als eher kühl, was aber angesichts der südlichen Lage des Anbaugebiets kein Nachteil sein muss – schon gar nicht, wenn man an die vielen fetten, bisweilen plumpen Weine des Vorjahres 2011 denkt. Die 2013er Chianti Classico sind schlanker und mit einer schönen Säure ausgestattet, die ihnen durchaus Glanz und Eleganz verleiht. Insgesamt sind sie sehr viel homogener als die 2012er. Wirklich große Weine sind allerdings selten darunter.

Die einfachen 2013er Annata-Weine (d.h. junger Chianti Classico, der bereits nach einem Jahr freigegeben wird) habe ich bereits im Juni auf weinkenner.de besprochen. Jetzt folgen die Riserva-Weine und die Gran Selezione dieses Jahrgangs, soweit sie im Februar 2016, dem Zeitpunkt meiner Verkostungen, bereits auf dem Markt waren. Zugegeben, es war nur eine kleine Vorhut, die sich traute. Wichtige Produzenten wie Felsina, Fontodi, Badia a Coltibuono, Poggio Scalette, Rocca di Montegrossi, Brancaia, Capannelle, Castello di Volpaia (mit seinem Coltassala), Vecchie Terre di Montefili, Nittardi, Querciabella fehlten noch. Einige sind inzwischen da, andere werden erst nächstes Jahr kommen.

Die Gran Selezione pendelt sich zwischen 30 und 40 Euro ein

Auch von der 2013er Gran Selezione  waren im Frühjahr erst wenige Exemplare auf dem Markt. Die wenigen aber machten deutlich, dass die Kühle nicht verhindert hat, dass große, ja majestätische Sangiovese-Weine entstanden sind.  Und weil wir gerade bei der Gran Selezione sind: Ich habe auch die Nachzügler von 2012 probieren können. Auch da gibt es beeindruckende Weine, wobei sich der Preis derzeit zwischen 30 und 40 Euro einpendelt – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Ich bin gespannt, ob diese Chianti Classico auf dem Markt Erfolg haben werden. Viele Gran Selezione-Weine entsprechen der bisherigen Riserva. Beispiel Poggio al Sole. Die Riserva Casasilia ist jetzt Gran Selezione. Der Wein ist der gleiche, der Preis ungefähr auch.

Ein Produzent nutzt übrigens die Kategorie ziemlich schamlos aus: Ruffino. Wie dieser Erzeuger 380.000 Flaschen eines Weins abfüllen kann, der eine Lagenprägung haben soll, bleibt rätselhaft. Ich habe Ruffinos Gran Selezione nicht probiert, weil das traditionsreiche, inzwischen aber an einen amerikanischen Investor verkaufte Haus erst mit dem 2011er auf dem Markt ist. Immerhin muss seine Gran Selezione die strenge Prüfungskommission überzeugt haben.

Chianti Classico Riserva 2013


Weingut Wein Beschreibung Punkte
Castellare di Castellina Riserva Fantastischer Duft mit unzähligen Facetten, am Gaumen herrlich fruchtig mit frechem Tannin und Johannisbeer-Gelee, sehr gut gebaut. 92
Panzanello Riserva Breit angelegter, packender Wein, klar gegliedert mit strahlender Frucht, zarte Säure, gut verschmolzenes Tannin: beeindruckend (mit 5% Cabernet Sauvignon). 92
San Giusto a Rentennano Riserva Le Baròncole Reicher, stark strukturierter Wein mit viel dunkler Frucht und feiner Würze: große Riserva mit riesigem Potenzial, wenngleich nicht der eleganteste Wein (Fassprobe). 91
Fattoria Poggerino Riserva Bugialla Gestochen klares Aromenprofil, ausdrucksvolle Frucht, packende Säure, zwar noch etwas pelzig, aber viel Spannung. 91
Principe Corsini Riserva Cortevecchia Toller Wein: zartdurftig, vielschichtig, elegant, spannungsgeladen – wird mal ein ganz großer. 91
Vignamaggio Riserva Gherardino Eleganter, geschliffener Wein mit glasklarer Frucht, reife Beere, guter Spannungsbogen, elegant statt wuchtig. 91
Castagnoli Riserva Terrazze Klar gegliedert, gut strukturiert, aromentief mit konzentriertem Kern und feinen Unterholz- und Johannisbeernoten, eher hell in der Farbe. 90
Castello di Volpaia Riserva Hell in der Farbe, aber gut strukturiert und durchaus vielschichtig, delikate Frucht, sehr feines Tannin (mit 10% Merlot). 90
Rocca delle Macie Riserva Famiglia Zingarelli Tief, vielschichtig, differenziert mit reifer Frucht und viel gesundem Tannin – angesichts von 350.000 Flaschen eine erstaunlich gute Qualität. 90
Santo Stefano Riserva Drugo Opulent, vollmundig mit sehr reifer, fast schon malziger Frucht, leider relativ weit entwickelt. 90
Villa Cerna Riserva Sauberer, gut gebauter Wein, mittlerer Körper, nicht der schwerste, aber einer der eleganteren Weine: schon antrinkbar. 90
Marchesi Antinori Riserva Villa Antinori Klassischer middle palate-Wein: sauber, klar, eindeutig mit reifer, beeriger Frucht und seidigem Tannin; die einfachste Riserva Antinoris (mit 10% Cabernet), produziert in einer Stückzahl von mehr als 520.000. Respekt! 89
Cecchi Riserva della Famiglia Kompakter, mächtiger Wein mit feinem Veilchen-Parfum, spürbare Säure: muskulös. 89
Fattoria di Corsignano Riserva L’Imperatore Etwas knochig und weniger fruchtig als balsamisch: gut gemachter, traditioneller Wein, kompromisslos hart, aber mit Zukunft. 89
Monte Bernardi Riserva Breit angelegter Wein mit satter, reifer Frucht und zarter Würzkomponente, allerdings etwas sehr moderate Säure: für einen großen Wein zu wenig Spannung. 89
Monteraponi Riserva Il Campitello Mittelgewichtiger Wein mit feinem Bouquet von Veilchen und Sauerkirsche, leicht neuholzlastig, schon antrinkbar. 89
Orsumella Riserva Corte Rinieri Kraftvoll, gut strukturiert, vermutlich gutes Reifepotenzial, allerdings etwas bieder. 89
Pomona Riserva Villa Pomona Feiner Duft, zarte Frucht, geschliffenes Tannin: tadelloser Wein, für eine Riserva jedoch etwas schmal geraten. 89
Torcibrencoli Riserva Maria Gioconda Tief beerenfruchtig, dunkle Früchte, gut strukturiert, packende Säure: exzellent! 89
Fattoria le Fonti Riserva Opulenter, sehr runder Wein mit schmelziger Frucht und bester Substanz, noch völlig vom Neuholz maskiert (Fassprobe). 88
Le Miccine Riserva Etwas einfach geratener Wein, viel Struktur, aber wenig Feinheit: brav (Fassprobe). 88
Luiano Riserva Wenig ausdruckvoll in der Frucht, herausstehende Säure, stark holzbetont: ambivalenter Wein, nicht ganz auf den Punkt gebracht. 88
Castello Monterinaldi Riserva Diffuser, richtungsloser Wein mit vielen rustikalen Noten und bitterem Tannin, unelegant. 87
Dievole Riserva Novecento Auf den ersten Schluck ein üppiger Wein, doch unbalanciert und aufgepeppt wirkend, letztlich bieder: auch nach dem Verkauf des Weinguts an einen argentinischen Investor keine Besserung in Sicht. 87
Val delle Corti Riserva Gute, aber völlig unspektakuläre Qualität, wenig aufregend, ein bisschen simpel. 87
Castello di Gabbiano Riserva Flau, undifferenziert, ohne Spannung, glanzlose Routine: enttäuschend. 86

Chianti Classico Gran Selezione 2013


Weingut Wein Beschreibung Punkte
Barone Ricasoli Gran Sel. Colledilà Spitzenlage von Brolio mit einem ungeheuer dichten, aber nicht übermäßig dunklem Wein, neben Beeren auch viel Pfeffer und Wild in der Nase, seidige Tannine: elegant. 94
Castello di Ama San Lorenzo Selten feiner Sangiovese-Wein, kraftvoll und elegant zugleich, homogen, aus einem Guss: allerdings noch völlig verschlossen. 93
Poggio al Sole Casasilia Kräftiger, aber nicht auf Schwere getrimmter Wein, feingliedrig im Inneren mit pfeffrig-teeriger Note, gut verschmolzenes Tannin. 92
Villa Calcinaia Gran Sel. Vigna Contessa Luisa Wuchtig, opulent, muskulös, große Tiefe: genial. 92
Banfi Fonte alla Selva Makellos, glatt, dicht gewoben mit viel Struktur und reifer Beere, gut gelungen: ein Wein wie ein Samtteppich. 91
San Fabiano Calcinaia Cellole Großer, vielschichtiger Wein mit dunkler Beerenfrucht, Wacholder, Lobeer, Pinienzapfen, Tabak: vielleicht etwas zu massig im Tannin. 91
Villa Calcinaia Gran Sel. Vigna La Fornace Straff gewirkt, transparente Frucht, herzhafte Säure, sehr feines Tannin, riesige Struktur: gute Zukunftsprognose. 91
Rocca delle Macie Gran Sel. Riserva di Fizzano Stämmiger, äusserst kraftvoller Wein von großer Aromentiefe, gleichzeitig aber gut ausbalanciert und deshalb leicht zu trinken. Nur der Name irritiert: wenn Gran Selzione, dann nicht Riserva. Oder? 91
Tenuta La Cappellina Gran Sel. Harmonischer, gut gereifter Wein, bestens fundiert, schöne Säure, Riserva-Qualität. 90
Villa Calcinaia Gran Sel. Vigna Bastignano Kraftvoll auch dieser Lagenwein, doch reifer und süßer als die Lage Fornace, weniger packend. 90

Chianti Classico Gan Selezione 2012


Weingut Wein Beschreibung Punkte
Barone Ricasoli Gran Sel. Castello di Brolio Schwerelose Eleganz, perfekte Balance, großer Wurf (je 5% Cabernet Sauvignond Petit Verdot). 93
Fontodi Gran Sel. Vigna del Sorbo Extrem homogener, bis in die Fasern durchgearbeiteter Wein, erstmals zu 100% aus Sangiovese. 93
Castello di Fonterutoli Gran Sel. Grosser, majestätischer Wein, hochelegant und jeder Hinsicht geschliffen. 92
Castello di Querceto Gran Sel. Il Picchio Sehr dunkler, extrem dichter Wein mitteifgründiger Frucht und feinen Eukalyptus-Würznoten,: weicher, etwas “exotischer” Typ. 92
Castello di Verrazzano Gran Sel. Sassello Vigneto Querciolina Wilder, dramatischer Wein mit Konzentration und Mineralität, am Ende auf den Punkt gebracht. 92
Principe Corsini Gran Sel. Villa Le Corti “Don Tommaso” Nicht der übliche Blockbuster, sondern ein fein ziselierter Wein mit geschliffenem Tanin: sehr erfreulich. 91
Fattoria di Corsignano Gran Sel. L’Imperatrice Sehr dichter Wein mit schönen,vielschichtiger Frucht, feinkörniges Tannin, gehobene Riserva. 90
Il Palagio di Piccini Gran Sel. Monia Gut gebaut und gut strukturiert, aber schon fortgeschrittene Reife. 89
Luiano Gran Sel. Ottantuno Durchaus tiefgründig mit wilder Beerenfrucht und kräftigem Tanin, nicht perfekt balanciert. 89
Villa a Sesta Gran Sel. Sorleone Viel dunkle Früchte und wilde Würzkräuter, homogen, nicht überladen, aber auch keine Outperformer. 89
Castellinuzza di Cinuzzi Gran Sel. Qualitativ ohne Fehl und Tadel, aber stilistisch sehr einfach: eine gute Riserva. 88
Castello Vicchiomaggio Gran Sel. La Prima Solide Riserva, ohne Fehl und Tadel, sehr brav, keine echte Gran Selezione. 88
La Madonnina Gran Sel. Kräftig strukturiert, insbesamt aber viel zu eindimensional. 88
Querceto di Castellina Gran Sel. Sei Gute Substanz, aber auch (zu) viel Holz und 10% Merlot. 88
Casale dello Sparviero Gran Sel. Vigna Paronza Wein mit sehr eleganter Textur, aber bereits leicht schwächelnd: jetzt trinken. 87
Castello d’Albola Gran Sel. Il Solatio Blasse Gran Selezione, müde, ausdrucklose Frucht, wenig Rückgrat: deprimierend. 87
Lornano Gran Sel. Bessere Annata-Qualität. 86
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