Grenzziehungen verlaufen im Weinbau nicht von ungefähr dort, wo sie verlaufen: Boden und Mikroklima ändern sich vielerorts von einem Meter zum nächsten. Das gilt selbst in großräumigen Gebieten wie Bordeaux. Man muss also vorsichtig sein mit Lobpreisungen der Art, dass ein Wein in der Nachbarschaft zu einem Kult-Château gewachsen sei und demzufolge höchste Weinqualität garantiere. Dennoch kann eine hochrangige Nachbarschaft ein sogenanntes „kleines“ Château aufwerten. So, wie es bei Château Bernadotte der Fall ist, das nur wenige hundert Meter außerhalb der AOC-Grenzen Pauillacs liegt. „From the hinterland of Pauillac“ preisen englische Journalisten den Wein mit Bezug auf seine Nähe zu der berühmteren Nachbar-Appellation an.
Von Pichon Lalande auf Vordermann gebracht
Der Wein von Château Bernadotte wird mit einem relativ hohen Merlot-Anteil gekeltert – ähnlich wie Pichon Lalande. Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc tragen in den meisten Jahren zwischen 40 und 50 Prozent zur Cuvée bei. Trotz des leichten Merlot-Übergewichts ist Bernadotte jedoch kein auf Frühreife getrimmter, milder Wein. In der Jugend zeigt er sich mit einer gesunden Stoffigkeit, die ihn für eine mittlere Reifedauer von rund zehn, zwölf Jahren prädestiniert. Und auch der Preis bewegt sich im Bordelaiser Mittelfeld: Um die 15 Euro muss man pro Flasche investieren. Dafür bekommt man zwar keinen echten Pauillac – aber einen grundsoliden Bordeaux. Und einen Wein, auf den durchaus der Glanz seiner guten Nachbarschaft abstrahlt.