Wer dieser Tage in Bordeaux weilt, sollte einen Abstecher zum Château Angelus machen. Hubert de Boüard lädt Besucher während der Lese zu Besichtigung und light lunch ein. Der Besitzer und Regisseur dieses hoch gefragten Grand Cru Classé B in St. Emilion möchte zeigen, wie aufwendig Top-Châteaux heute bei Lese und Vinifikation vorgehen. Charmeoffensive oder der Versuch, die hohen Preise zu rechtfertigen? Von Ulrich Sautter
Auch einen neuen Entrapper hat man sich geleistet. Er holt die Beeren sanft vom Stielgerüst, so dass diese als Ganze in die Drehtrommel fallen. Dort werden sie, anders als bei herkömmlichen Modellen, nicht von den scharfen Perforationskanten aufgeschlitzt, sondern bleiben größtenteils unversehrt, so dass die Maische am Ende weitgehend aus intakten Beeren besteht. Durch diese Maßnahmen gelangen nur die feinsten, reifsten, „süßesten“ Gerbstoffe in den Wein.
Ein Teil der Trauben wird sogar von Hand abgebeert. Der Aufwand für diese low-tech-Maßnahme – bekannt beispielsweise vom Rioja-Weingut Roda und dessen Kultwein Cirsion – ist beträchtlich: Um vier oder fünf Gärbehältnisse zu füllen, setzt Angelus rund 150 Helfer ein.
Ob diese Einschätzung Bestand hat, wird sich nächsten April bei den Primeur-Verkostungen zeigen. Wer sich schon jetzt ein Bild vor Ort machen möchte, ist eingeladen, auf Chateau Angelus vorbeizusehen. „Besuchen Sie uns“, fordert Hubert de Boüard, der Besitzer und Regisseur des Chateau, alle Angelus-Liebhaber auf. Er schätze sich glücklich, Interessierte „zu einem einfachen lunch willkommen zu heißen“.
Bravo! In der Preiskategorie von Angelus sollte eine Mahlzeit schon mal drin sein.