Château Angelus: Charme- und High Tech-Offensive in St. Emilion

Chateau Angelus
Wer dieser Tage in Bordeaux weilt, sollte einen Abstecher zum Château Angelus machen. Hubert de Boüard lädt Besucher während der Lese zu Besichtigung und light lunch ein. Der Besitzer und Regisseur dieses hoch gefragten Grand Cru Classé B in St. Emilion möchte zeigen, wie aufwendig Top-Chateaux heute bei Lese und Vinifikation vorgehen. Charmeoffensive oder der Versuch, die hohen Preise zu rechtfertigen? Von Ulrich Sautter

Wer die­ser Tage in Bor­deaux weilt, soll­te einen Abste­cher zum Châ­teau Ange­lus machen. Hubert de Boü­ard lädt Besu­cher wäh­rend der Lese zu Besich­ti­gung und light lunch ein. Der Besit­zer und Regis­seur die­ses hoch gefrag­ten Grand Cru Clas­sé B in St. Emi­li­on möch­te zei­gen, wie auf­wen­dig Top-Châteaux heu­te bei Lese und Vini­fi­ka­ti­on vor­ge­hen. Charme­of­fen­si­ve oder der Ver­such, die hohen Prei­se zu recht­fer­ti­gen? Von Ulrich Sautter

Chateau Angelus - Logo auf WeinglasIn Bor­deaux neigt sich die Lese schon dem Ende zu. Cha­teau Ange­lus, das bekann­te Grand Cru Clas­sé „B“ aus St-Émilion, begann bereits am 28. Sep­tem­ber, sei­ne Trau­ben ein­zu­sam­meln. 50 Pro­zent Mer­lot, 47 Pro­zent Caber­net franc, 3 Pro­zent Caber­net Sau­vi­gnon – so lau­tet der Reben­spie­gel die­ses in den letz­ten Jah­ren steil auf­ge­stie­ge­nen Cha­teau. Der Angelus-Wein ist wegen sei­ner Opu­lenz und Süße am Markt sehr gefragt. Dem 2009er hat­te Par­ker mit 96-100 Punk­ten eine Bewer­tung gege­ben, die deut­lich höher lag als die von Cha­teau Aus­o­ne, einem Grand Cru Clas­sé „A“. Der en primeur-Preis lag 2009 bei rund 250 Euro.

Hubert de BoüardDer Erfolg hat Ange­lus Flü­gel ver­lie­hen. Pünkt­lich zur Lese 2010 hat das Cha­teau tech­nisch auf­ge­rüs­tet. So wird erst­mals eine optisch gesteu­er­te Sor­tier­ma­schi­ne ein­ge­setzt, die per Infrarot-Scan sowohl fau­le als auch nicht ganz rei­fe Trau­ben erkennt und aussortiert.

Auch einen neu­en Ent­rap­per hat man sich geleis­tet. Er holt die Bee­ren sanft vom Stiel­ge­rüst, so dass die­se als Gan­ze in die Dreh­trom­mel fal­len. Dort wer­den sie, anders als bei her­kömm­li­chen Model­len, nicht von den schar­fen Per­fo­ra­ti­ons­kan­ten auf­ge­schlitzt, son­dern blei­ben größ­ten­teils unver­sehrt, so dass die Mai­sche am Ende weit­ge­hend aus  intak­ten Bee­ren besteht. Durch die­se Maß­nah­men gelan­gen nur die feins­ten, reifs­ten, “süßes­ten” Gerb­stof­fe in den Wein.

Ein Teil der Trau­ben wird sogar von Hand abge­beert. Der Auf­wand für die­se low-tech-Maßnahme – bekannt bei­spiels­wei­se vom Rioja-Weingut Roda und des­sen Kult­wein Cir­si­on – ist beträcht­lich: Um vier oder fünf Gär­be­hält­nis­se zu fül­len, setzt Ange­lus rund 150 Hel­fer ein.

2005 Angelus Premier Grand Cru ClasséDie Charme-Offensive kommt zu einem Zeit­punkt, da die Mei­nun­gen über die Qua­li­tät des Jahr­gangs 2010 weit aus­ein­an­der­ge­hen. Die Vege­ta­ti­ons­pe­ri­ode war von star­ker Tro­cken­heit geprägt, wobei aller­dings die Tem­pe­ra­tu­ren mode­ra­ter aus­fie­len als im Jahr 2003. Anfang Sep­tem­ber brach­ten eini­ge Regen­güs­se Bewe­gung in die Kom­men­ta­re rund um den neu­en Jahr­gang: Pas­send zum all­jähr­li­chen ritu­el­len Lob­ge­sang war zu hören, der Regen sei „genau zur rech­ten Zeit“ gekom­men. Jeden­falls gäbe der Jahr­gang 2010 zu „größ­ten Hoff­nun­gen“ Anlass. Viel­leicht fal­le er ähn­lich gut aus wie die Jahr­gän­ge 2005 oder 2009.

Ob die­se Ein­schät­zung Bestand hat, wird sich nächs­ten April bei den Primeur-Verkostungen zei­gen. Wer sich schon jetzt ein Bild vor Ort machen möch­te, ist ein­ge­la­den, auf Cha­teau Ange­lus vor­bei­zu­se­hen. “Besu­chen Sie uns”, for­dert Hubert de Boü­ard, der Besit­zer und Regis­seur des Cha­teau, alle Angelus-Liebhaber auf. Er schät­ze sich glück­lich, Inter­es­sier­te „zu einem ein­fa­chen lunch will­kom­men zu heißen”.

Bra­vo! In der Preis­ka­te­go­rie von Ange­lus soll­te eine Mahl­zeit schon mal drin sein.

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