Früher pflanzten die Winzer Chardonnay und dachten, es sei Weißburgunder. Der gezielte Anbau von Chardonnay erfolgte erst 1978 auf Rat von Mondavi auf der Rheininsel Mariannenaue – illegal. Erst jetzt gibt es den Wein so, wie ihn sich der Amerikaner gewünscht hatte.
Was wenige wissen: Die ersten, bewusst als Chardonnay angebauten Reben standen auf der Rheininsel Mariannenaue. Der amerikanische Weinpionier Robert Mondavi, genannt Bob, hatte 1977 das Schloss Reinhartshausen in Erbach besucht, das damals noch allein dem Prinzen Nikolaus Friedrich von Preußen gehörte. Die Reinhartshausen gegenüber gelagerte Insel ist Teil des Schlossbesitzes. Mondavi äußerte den Wunsch, nach Mariannenaue überzusetzen und erkannte sofort, dass die Burgunderreben, speziell die Chardonny, dort aufgrund des Wärmflascheneffekts des Rheins und der hohen Lichtintensität gute Wuchsbedingungen vorfinden würde.
Die ersten Pflanzungen waren illegal
Auf Geheiß von Karl-Heinz Zerbe, des damaligen Gutsdirektors (1976-1994), wurden ein Jahr später die ersten Reben gepflanzt. Allerdings war die Pflanzung damals illegal. Chardonnay gehörte nicht zu den in Deutschland „empfohlenen“ Rebsorten. Als Ampelographen der Forschungsanstalt Geisenheim dies bemerkten, wurde die Chardonnay-Anlage eilig zum „Versuchsweinberg“ umdeklariert. Damit war die Anpflanzung legalisiert. Offiziell zugelassen wurde die Sorte Chardonnay in Deutschland erst 1991.
Ein ganz unkalifornischer Chardonnay
Der Schloss Reinhartshauser Chardonnay von der Insel wurde allerdings nie reinsortig gekeltert, sondern mit der ebenfalls auf Mariannenaue angebauten Sorte Weißburgunder verschnitten und als einfacher Qualitätswein auf den Markt gebracht. Bis heute ist der klassische Inselwein ein Weißburgunder-Chardonnay-Verschnitt.
Erst nach dem Verkauf des Schlosses an die Gebrüder Lergenmüller wurde eine kleine Menge Chardonnay 2013 reinsortig gekeltert und abgefüllt. Er wurde, ganz im kalifornischen Stil, in 500-Liter-Tonneaux vergoren und lag danach ein Jahr auf der Vollhefe. Abgefüllt wird der Wein ausschließlich in Magnum- und Doppelmagnumflaschen.
Herausgekommen ist ein allerdings ganz unkalifornischer Wein: eher geschmeidig als füllig mit mehr Zitrus- als Ananasnoten in der Nase (wohl bedingt durch den kühlen, nassen Jahrgang), einer lebhaften Säure, viel Hefe, leicht cremig, derzeit noch stark vom Holz geprägt. „Thanks Bob-Chardonnay“ heißt er auf dem Gut.
Früher kein Unterschied zwischen Chardonnay und Weißburgunder
Tatsächlich existierten schon vor 1977 Chardonnay-Reben in Deutschland. Allerdings nicht viele. Vor allem glaubten die Winzer, es seien Weißburgunder-Stöcke, die in ihren Weinbergen standen. Die Rebschulen unterschieden zu diesem Zeitpunkt nicht zwischen Chardonnay und Weißburgunder. Die Wissenschaft war nämlich der festen Überzeugung, dass es ein und dieselbe Rebsorte sei, die hinter den beiden Namen steckt. Erst in den 1970er Jahren sickerte langsam die Erkenntnis durch, dass es sich um zwei verschiedene Sorten handelt.
Die ältesten Chardonnay-Stöcke stehen in Baden
Die ältesten Chardonnay-Stöcke Deutschlands finden sich, soweit bekannt, auf dem Weingut Bernhard Huber im badischen Malterdingen. Sie wurden 1959 vom Großvater des heutigen Inhabers Julian Huber gepflanzt. Der war noch der festen Überzeugung, dass er Weißen Burgunder gepflanzt habe. Als solchen lieferte er ihn auch jahrzehntelang brav bei der Genossenschaft ab. Erst wesentlich später erkannten die Hubers, dass sie Chardonnay im Weingarten hatten. Heute kommt von diesen alten Stöcken ein toller, mineralisch-eleganter Wein, der ebenfalls im kleinen Holzfass ausgebaut wird und den Status eines Großen Gewächses hat.
Das Weingut Pfleger in der Pfalz nutzte die Verwirrung um die Sorte und pflanzte 1988 Chardonnay – möglicherweise schon im vollen Bewusstsein, dass die Sorte kein Weißburgunder ist. Auf jeden Fall war Pfleger einer der allerersten in Deutschland, die den Wein in Barriques ausbauten. Knipser in Laumersheim wartete mit dem Anbau bis 1994. Ab dann waren die französischen Qualitätsklone in Deutschland erhältlich und zugelassen. Heute sind 1.100 Hektar in ganz Deutschland mit Chardonnay bestockt.
Der Wein
2013 Chardonnay Thanks Bob! | Insel Mariannenaue, Schloss Reinhartshausen
Florales Bouquet mit feinen Zitrus- und Ananasnoten, viel frischer Hefe, dazu röstig-vanillig und leicht cremig, am Gaumen geschmeidig mit hoher, aber gut eingebundener, Säure, ganz auf Langlebigkeit angelegt, aber derzeit noch deutlich vom Neuholz geprägt.
Bewertung: 89 Punkte
Preis: 35 Euro Magnum (77 Euro Doppelmagnum)
Bezug: www.schloss-reinhartshausen.com