Empfohlen hat sich die junge Önologin bei Veuve Clicquot Ponsardin, wo sie bis zur Nummer 2 im Winemaker-Team aufgerückt war. Seit Januar 2011 ist Floriane Eznack nun Chef de Cave bei Jacquart, das mit 3,6 Millionen Flaschen zwar nur einen Bruchteil der Menge von Veuve produziert, aber zu den aufstrebendsten Champagnerhäusern der letzten Jahre gehört. Als oberste Kellermeisterin trägt sie nun die Verantwortung für die Marke und muss das Haus nach außen repräsentieren.
Dass die zierliche, junge Frau unter dem Druck der neuen Aufgabe zusammenbrechen könnte, ist nicht zu erwarten. Nach viereinhalb Jahren im Weinmacher-Team von Veuve Clicquot ist sie genügend gestählt, um die neue Aufgabe zu schultern. Außerdem gehört sie mit ihren 32 Jahren zur jungen, nachrückenden Generation, die mit wacher Intelligenz und dünkellosem Auftreten auch in der Männerdomäne Champagner schnell punktet.
Beruf stand schon früh fest
Hinzu kommt bei Eznack der keineswegs leidenschaftslose Einsatz für die Sache Champagner. Schon als 16-Jährige hatte sie sich für Wein interessiert und gern an Gläsern und Flaschen, die in der Diplomatenfamilie, aus der sie stammt, stets in großer Zahl herumstanden, geschnuppert und genippt. Aufgewachsen in der warmen, hellen Charente (der Gegend um Cognac), stand ihr Berufswunsch schon früh fest: Weinmacher.
Nach dem Abitur studierte sie Biochemie in Paris. Anschließend erwarb sie an der Universität Reims ihren Master in Önologie. Fachlich ist sie auf Augenhöhe mit den Besten ihrer männlichen Kollegen. Dazu kommt die typisch weibliche Sprachbegabung. Neben Spanisch und Deutsch spricht sie, nachdem sie mit ihren Eltern fünf Jahre lang in London gelebt hat, akzentfrei Englisch. An Selbstbewusstsein fehlt es ihr mithin nicht. Trotzdem weiß sie genau, dass ein Chef de Cave nur im Team stark ist. Und da zählt nicht das Geschlecht: „Die Kunst des Verkostens basiert zu 90 Prozent auf Fleiß, Erfahrung und Motivation“, ist sie überzeugt. „Da hilft es nicht, Mann zu sein. Umgekehrt glaube ich aber auch nicht, dass Frauen automatisch die besseren Verkoster sind.“
Keine Machtkämpfe mit Männern
Jacquart befindet sich im Besitz der Groupe Alliance Champagne, einer gemeinsamen Tochter der drei großen regionalen Genossenschaften COVAMA, COGEVI und Union Auboise, die zusammen sieben Prozent der Rebfläche der Champagne kontrollieren. Das Winemaker-Team, mit dem sie zusammenarbeitet, besteht aus den Kellermeistern dieser drei Caves Cooperatives. „Unter uns gibt es keine Ränkespiele oder Machtkämpfe“, sagt sie. „Das Pensum, das wir zu bewältigen haben, und die Verantwortung für die Marke sind einfach zu groß.“
Seit die Groupe Alliance Champagne die Marke im Jahre 1998 erworben hat, hat Jacquart eine rasante Entwicklung durchgemacht. Inzwischen gehört das Haus, das im vornehmen Hôtel de Brimont am Boulevard Lundy in Reims beheimatet ist, zu den Top 10 der Champagne. In Deutschland liegt Jacquart inzwischen auf Platz 7 im Ranking der Champagnermarken, obwohl der Brut Mosaïque, sein Haupt-Champagner, nicht zu den Billigmarken gehört. Er steht zum „Kampfpreis“ von 20,50 Euro in den Regalen des Fachhandels (Jacquart Deutschland-Geschäftsführer Franz J. Walkucz).
Jacquart stark gewachsen in Deutschland
Im letzten Jahr ist Jacquart in Deutschland um 27 Prozent gewachsen, während die Verkaufszahlen der meisten Marken-Champagner rückläufig waren. Neben dem Brut Mosaïque gehört der Millésimé Blanc de Blancs, der ausschließlich aus Chardonnay gewonnene Jahrgangs-Champagner (39 Euro), zu den erfolgreichsten Weinen des Hauses.
Am Jacquart-Stil will und wird Eznack nichts ändern: Trauben großenteils von Premier- und Grand Cru-Lagen, nur Most der ersten Taille, Vergärung ausschließlich im Edelstahltank, mindestens dreijähriges Hefelager (auch für den Brut Mosaïque), dazu bis zu 30 Prozent Reserve-Weine für die Cuvées, vollständiger biologischer Säureabbau, aber kein Holz: „Champagne Jacquart – das ist wie ein groß dimensioniertes Haus, das transparent und luftig ist und in dem man sich spielerisch-leicht bewegen kann.“
Möglichkeiten der Optimierung nutzen
Diesen Stil möchte Eznack auf den Champagner übertragen, wobei sie durchaus Möglichkeiten der Optimierung sieht: „Besser werden können wir bei der Auswahl der Parzellen, von denen wir unsere Trauben für unsere Cuvées beziehen“, ist sie überzeugt. Ihre Hauptaufgabe sieht sie denn auch darin, möglichst viele der insgesamt 1800 Winzer, die den drei Genossenschaften angehören, kennenzulernen und Gespräche mit ihnen zu führen: „Jacquart ist groß genug, um auswählen zu können, aber immer noch so klein, dass das Haus einen charaktervollen Champagner erzeugen kann.“