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Bundestag: Deutschland darf seine Rebfläche ausweiten

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstagabend eine EU-Regelung umgesetzt und nach teils kontrovers geführter Debatte beschlossen, die Rebfläche in Deutschland um 0,3 Prozent pro Jahr wachsen zu lassen. Das entspricht einer Zunahme von etwa 350 Hektar. Vor allem Sachsen, Saale-Unstrut und die Ahr hatten sich für eine Erweiterung stark ins Zeug gelegt. In den kleinen Anbaugebieten ist der Landhunger besonders gross. Die Nachfrage dort ist hoch, die Preise, die die Weine am Markt erzielen, lohnen eine Investition.

„Wir haben junge Winzer, die gut verkaufen, die würden gerne mehr machen“, sagt Siegfried Boy, der Weinbaupräsident des Gebietes Saale-Unstrut. In Freyburg seien freie Parzellen „ratzfatz“ vergriffen. Dass sich das eher kleine Weinbaugebiet mit der Lockerung zu sehr ausdehnen könnte, befürchtet er nicht. „So viele Flächen bieten sich nicht an, ein großes Wachstum ist nicht in Sicht.“

Ähnlich argumentiert Hubert Pauly, der Weinbaupräsident von der Ahr. „Wir brauchen mehr Platz für unseren Wein.“ Allerdings solle die Fläche seiner Meinung nach nicht mehr als zehn Prozent insgesamt wachsen. „Wir wollen unser kleines Paradies als Paradies erhalten.“ Nur dann – so hofft er – könnten auch die Preise für Ahrweine gehalten werden.

Die Reform war lange umstritten, weil Kritiker bei einer Ausweitung fallende Preise befürchten. Im Bundestag wurde deshalb heftig gestritten. Die Bundesregierung hatte ursprünglich eine Ausweitung um 0,5 Prozent pro Jahr beschlossen. Die Weinbauverbände waren für 0,3 Prozent mehr, Rheinland-Pfalz wollte nur 0,1 Prozent. Sachsen hätte dagegen gern ein Wachstum von einem Prozent plus – so wie es die EU-Richtlinie vorsieht. Allerdings ist das die Maximalgrenze. Die Weinbauländer können darunter bleiben.

Seit den 1970er Jahren gilt in der EU ein Anbaustopp für Reben. Man will verhindern, dass Überschüsse produziert werden, die von der Gemeinschaft teuer entsorgt werden müssen. Viele Weinbaunationen konnten mit dem Anbaustopp bisher ganz gut leben. Denn Weingüter, die aufgeben, können ihre Rebflächen beziehungsweise die Pflanzrechte an andere Betriebe verkaufen. So war (und ist) trotz des Anbaustopps Wachstum möglich. Lediglich in kleinen Regionen mit dynamischer Entwicklung gab und gibt es Engpässe. Die sollen jetzt beseitigt werden.

Der Deutsche Weinbauverband wertete die Entscheidung des Bundestages jedenfalls positiv: „Wir begrüßen diesen Beschluss, da er unserer Empfehlung entspricht, vorsichtig in das neue System zu starten“, sagte Generalsekretär Rudolf Nickenig in Bonn der Deutschen Presse-Agentur. „Es gibt noch 3000 Hektar alte Pflanzrechte. Sie könnten in den nächsten Jahre zusätzlich in den Markt gebracht werden.“

Der Parlamentsbeschluss soll 2016 umgesetzt werden. Er muss allerdings noch vom Bundesrat gebilligt werden.

 

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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