Bruno Giacosa – Meister des Barolo und Barbaresco

Etikett 2004 Barolo DOCG Riserva - Bruno Giacosa
Wer wissen will, wie ein großer Barolo oder Barbaresco schmeckt, muss die Weine von Bruno Giacosa probiert haben. Sie sind sie nicht nur grandios, sondern leider auch rar und teuer. Vor wenigen Wochen fand in Köln eine Weinprobe mit jungen und älteren Jahrgängen des Meisters statt. Caro Maurer MW hat sie moderiert.

Man nennt ihn den “Klas­si­ker der Klas­si­ker”, dabei war Bru­no Gia­co­sa durch­aus auch ein Revo­luz­zer in sei­ner Hei­mat Pie­mont. Zuge­ge­be­ner­ma­ßen nicht in der alt­ver­trau­ten Debat­te, ob nun ein Bar­ri­que in einen Kel­ler von Baro­lo oder Bar­ba­res­co gehört oder nicht. Nach wie vor bleibt neu­es Holz bei der Azi­en­da Agri­co­la Fal­let­to di Bru­no Gia­co­sa drau­ßen, eben­so bei der Casa Vini­co­la Bru­no Gia­co­sa, bei der zuge­kauf­tes Trau­ben­gut ver­ar­bei­tet wird. Nur für den Bar­be­ra wird eine Aus­nah­me gemacht, aber die umfasst immer­hin 700 Liter statt der übli­chen 225. Aber ansons­ten hat sich auch der Klas­si­ker der Klas­si­ker längst der Zeit ange­passt – und ver­gärt tem­pe­ra­tur­kon­trol­liert in Edel­stahl­tanks mit moder­ner Remontage- und Rühr­tech­nik, so dass auch in einer ver­kürz­ten Mai­sche­zeit aus­rei­chend Tan­nin und Far­be aus den Scha­len aus­ge­laugt wird. Die alten Fäs­ser aus slo­we­ni­scher Eiche sind eben­falls längst aus­ran­giert und ersetzt durch gro­ße Fäs­ser (von 22 bis 110 Hek­to­li­ter) aus fran­zö­si­scher Eiche, die den Gerb­stoff sei­di­ger stim­men. Modern oder tra­di­tio­nell – die­se Dis­kre­pan­zen haben sich auf prak­ti­sche Art und Wei­se aufgelöst.

Aktu­ell dage­gen lodert der Streit um die Klas­si­fi­ka­ti­on der Lagen. Auf der einen Sei­te wie­der eine Grup­pe von Klas­si­kern, die über­zeugt ist, dass ein typi­scher Baro­lo oder Bar­ba­res­co am bes­ten als Blend ver­schie­de­ner Lagen ent­steht. Auf der ande­ren die Ter­ro­i­ris­ten, die glau­ben, dass eine Ein­zel­la­ge bei jedem Wein einen indi­vi­du­el­len Cha­rak­ter prägt. Dies­mal gehört Bru­no Gia­co­sa zu ihnen. 1967 war er einer der ers­ten, die Ein­zel­la­gen aus Baro­lo und Bar­ba­res­co abfüll­ten und deren Namen aufs Eti­kett schrie­ben. 1982 kauf­te er, der sich in der Regi­on aus­kennt wie kaum ein ande­rer, die Lage Fal­let­to in Baro­lo. Inzwi­schen gehö­ren ihm dort 14,5 Hekt­ar. 1996 kauf­te er eine ers­te Par­zel­le in der Lage Asi­li in Bar­ba­res­co, spä­ter eine Par­zel­le in der benach­bar­ten Lage Raba­jà (die­se Par­zel­le wur­de von den Behör­den kürz­lich der Lage Asi­li zuge­schla­gen und darf seit­dem nicht mehr unter dem Lagen­na­men Raba­jà abge­füllt wer­den). Ins­ge­samt ver­fügt Gia­co­sa nun über 4,5 Hekt­ar Eigen­be­sitz in Asili.

Von die­sen bei­den Lagen kom­men, wenn der Jahr­gang es zulässt, sei­ne berühm­ten Riser­ve mit dem kup­fer­ro­ten Eti­kett (der Baro­lo stammt immer aus dem Herz­stück die­ser Lage, die Le Roc­che heißt). Die­se Wein­mo­nu­men­te, die erst nach fünf Jah­ren frei­ge­ben wer­den (aber nor­ma­ler­wei­se nur drei Jah­re im Fass und zwei Jah­ren auf der Fla­sche rei­fen), gehö­ren zu den gesuch­tes­ten und teu­ers­ten Wei­nen ganz Italiens.

Bruno und Bruna Giacosa

Dane­ben hat Bru­no Gia­co­sa Wein­ber­ge in den Lagen San­to Ste­fa­no (in Nei­ve) und Croera (in La Mor­ra) gepach­tet. Die­se Bar­ba­res­co bezie­hungs­wei­se Baro­lo wer­den unter den ent­spre­chen­den Lagen­na­men mit dem klas­si­schen wei­ßen Eti­kett abge­füllt (unter dem auch der Bar­ba­res­co Asi­li und der Baro­lo Fal­let­to di Ser­ral­un­ga in den Jah­ren erschei­nen, die kei­ne Riser­va hergeben).

Für sei­ne ande­ren Rot­wei­ne wie Dol­cet­to, Bar­be­ra, Neb­bio­lo sowie die ein­fa­chen Baro­lo und Bar­ba­res­co wer­den die Trau­ben zuge­kauft. Glei­ches gilt auch für den wei­ßen Arn­eis und die fla­schen­ver­go­re­nen Schaum­wei­ne, die aus­schließ­lich aus Pinot Nero-Trauben aus dem Oltrepò Pave­se gewon­nen werden.

Bru­no Gia­co­sa hat nie viel Wor­te über sich gemacht. Er ließ stets sei­ne Wei­ne für sich spre­chen – und bevor­zug­te zu schwei­gen. Gebo­ren 1929, mach­te er mit 14 Jah­ren sei­nen ers­ten Jahr­gang. Es war der 1944er. Doch es war nicht nur sei­ne Ein­füh­lungs­ga­be im Kel­ler, die den Wei­nen unver­gleich­li­chen Cha­rak­ter, Struk­tur und Lang­le­big­keit ver­lieh. Was Bru­no Gia­co­sa vor allem zu einer Legen­de gemacht hat, sind sei­ne über­ra­gen­den Kennt­nis­se der Lagen in der Lang­he, die es ihm ermög­licht haben, nur die bes­ten Früch­te für das Fami­li­en­wein­gut aufzuspüren.

Den Weg der Trau­ben bis in die Fla­sche beglei­tet der 82Jährige auch heu­te noch wach­sam, fast genau fünf Jah­re, nach­dem er einen Schlag­an­fall erlit­ten hat. Die Geschäf­te führt seit vie­len Jah­ren schon sei­ne ältes­te Toch­ter Bru­na. Sie hütet das Erbe mit der glei­chen Pas­si­on wie ihr Vater. Bru­no Gia­co­sa selbst ver­kos­tet sei­ne Wei­ne nach wie vor regel­mä­ßig und erschien bis vor kur­zem noch täg­lich im Kel­ler – mit Geh­hil­fe, aber auf eige­nen Bei­nen. Im Kel­ler sor­gen der jun­ge, frisch von der Uni­ver­si­tät gekom­me­ne Öno­lo­ge Fran­ces­co Ver­sio und Gia­co­sas alt­ge­dien­ter Kel­ler­meis­ter Dan­te Sca­gli­o­ne, der jetzt bera­tend arbei­tet, für Kontinuität.

Am 19. Novem­ber 2011 fand im Ris­tor­an­te Alfre­do in Köln ein Din­ner statt, zu dem die Wei­ne Bru­no Gia­co­sas gereicht wur­den. Orga­ni­sa­tor war Nino Con­siglio, Gia­co­sas Impor­teur für Deutsch­land. Ins­ge­samt wur­den neun Wei­ne gereicht, davon je drei jun­ge und älte­re Jahr­gän­ge sei­ner Baro­lo und Barbaresco.

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