Start WineHappens Report „Klassischer“ Jahrgang 2021: Cheval Blanc und Figeac im Vergleich

„Klassischer“ Jahrgang 2021: Cheval Blanc und Figeac im Vergleich

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Nach den drei als „groß“ eingestuften Jahrgängen 2018, 2019, 2020 haben die Chateaux mit 2021 nun wieder einen „klassischen“ Jahrgang im Keller. Heißt: einen etwas schmaler gebauten, mehr auf der fruchtigen als auf der opulenten Seite befindlichen Jahrgang mit deutlich niedrigeren ph-Werten als in den Vorjahren. Sie liegen eher bei 3,5 als bei 3,7. Vor allem war 2021 ein komplizierter Jahrgang, der den Mannschaften alles abforderte.

Früher Austrieb, Spätfröste im April, Dauerregen im Mai und im Juni, der zu massivem Peronospora-Befall führte, Verrieselung der Gescheine während der Blüte. Immerhin folgte ein milder, nicht zu heisser Sommer. Doch der September, traditionell der entscheidende Monat für die Qualität, war abermals durch Niederschläge gekennzeichnet. Erst im Oktober setzte warmes Herbstwetter ein. 

Frédéric Faye

Die Mengeneinbußen liegen bei 20 Prozent

Die Mengeneinbussen durch Peronospora im Frühjahr liegen bei durchschnittlich 20 Prozent. Besonders gelitten hat die Merlot – und damit das rechte Ufer mit seinen prominenten Appellationen St. Emilion und Pomerol, in denen die Merlot den größten Anteil in den Weinbergen ausmacht. Aber auch die später reifenden Cabernet franc und Cabernet Sauvignon haben nicht die Reifegrade wie in den Vorjahren erreicht. Die Chateaux mit den besten Terroirs reklamieren für sich jedoch leichte, saubere Weine mit gesundem Tannin und niedrigen Alkoholgehalten, die ihren Angaben zufolge leicht zugänglich und gleichzeitig langlebig sind.

Pierre-Olivier Clouet

Der in Bordeaux lebende englische Journalist Andrew Black hat Anfang April mit den Verantwortlichen von zwei Chateaux aus St. Emilion gesprochen, die nebeneinander liegen, aber ganz unterschiedliche Weine machen und mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen hatten: Pierre-Olivier Clouet, dem Technischen Direktor von Cheval Blanc, und Frédéric Faye, der die gleiche Position bei Figeac innehat. 

Andrew Black Was hat den Jahrgang am meisten beeinflusst?
Pierre-Olivier Clouet  Die großen Regenmengen im Mai und Juni. Sie führten dazu, dass wir 20 Prozent unseres Merlot wegen Peronopora verloren haben. 

Andrew Black Und die restlichen Reben?
Pierre-Olivier Clouet Der Regen führte zu einem kräftigen Tanninwachstum. In einem perfekten Jahr sorgt Wasserstress dafür, dass das Tannin reift und später weich und süß wird. In 2021 blieb das Tannin fest, dicht und mächtig, aber nicht rustikal und hart.

Andrew Black Welche anderen Besonderheiten weist der Jahrgang auf?

Pierre-Olivier Clouet Das Aroma. Der aromatische Ausdruck des 2021ers ist explosiv. Die Trauben reiften langsam bei relativ niedrigen, moderaten Temperaturen. Um eine Metapher aus dem Küchenbereich zu nehmen: wie ein Gericht, das bei Niedertemperatur gegart wird. Das Resultat ist ein Wein mit viel roten Früchten, blumigem Bouquet, Frische. Keine schwarzen Früchte wie die letzten Jahre. 

Andrew Black Also ziemlich anders…?
Pierre-Olivier Clouet Wir lieben das. Wir ziehen den 2021er dem 2020er vor, obwohl 2021 sicher nicht als großer Jahrgang in die Geschichte eingehen wird.

Chateau Cheval Blanc

Finaler Blend 2021: 52% Cabernet franc, 43% Merlot, 5% Cabernet Sauvignon

Lesedatum: 21. September bis 14. Oktober

Durchschnittlicher Hektarertrag: 28,5 hl

Vinifizierung: in Beton-Cuves

Ausbau: 100% neues Holz

Preis: zwischen 600 und 1.100 Euro/Flasche

Andrew Black Welche Rolle spielte der Cabernet franc in 2021? 

Pierre-Olivier Clouet Der 2021er hat den höchsten Anteil Cabernet franc seit 2011, nämlich 52 Prozent. Es ist ein großes Cabernet franc-Jahr auf Cheval Blanc. 

Andrew Black Weil der Merlot unterduchschnittlich ist? Oder weil es nicht genug davon gab?

Pierre-Olivier Clouet Merlot hat in großen Terroirs brillante Qualitäten geliefert: frisch, elegant, knackig. Aber ein großer Teil ist der Perosnopora zum Opfer gefallen. 

Andrew Black Wieso sagt man dann in Bordeaux, dass 2021 kein gutes Merlot-Jahr sei? 

Pierre-Olivier Clouet Es hängt alles vom Terroir ab. Die großen Terroirs haben überraschend gute Merlot-Qualitäten hervorgebracht. Die Beeren waren dick und schwer, aber voller Aromen, voller Tannine, rerich. In weniger guten Terroirs mangelte es ihnen an Substanz und Struktur. 

Andrew Black Welche Rolle spielen die fünf Prozent Cabernet Sauvignon im Blend von Cheval Blanc?
Pierre-Olivier Clouet Cabernet Sauvignon gibt es erst seit 2016 im Blend, weshalb wir noch nicht genau sagen können, was die Sorte uns bringt. Sie prägt den Cheval Blanc nicht, aber sie ist wie Salz oder Pfeffer für unseren Grand Vin. Sie macht ihn kompletter.

Andrew Black Sie klingen optimistischer als vor sechs Monaten…
Pierre-Olivier Clouet Wir haben seitdem Höhen und Tiefen erlebt. Wir waren mit dem Wein zufrieden während der Gärung, aber während der Malo waren wir unglücklich. Wir schmeckten viel Apfelsäure und viel CO2. Aber seit der Wein in den Fässern ist, sind wir wieder sehr zufrieden mit ihm. 

Andrew Black Mit welchen Jahrgängen würden Sie den 2021er vergleichen?
Pierre-Olivier Clouet Auf den ersten Blick fallen mir 2004 und 2012 ein. Aber tatsächlich gibt es mehr Parallelen zum 2008er. 

Chateau Figeac

Finaler Blend 2021: 31% Cabernet franc, 29% Merlot, 40% Cabernet Sauvignon

Lesedatum: 22. September bis 19. Oktober

Durchschnittlicher Hektarertrag: 38 hl

Vinifizierung: in Eichenholz-Cuves

Ausbau: 100% neues Holz

Preis: zwischen 200 und 390 Euro/Flasche

Andrew Black Sie haben schon früh vorhergesagt, dass die Qualität des 2021ers wesentlich besser sein werde als allgemein angenommen… 

Frédéric Faye …insbesondere für Chateaux mit einem hohen Anteil an Cabernet.
Andrew Black Was war der Schlüssel dafür, dass der Jahrgang am Ende so gut ausgefallen ist?
Frédéric Faye Die Bereitschaft zum Pokern. Die kurzfristigen Wettervoraussagungen zu ignorieren und darauf zu hoffen, dass die Cabernets doch noch voll ausreifen würden. 

Andrew Black Eine riskante Entscheidung.
Frédéric Faye Wir hatten am Wochenende 2./3. Oktober noch alle Cabernets draußen. Die Vorhersagen prognostizierten 80 Millimeter Regen. Die Lesemannschaften standen bereit rauszugehen. Aber die 7-Tage-Prognose sagte, dass ein Hoch im Anmarsch sei. Ich rief Madame Manoncourt, die Besitzerin, an und sagte: „Madame, ich habe die Trauben geprüft. Wir könnten einen bescheidenen, ordentlichen Wein machen. Aber ein Figeac wird es nicht.“ Madame fragte mich, was ich vorschlage. „Ich bin bereit, ins Risiko zu gehen und zu warten, wenn Sie mir Rückendeckung geben.“ Sie antworte: „Sie haben das Risiko wahrscheinlich genau kalkuliert, also warten wir.“ Und das taten wir dann. 

Andrew Black Worin genau bestand das Risiko?
Frédéric Faye Die Gefahr einer Botrytis bestand nicht. Die Trauben waren in einem perfekten gesunden Zustand. Aber wer die Cabernet kennt, speziell die Cabernet franc, der weiß, dass sich die Beeren bei Regen ganz schnell mit Wasser vollsaugen können, und dann ist alles verloren. Wenn es hingegen günstig läuft, konzentrieren sich Aromen und Tannine in den Beeren. Die Qualität steigt. 

Andrew Black 80 Millimeter Regen – es muss ziemlicher Strass für Sie gewesen sein.

Frédéric Faye Tatsächlich sind dann nur zwei Millimeter gefallen, und das Hoch setzte gleich danach ein. Ein nördlicher Wind kam auf, nicht sehr warm, aber wir hatten volle Sonne. Der Kieselboden von Figeac reflektierte die Sonne, und der Reifeprozess setzte wie nach einem Kick-Start ein. Am 19. Oktober hatten wir Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon endlich drin.
Andrew Black Wie waren die Alkoholgehalte? 

Frédéric Faye Beide Cabernets lagen bei 13.7 Vol.% – höher als bei der Merlot. Das habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt. 

Andrew Black Wie würden Sie die Qualität der einzelnen Sorten beschreiben?

Frédéric Faye Bei der Merlot fokussierten wir uns auf die Frucht, nicht auf Fülle. Die gab es nämlich nicht. Es war nicht der verführerische, opulente Merlot wie in den Jahren 2018, 2019, 2020. 

Andrew Black Und die Cabernets?
Frédéric Faye Der Cabernet Sauvignon war richtig super mit vielen Graphit- und mineralischen Noten. Aber ich bin auch vom Cabernet franc sehr angetan.

Andrew Black Im finalen Blend ist etwas mehr Cabernet Sauvignon als Cabernet franc. 

Andrew Black Fürchten Sie, dass der Wein dadurch so streng sein wird wie der 2014er?

Frédéric Faye Auf keinen Fall. Ich kann Ihnen versichern, dass der 2021er Figeac auch im jungen Stadium schon sehr attraktiv ist. Ich neige deshalb dazu, ihn nicht mit dem 2014er, sondern mit dem 2017er zu vergleichen. Aber für eine endgültige Aussage ist es noch zu früh. 

Andrew Black Zusammengefasst: ein schwieriges Jahr mit einem glücklichen Ausgang.

Frederic Faye Absolut. Aber die wichtigste Erkenntnis war für mich rückblickend: Verlass dich nicht auf den Wetterfrosch. 

Bordeaux en primeur: Hier einige Anbieter

www.moevenpick-wein.de, www.aux-fins-gourmets.de, www.ungerweine.de, www.alpinawein.de, www.gute-weine.de, www.bacchus-vinothek.de, www.koelner-weinkeller.de, www.c-und-d.de, www.millesima.de, www.schubiweine.ch, www.martel.ch, www.gerstl.ch, www.weinco.at u.a.  

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