Freitag, November 7, 2025
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Bordeaux 2016: Eine Kopie des 2010ers? Oder noch besser?

von Andrew Black
Bordeaux 2016: Eine Kopie des 2010ers? Oder noch besser?

Wenn Weihnachten vorbei und der Wein durch die malolaktische Gärung ist, ist Zeit für ein erstes Resumée des neuen Jahrgangs. Die Kommentare zum 2016er reichen von hochzufrieden bis überschwänglich. „Superb“, „atemberaubend“, „fantastisch“ – so lauten die Adjektive, mit denen er bedacht wird. Das Hochgefühl, das sich schon nach dem 2015er Jahrgang in Bordeaux eingestellt hatte, wird noch einmal untermauert, zumal die Mengen diesmal überdurchschnittlich sind.

Diesmal begründete Begeisterung

Der alljährliche Hype? Noch ist es zu früh, um ein endgültiges Urteil über den Jahrgang zu fällen. Bei den Primeur-Verkostungen, die im März und April in Bordeaux stattfinden, wird sich zeigen, ob die Begeisterung begründet ist. Diesmal spricht allerdings vieles dafür, dass es wirklich so ist und dass der 2016 sogar aus dem Schatten seines Vorgängers heraustritt.

Dabei sah es anfangs gar nicht gut aus in Bordeaux. Die ersten fünfeinhalb Monate des Jahres regnete es ständig. Folge: starker Peronospora-Befall der Blüten und der Gescheine. Danach folgte ein langer, nicht enden wollender Sommer, und mit ihm eine dreimonatige Trockenperiode, die den Reben unter starken Wasserstress setzte. Erst am 13. September gab es den ersten Regen, der heftig, aber kurz war und der den Reben nicht schadete, sondern sie im Gegenteil stärkte. Dann folgte ein milder, trockener Herbst, in dem die Trauben langsam ausreifen konnten.

Der in Bordeaux lebende englische Journalist Andrew Black hat sieben Châteaubesitzer und Önologen aus Saint-Emilion befragt, welchen Eindruck sie von dem neuen Wein haben. Die Gespräche wurden Mitte Januar geführt.

Frédéric Faye, 34, ist der Direktor von Château Figeac. Das Château ist unmittelbarer Nachbar von Cheval Blanc, und die Manoncourts, die Besitzerfamilie, glauben, dass ihr Wein auf Augenhöhe mit dem berühmten Nachbar ist. Tatsächlich ist Figeac aber nur als Grand Cru Classé „B“ klassifiziert. Um bei der nächsten Neuklassifikation aufzusteigen, wurde vor drei Jahren der bekannte Önologe Michel Rolland engagiert, mit dessen Hilfe der Wein den letzten Kick bekommen soll. Zu Figeac gehören 40 Hektar Reben. Der Wein besteht – untypisch für Saint-Emilion – aus je 35 Prozent Cabernet franc und Cabernet Sauvignon und nur aus 30 Prozent Merlot.

Frédéric Faye, Châteu Figeac
Frédéric Faye

Andrew Black: Wie präsentiert sich der Wein, nachdem die malolaktische Gärung abgeschlossen ist?
Frédéric Faye: Die Malo war schon vor Weihnachten beendet, und wir sind danach genauso optimistisch wie im Oktober. Keine bösen Überraschungen. Der 2016er erfüllt unsere Erwartungen vollauf.
Andrew Black: Sind alle drei Rebsorten gleich gut?
Frédéric Faye: Alles drei sind exzellent, keine besser als die andere. Wenn es eine Überraschung gäbe, dann ist es die Homogenität von Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Merlot.
Andrew Black: Viele Ihrer Kollegen beschreiben den 2016er als einen tanninstarken Jahrgang. Stimmt das auch für Figeac?
Frédéric Faye: Analytisch stimmt es. Aber wenn man den Wein probiert, hat man gar nicht den Eindruck von viel Tannin. Der ITP-Level ist zwar hoch, aber das Tannin scheint gut integriert zu sein. Der Tannin-Index ist die eine Sache, die Textur eine andere. Wir haben sehr sorgfältig vinifiziert und jede Überextraktion vermieden.
Andrew Black: Das hohe IPT*-Niveau ist ein durchaus nützlicher Indikator für das Potenzial eines Weins. Viele Experten schauen auf ihn und fragen sich, ob der 2016er ein neuer 2010er sein könnte.
Frédéric Faye: Ich verstehe das. Ich kann mir vorstellen, dass viele das Jahrgangs-Pärchen 2015/2016 für einen neuen Aufguss von 2009/2010 halten. Wir auf Figeac glauben, dass 2015 besser ist als 2009, aber wir glauben nicht, dass 2016 besser als 2010 ist. 2010 ist doch etwas höher einzuschätzen als 2016, Stand heute.
Andrew Black: Und die Alkoholgehalte? Sie waren in 2010 sehr hoch.
Frédéric Faye: Der durchschnittliche Alkoholgehalt ist in 2016 niedriger als in 2010. Er liegt leicht unter 14 Vol.%. Darüber sind wir froh. Der Wein ist balanciert.
Andrew Black: Andere Châteaux diskutieren, wieviel neues Holz der Jahrgang braucht. Ist das auch auf Figeac ein Thema?
Frédéric Faye: Nein. Wir haben immer 100 Prozent neues Holz. Daran wird sich auch in 2016 nichts ändern. Wir arbeiten aber immer wieder mit neuen Fassproduzenten zusammen, in 2016 zum Beispiel mit Darnajou. Ein exzellenter Küfer. Seine Fässer geben dem Weine eine leichte Süße. Sie machen das Tannin fein. Das ist ein Mosaiksteinchen im Prozess des Fine Tuning.

Bezug: www.club-of-wine.de, www.ludwig-von-kapff.de, www.moevenpick-wein.de

*ITP Internationale Masseinheit für den Tannin-Gehalt von Stoffen

Pierre-Olivier Clouet ist der technische Direktor von Château Cheval Blanc, einem von vier Premiers Crus „A“ in Saint-Emilion. Das heißt: Er ist für Weinberg und Keller zuständig. Das Château verfügt über insgesamt 37 Hektar Reben. Der Grand Vin besteht normalerweise aus 55 Prozent Merlot und 45 Prozent Cabernet franc. Jene Partien, die nicht gut genug für den Grand Vin sind, gehen in den Zweitwein Petit Cheval.

Pierre-Olivier Clouet, Château Cheval Blanc
Pierre-Olivier Clouet

Andrew Black: Gab es irgendwelche Überraschungen, nachdem die Weine durch die Malo sind?
Pierre-Olivier Clouet: Eigentlich nicht. Die malolaktische Gärung verlief diesmal völlig normal, was wahrscheinlich an den moderaten Alkoholgehalten liegt. Wir hatten drei Partien, die auch vor der Malo schon etwas schwächer waren. Sie sind es auch danach. Also keine Überraschung. Diese Partien werden nicht in den Cheval Blanc eingehen.
Andrew Black: Woran lag es, dass diese Partien schwächer waren?
Pierre-Olivier Clouet: Es lag an der Trockenheit. Die Reben in den betreffenden Parzellen waren noch relativ jung und haben gelitten.
Andrew Black: Cheval Blanc lässt im Gegensatz zu den meisten anderen Château die Weine nicht in den Barriques, sondern im Stahltank die Malo machen. Warum?
Pierre-Olivier Clouet: Wenn die malolaktische Gärung im Holz stattfindet, brauchen wir eine Temperatur von 20° C. Bei dieser Temperatur entwickelt der Wein nach unseren Beobachtungen leicht karamellige Noten. Das ist nicht schlimm. Aber unser Anliegen ist es, die Aromen des Cheval Blanc möglichst pur zu erhalten, also rote Beeren und floreale Noten. Deshalb lassen wir den Wein die Malo im Edelstahl machen bei etwas niedrigeren Temperaturen.
Andrew Black: Wie beurteilen Sie die Textur des 2016ers?
Pierre-Olivier Clouet: Die Weine sind sehr tanninreich, haben viel power. Und eine schönen Säure.
Andrew Black: Heißt das, dass der Wein streng ist?
Pierre-Olivier Clouet: Der Wein ist tanninreich. Aber das Tannin ist sehr reif und glatt. Es trägt zu den fantastischen Tiefe und der enormen Länge bei. Die Säure wiederum gibt dem Wein Frische und Ausdruckskraft.
Andrew Black: Ähnelt der 2016er dem 2010er?
Pierre-Olivier Clouet: Im Moment würde ich sagen, die 2016er sind ausdrucksstärker als die 2010er. Aber das endgültig zu beurteilen, ist es noch zu früh. Lassen Sie uns die Primeur-Verkostungen im März und April abwarten.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de

 


 

Pauline Vauthier, 32, ist technische Direktorin von Château Ausone, das zusammen mit Cheval Blanc, Pavie und Angélus als St. Emilion Grand Cru „A“ klassifiziert ist. Unter diesen ist es mit 7,3 Hektar das kleinste. Es befindet sich im Besitz der Familie Vauthier (die auch noch drei kleinere Châteaux wie Fontobel, Simard und Moulin Saint-Georges besitzt). Der Wein von Ausone besteht in der Regel zu 55 Prozent aus Cabernet franc und zu 45 Prozent aus Merlot. Der Zweitwein heißt Chapelle d’Ausone.

Pauline Vaut­hier, Château Ausone
Pauline Vaut­hier

Andrew Black: Wie ist Ihr Eindruck vom Jahrgang 2016, nachdem die Weine durch die Malo sind?
Pauline Vauthier: Ich bin nicht bekannt dafür, einen Jahrgang im frühen Stadium zu hypen. Aber der erste Eindruck ist hervorragend. Was ich jetzt schon sagen kann: Der 2016er ist nicht so weich wie die 2015er Weine. Der Wein ist mit Sicherheit rund und elegant, aber das Tannin steht im Vordergrund. Für mich ist der 2016er very Bordeaux.
Andrew Black: Und wie schmeckt er Ihnen persönlich?
Pauline Vauthier: Offen gestanden, zum jetzigen Zeitpunkt probiere ich lieber den 2015er. Aber das gilt nur für mich. Ich trinke jetzt auch lieber den 2009er als den 2010er, weil er einfach weicher, ausdrucksvoller ist. Die 2009er waren immer sehr attraktiv, auch schon gleich zu Beginn. Mit dem 2015er ist es ähnlich.
Andrew Black: Wie sieht es mit der Menge aus?
Pauline Vauthier: Wir haben von Ausone etwas mehr im Keller. Konkret: 21.000 Flaschen statt nur die durchschnittlichen 18.000 Flaschen.
Andrew Black: Höhere Erträge – wie kann die Qualität da so gut sein?
Pauline Vauthier: 2016 ist ein Jahr, das hohe Qualitäten und größere Mengen gebracht hat. Sowas gibt es. Wir haben durchschnittlich fünf Hektoliter pro Hektar mehr geerntet als im letzten Jahr. Aber die größere Menge bei Ausone ist auch darauf zurückzuführen, dass ein Teil unseres Cabernet franc so gut war, dass wir ihn statt in den La Chapelle, unseren Zweitwein, in den Grand Vin gegeben haben.
Andrew Black: Es muss ein gutes Gefühl sein, dass Quantität und Qualität stimmen…?
Pauline Vauthier: Besonders nach den mengenmäßig kleinen Jahrgängen 2013 und 2014. Ich glaube, alle haben in 2016 mehr produziert, nicht nur wir. Gut für Bordeaux also.
Andrew Black: Viele sagen, 2016 sei besser als 2015. Stimmt das Ihrer Meinung nach?
Pauline Vauthier: Vielleicht heben die, die so etwas sagen, ein bisschen ab. 2016 wird sicher ein großer Jahrgang. Aber 2015 ist, ehrlich gesagt, von anderer Klasse.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de

 


 

François Despagne, 52, ist Mitbesitzer und Direktor des Château Grand Corbin-Despagne in Saint-Emilion. Zum Château gehören 24 Hektar Weinberge. Der Grand Cru Classé besteht normalerweise aus 75 Prozent Merlot und 25 Prozent Cabernet franc.

François Despagne, Château Grand Corbin-Despagne
François Despagne

Andrew Black: Wie würden Sie den neuen Jahrgang beschreiben, nachdem er die malolaktische Gärung durchlaufen hat?
François Despagne: Mir war von Anfang an klar, dass wir einen hochklassigen Jahrgang im Keller haben. Dieser Eindruck hat sich nach der Malo bestätigt. Aber anfangs schien mir der Wein vielleicht ein bisschen zu „massiv“ zu sein. Jetzt ist er runder, weicher. Eine unerwartete, angenehme Überraschung. Der Jahrgang hat mehr Charme und ist eleganter, als wir glaubten.
Andrew Black: Und die Mengen sind auch erfreulich…
François Despagne: Die Menge der qualitativ höchstklassigen Partien ist größer. Das ist der interessante Punkt. Die hohe Qualität zieht sich über alle Lots. Das heißt: Der Jahrgang ist ziemlich homogen. Der Anteil des Zweitweins wird dadurch geringer.
Andrew Black: Wie hoch liegt der Alkohol in 2016?
François Despagne: Bei durchschnittlich 13,8 Vol.%
Andrew Black: Sie sind ein Verfechter des niedrigen Alkoholgehalts…
François Despagne: Stimmt. Aber 13,8 Vol.% ist relativ niedrig. Ich habe zum Vergleich mal ein paar 2015er probiert und muss sagen: Die hohen Alkoholgehalte dieses Jahrgangs führen dazu, dass die Weine nicht dieselbe Frische aufweisen.  Vielleicht hätte ich in 2016 noch ein wenig früher lesen sollen.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de

 


 

Alexandre Thienpont, 61, ist Direktor und Mitbesitzer des Vieux Château Certan in Pomerol. Zum Weingut gehören 18 Hektar Reben: 60 Prozent Merlot, 30 Prozent Cabernet franc, 10 Prozent Cabernet Sauvignon. Der Wein gehört zu den absoluten Spitzen des Anbaugebiets. 1979 hatten die Thienponts das kleine Weingut Le Pin gegründet, dessen Wein nach allgemeiner Einschätzung auf Augenhöhe mit Pétrus ist.

Alexandre Thienpont, Vieux Château Certan
Alexandre Thienpont

Andrew Black: Haben Sie schon alle Partien des 2016ers durchprobiert? Wird der Wein Ihren Erwartungen gerecht?
Alexandre Thienpont: Natürlich habe ich alles probiert. Und wenn man die fürchterliche Trockenheit in 2016 im Kopf hat, bin ich total überrascht über die Qualität. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Parzellen mit alten und denen mit jungen Reben. Die jungen Reben haben in 2016 echt gelitten. Die Narben sind schmeckbar. Aber was die alten Reben an Wein geliefert haben, ist beeindruckend.
Andrew Black: Was heißt ‚alt’ bei Ihnen?
Alexandre Thienpont: Wir bezeichnen alle Stöcke über 25 Jahre als alt. Von ihnen kommt immer unser Grand Vin. In 2016 lieferten die alten Reben rund 70 Prozent unserer Ernte.
Andrew Black: Was werden Sie machen mit dem Wein von den trockenheits-geschädigten jungen Reben?
Alexandre Thienpont: Der Wein ist gut, aber einfach. Wir machen einen bescheidenen Zweitwein daraus. Er wird nicht so gut, wie man von einem großen Jahr erwarten könnte.
Andrew Black: Nicht so gut wie in 2015?
Alexandre Thienpont: Richtig. Aber der 2016er Grand Vin wird besser als der 2015er. Er wird getragen von einer großen Tiefe und einer sehr dunklen Farbe: Resultat der hohen Konzentration und eines guten Säureniveaus. Die Alkoholgradation liegt bei durchschnittlich 14,1 Vol.%. Im Moment ist das Tannin noch etwas kantig, aber das ist gut so. 2016 ist ein klassischer Jahrgang, nicht so hedonistisch, so dekadent wie 2015.
Andrew Black: Dann entsprechen die Jahrgänge 2015/2016 den beiden letzten Jahrgängen 2009 und 2010?
Alexandre Thienpont: Genau. 2016 ist langlebig, wie 2010. Interessanterweise ist der 2009er Vieux Château Certan im Moment verschlossener als der 2010er, der sich gerade ein wenig öffnet.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de

 


 

Anabelle Cruse-Bardinet ist diplomierte Önologin und leitet das Château Corbin, das Weingut ihrer Familie. Der Grand Cru Classé von Saint-Emilion ist ein weicher, femininer Wein, der aus 80 Prozent Merlot und 20 Prozent Cabernet franc gekeltert wird.

Anabelle Bardinet, Château Corbin
Anabelle Bardinet

Andrew Black: Haben Sie den neuen Jahrgang schon probiert? Welchen Eindruck haben Sie von ihm?
Anabelle Bardinet: Das erste Post-Malo-Tasting ist immer ein heikler Moment. Du stellst dich auf Überraschungen ein. Aber diesmal war die Aufregung umsonst. Es gab keine Überraschungen. Ein mächtiger, reicher Wein, der die Tanninstruktur hat, die wir erwartet hatten. Zugleich ein gut konstruierter Wein mit einer perfekten Balance. Diese Balance ist es, die mich am meisten beeindruckt hat.
Andrew Black: Spiegelt die technische Analyse diesen Eindruck wider?
Anabelle Bardinet: Auch analytisch betrachtet, ist der 2016er perfekt balanciert. Der Alkoholgehalt selbst liegt bei 14 Vol.%, der pH-Wert bei 3,6. Das Gleichgewicht zwischen Säure und Alkohol stimmt also. Wir wussten natürlich von Anfang an, dass wir einen tanninreichen Jahrgang vor uns haben. Das hat sich auch nach der malolaktischen Gärung bestätigt. Wir haben, ehrlich gesagt, noch nie einen so hohen ITP* gehabt wie in 2016. Er lag durchschnittlich bei 90, ein Tank lag sogar über 100.
Andrew Black: Ist es der tanninreichste Wein, den Corbin je macht hat?
Anabelle Bardinet: Ja. Aber wir haben nicht überextrahiert. Wir haben sehr sanft und vorsichtig vinifiziert.
Andrew Black: Ich bin versucht zu fragen, ob der 2016er Ähnlichkeiten mit dem 2010er hat?
Anabelle Bardinet: Der Unterschied zwischen beiden Jahrgängen ist, dass der 2010er rund ein Grad mehr Alkohol hatte. Das ist eine Menge. Aber für ein endgültiges Urteil ist es noch zu früh. Warten wir die Primeur-Verkostungen ab.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de

*ITP internationale Masseinheit für den Tanningehalt von Stoffen

 


 

Der aus Dänemark stammende Peter Sisseck, 56, Gründer und Önologe des Kult-Weinguts Dominio de Pingus in der spanischen Ribeira del Duero, hat 2010 zusammen mit dem Schweizer Unternehmer Silvio Denz das Château Rocheyron in Saint-Emilion erworben. Das Chateau umfasst 8,45 Hektar Reben, davon 70 Prozent Merlot und 30 Prozent Cabernet franc.

Peter Sisseck, Château Rocheyron
Peter Sisseck

Andrew Black: Wie sind Sie zufrieden mit dem 2016er?
Peter Sisseck: Sehr zufrieden trotz der extremen klimatischen Bedingungen, die wir in 2016 vorgefunden haben. Es ist ein grandioser Wein, den wir auf Rocheyron im Keller haben. Atemberaubend.
Andrew Black: Besser als 2015?
Peter Sisseck: 2015 war ebenfalls hervorragend. Aber 2016 ist etwas, das ich vorher noch nie gesehen habe. Einfach fantastisch.
Andrew Black: Man sagt, der Jahrgang sei in Saint-Emilion nicht homogen. Reben auf sandigem Untergrund haben die lange Trockenheit weniger gut überstanden als Reben auf kalkhaltigem Untergrund.
Peter Sisseck: Die Reben von Rocheyron stehen auf Seestern-Kalkböden. Auf diesen kühlen Böden haben sie weniger gelitten. Zweitens hat sich gezeigt, dass die Konversion auf biodynamischen Anbau sich gelohnt hat. Unsere Reben haben die Trockenheit gut überstanden, besser als in konventionell bewirtschafteten Weinbergen.
Andrew Black: Haben Sie früher als sonst gelesen?
Peter Sisseck: Nicht früher, nicht später. Das Tannin muss reif sein, und 2016 hatten die Trauben viel Tannin. Die Trauben zu lange hängen zu lassen bedeutet, dass der Alkohol steigt, und hoher Alkohol führt zu mehr Tanninextraktion während der Maischegärung. Besser gesagt: zu Über-Extraktion. In tanninreichen Jahren muss man also vorsichtig sein. Das gilt auch für die Vinifaktion. Weniger Umpumpen der Maische, vor allem: vorsichtigeres Umpumpen.
Andrew Black: Wie häufig haben Sie umgepumpt?
Peter Sisseck: Nur einmal am Tag.
Andrew Black: Früher hieß es immer: Lange Maischestandzeit und häufige pump over in potenziell großen Jahrgängen, weniger Extraktion in kleinen Jahrgängen.
Peter Sisseck: Ich suche die Leichtigkeit im Wein. Leichtigkeit sollte nicht als Schwäche verstanden werden. Leichtigkeit verbunden mit Intensität der Aromen – das ist meine Formel. Wer  will heute noch Blockbuster-Weine trinken?
Andrew Black: Wie stark ähnelt der 2016er dem 2010er?
Peter Sisseck: Nicht sehr. Der ph-Wert war in 2010 niedriger, der Alkoholgehalt höher.
Andrew Black: Also wenig Gemeinsamkeiten?
Peter Sisseck: Würde ich sagen, ja. Der 2016er steht für sich. Einige meiner Kollegen in Bordeaux sagen dasselbe.

Bezug: www.millesima.de, www.moevenpick-wein.de


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Andrew Black

Andrew Black

Der Engländer Andrew Black lebt und arbeitet als Pädagoge in Bordeaux. Er besucht regelmäßig die Chateaux der wichtigsten Anbaugebiete und verkostet deren Weine. Außerdem besitzt er selbst einen kleinen Weinberg und erntet die Trauben.

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