Ein Kölner im Médoc: Stefan Paeffgen und sein Château Le Reysse

Collage Stefan Paeffgen und Chateau le Reysse
Stefan Paeffgen ist auf einem Bauernhof zwischen Köln und Aachen groß geworden. Den Hof übernahm sein älterer Bruder. Als „weichender Erbe“ musste Paeffgen sich einen neuen Job suchen. Inzwischen besitzt der 47-Jährige zwei Châteaux in Bordeaux und bald das dritte. Dieses Jahr mischt er zum ersten Mal bei der en-primeur-Kampagne mit. Der 2010er seines Châteaux le Reysse kostet 9,95 Euro in der Subskription. Jens Priewe wird ihn kaufen.

Wenn die letz­ten Châ­teaux end­lich hin­ter einem lie­gen, zeigt das Médoc sich von sei­ner schöns­ten Sei­te. Ver­schla­fe­ne Dör­fer mit alten Land­häu­sern, die mal her­un­ter­ge­kom­men, mal her­aus­ge­putzt, aber immer stil­voll sind. Lau­schi­ge, von Pla­ta­nen umstan­de­ne Plät­ze, eine abwechs­lungs­rei­che Land­schaft mit Wie­sen, Wei­zen­fel­dern und Wein­ber­gen. Im Hin­ter­grund spie­gelt sich manch­mal die Giron­de im Sonnenlicht.

Eines die­ser Land­häu­ser heißt Le Reysse, ist weder her­un­ter­ge­kom­men noch her­aus­ge­putzt, umge­ben von einem Park mit Pal­men und Pla­ta­nen, ein­ge­fasst von einer alten, halb­ho­hen Mau­er, die das Anwe­sen von der Stra­ße trennt. Die Stra­ße ist nicht sehr befah­ren. Denn Tou­ris­ten ver­ir­ren sich nur sel­ten in die­sen abge­le­ge­nen Teil des Médoc. Und son­der­lich vie­le Men­schen leben in die­sem länd­li­chen, stil­len Teil des Bor­de­lais auch nicht. Béga­dan, das nächs­te Dorf, hat noch nicht ein­mal 900 Einwohner.

Landhaus Château Le ReysseSte­fan Paeff­gen, der Deut­sche, ist ein Zuge­reis­ter. Er hat Le Reysse im letz­ten Jahr gekauft. Weil 4,5 Hekt­ar Reben zu dem Besitz gehö­ren, nennt es sich Châ­teau. Weil 4,5 Hekt­ar Reben nur wenig ist, hat Paeff­gen gleich Châ­teau Las­sus mit sei­nen 22,5 Hekt­ar Wein­ber­gen mit­ge­kauft. Bei­de Besitz­tü­mer gehör­ten einst zusam­men. Und Patrick Chau­mont, der Vor­be­sit­zer, hat­te kei­nen Nach­fol­ger – Paeff­gens Glück.

So haben Châ­teau Le Reysse und Châ­teau Las­sus nun einen deut­schen Besit­zer. Den Wein, den Las­sus pro­du­ziert, ver­kauft er en bloc an einen Nego­çi­ant in Bor­deaux. Die 23.000 Fla­schen Le Reysse ver­kauft er selbst. Das heißt: Er ver­sucht, sie mög­lichst gut am Markt zu plat­zie­ren. Le Reysse – das ist der Wein, für den sein Herz­blut fließt. Ihm gilt sei­ne gan­ze Auf­merk­sam­keit und Sorg­falt. Beim Jahr­gang 2009 hat er nur noch Ein­fluss auf die abschlie­ßen­de Assem­bla­ge neh­men kön­nen. Den 2010er hat er fast von der Lese an beglei­tet: „Ein Wein, der durch Kom­ple­xi­tät und Tann­in­struk­tur begeis­tert“, sagt Paeff­gen. So dicht und kraft­voll ist der Wein, dass er ihn wie ein klas­si­fi­zier­tes Gewächs zu hun­dert Pro­zent in neu­em Holz ausbaut.

Stefan PaeffgenEr kommt als ein­fa­cher AOC Médoc auf den Markt. Doch die Wein­ber­ge, die zu Le Reysse gehö­ren, lie­gen zwi­schen Béga­dan und Port de By dicht an der Giron­de. „Gro­ße Wei­ne müs­sen Was­ser sehen“, heißt es in Bor­deaux. Kei­ne schlech­te Lage also. Der Wein­berg ist mit 55 Pro­zent Caber­net Sau­vi­gnon und 45 Pro­zent Mer­lot bestockt. Die Reben haben ein Durch­schnitts­al­ter von 46 Jah­ren. Der Boden besteht dort aus tief­grün­di­gem Kies mit Kalk- und Ton als Unter­ge­stein – ähn­lich wie in den berühm­ten Appel­la­tio­nen wei­ter süd­lich. „Für mich wäre es ein Traum gewe­sen, den Hof mei­ner Eltern zwi­schen Köln und Aachen zu über­neh­men“, gesteht Paeff­gen. „Aber mein Vater mein­te, die­ser stän­de sei­nem ältes­ten Sohn zu.“ Ste­fan Paeff­gen, die Num­mer 4 in der Alters­fol­ge, muss­te wei­chen. Er stu­dier­te Agrar­wis­sen­schaft in Mün­chen, Stutt­gart, Wis­con­sin, Paris und heu­er­te danach in der Dün­ge­mit­tel­in­dus­trie an – ein Sek­tor, der von Über­pro­duk­ti­on, bein­har­tem Wett­be­werb und per­ma­nen­ten Umstruk­tu­rie­run­gen geprägt war. Paeff­gen mach­te Kar­rie­re. Als sei­ne Fir­ma an einen aus­län­di­schen Mit­be­wer­ber ver­kauft wur­de, stieg er wei­ter auf. „In die­ser Zeit habe ich viel Geld verdient.“

Weinberge Le ReysseAls die­ser Mit­be­wer­ber sei­ner­seits über­nom­men wur­de, erhielt er den Auf­trag, bei­de Fir­men zu inte­grie­ren. Er ver­brach­te noch mehr Zeit im Flug­zeug und in Kon­fe­renz­räu­men als vor­her. Und er ver­dien­te noch mehr. Irgend­wann wur­de er mit einem Gol­de­nem Hand­schlag ver­ab­schie­det. „Für mich war klar, dass jetzt der rich­ti­ge Augen­blick gekom­men war, um in die Land­wirt­schaft zu gehen. Aber nicht in Kar­tof­feln oder Wei­zen, son­dern in den Wein.“

Paeff­gens Frau und sei­ne drei Kin­der leben der­zeit noch in der Nähe von Brüs­sel. Aber nach dem Som­mer wer­den auch sie ins Médoc zie­hen. Die bei­den Söh­ne freu­en sich rie­sig, sei­ne Toch­ter fällt der Abschied von den Freun­din­nen schwer. Paeff­gen selbst ist gera­de dabei, ein wei­te­res Châ­teau zu erwer­ben: Clos du Moulin in St-Christoly mit 23 Hektar.

Paeff­gen hat mir eine Fass­pro­be sei­nes 2009ers und sei­nes 2010ers zuge­schickt. 2009 besticht durch Kraft, die mit unge­heu­rer Ele­ganz gepaart ist. 2010 besitzt sogar noch deut­lich mehr Struk­tur. Das Tan­nin ist fein­kör­nig und reif. Kei­ne grü­nen Noten zu erken­nen. Ein wun­der­schö­ner Médoc-Wein, bei dem man nichts falsch machen kann. Er kos­tet 9,95 Euro in der Sub­skrip­ti­on. Ein paar Fla­schen muss ich mir kaufen.

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