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Piedra Negra: der Rosé, der keiner ist

Der Rosé heisst Piedra Negra und kommt aus Argentinien: ein duftiger Wein, der im Gegensatz zu den Tausenden Rosés, die die Regale der Supermärkte überschwemmen und nichts anderes sind als koloriertes und parfümiertes Wasser, nicht banal ist. Mit 12,5 Vol.% ist er nicht sonderlich alkoholschwer, besitzt aber Substanz, macht durchaus Druck am Gaumen und hört nicht gleich hinter den Zähnen auf. Sein Aroma erinnert an frische Himbeeren und Blaubeeren, seine Farbe leuchtet kupferrot. Zum Durstlöschen ist der Piedra Negra nicht geeignet. Gegen den Durst hat der liebe Gott dem Planeten Erde das Wasser geschenkt. Doch um an schwül-heissen Tagen auch dem Gaumen etwas Gutes zu tun, ist dieser Rosé sehr willkommen.


Eine Flasche Piedra Negra Alta Colleccion Rosado

Erfrischend Anders – Ein Rosado aus 100% Pinot Gris!


Weder weiße noch rote Traube: die Pinot Gris

Rosé? In Wirklichkeit ist der Piedra Negra gar kein Rosé. Er ist ein Pinot Grigio. Oder genauer: ein Pinot Gris. So lautet die offizielle Bezeichnung für die Sorte Grauburgunder, wie sie in den deutschsprachigen Ländern heisst. Eigentlich werden Rosé-Weine aus roten Trauben gekeltert. Die Pinot Gris aber ist weder eine weisse noch eine rote Traube. Sie ist eine zwittrige Sorte. Die Trauben sehen, wenn sie reif sind, rötlich-grau aus. Daher der Name. Und so würde der Wein auch aussehen, wenn die Winzer die Trauben nicht schnell abpressten, so dass der ablaufende Most keinen Kontakt mit den Schalen hat. Die rötlich-grauen Farbpigmente könnten dann nicht in den Most übergehen. Der Wein wäre weiß. Grauburgunder eben. Oder in seiner banalen Form Pinot Grigio.

Die meisten Pinot Gris werden als Weißwein gekeltert

Nur wenige Winzer in Deutschland (und anderswo) vinifizieren die Pinot Gris so, wie sie eigentlich vinifiziert werden müsste: mit einigen Stunden Schalenkontakt vor der Gärung. Fachausdruck: Maischestandzeit. Das ist schade. Denn in den Traubenschalen steckt nicht nur Farbe. Sie enthalten auch viele Aromastoffe (Terpene), die den Geschmack des Weins reicher machen.

Muss man eigens nach Argentinien gehen, um einen solchen Pinot Gris zu finden? Eigentlich nicht. Auch die hiesigen Winzer könnten einen kupferfarbenen Grauburgunder erzeugen, wenn sie wollten. Tatsächlich aber sind fast alle Grauburgunder, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf den Markt kommen, Weissweine. Schlechter sind sie deswegen nicht. Es sind sogar extrem gute Exemplare darunter. Die Frage ist nur, ob der Weine mit Maischestandzeit noch einen Tick interessanter wäre.

Weingut unter Wolken am Abend
Weingut Bodega Piedra Negra © François Lurton S.A.

Sicheres Händchen für Wein: François Lurton

Die Bodega Piedra Negra liegt in der Region Mendoza, aus der 90 Prozent des Weins Argentiniens kommt. Besitzer der Bodega ist der Franzose François Lurton. Er stammt aus einer alten Winzerdynastie im Bordeaux. Sein Bruder Jacques arbeitet als flying winemaker in der ganzen Welt, sein Cousin Pierre ist CEO von Château Cheval Blanc und Château d’Yquem. François hat in den letzten 30 Jahren ein weltweites Imperium an Weingütern aufgebaut: neben Besitzungen im Bordeaux, im Languedoc und Roussillon sowie in der Gascogne produziert er in Spanien, Chile und Argentinien Wein. Seine Pinot Gris-Trauben stehen dort auf 1.100 Meter Höhe am Fuße der Anden. Nach dem Pressen hat er dem Wein eine Maischestandzeit von ein paar Stunden verordnet. Das heißt: Er hat Most und die Schalen ein paar Stunden zusammengelassen. In dieser Zeit sind die Farbpigmente aus den Schalen in den Most übergetreten. Dieser hat daraufhin die kupferfarbene Tönung erhalten. Er nennt den Wein deshalb auch Rosado: das spanische Worte für Rosé.

François Lurton im Hintergrund die Landschaft
François Lurton – Ein Franzose auf Abwegen © François Lurton S.A.

Intensiver im Geschmack als andere Roséweine

Roséweine, die aus roten Trauben gewonnen werden, können natürlich genauso delikat sein, egal ob sie eine lachsrote, erdbeerrote oder karminrote Farbe haben. Wichtig ist, daß der Winzer ein gutes Händchen für den Wein besitzt. François Lurton hat es: Sein Piedra Negra ist intensiver im Geschmack als andere Rosés. Mit dem Schalenkontakt kommt nämlich auch Tannin in den Wein. Die Spuren, die es hinterlässt, machen sich in einer leichten Herbe bemerkbar. Eigentlich ist Herbe bei Weiss- und Roséweinen unerwünscht. Aber das Tannin hält den Wein zusammen. Es verhindert, daß er nach einem halben Jahr nur noch ein müdes Tröpfchen ist. Es sorgt dafür, dass er auch nach einem Jahr noch frisch ist. Ja, dass er sogar besser schmeckt als am Anfang. Und auf der südlichen Erdhalbkugel hat die Lese für diesen Wein schon im Februar 2017 stattgefunden. Der Piedra Negra ist also schon über ein Jahr alt. Das schmeckt man – im positiven Sinne.


2017 Piedra Negra Rosado Alta Coleccíon| Bodega Lurton
Preis: 8,17 Euro
Bezug:  www.weinunion.de


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https://www.bottleport.io/

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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