Die Toskana ist groß. Sie besteht aus 20 verschiedenen Weinanbaugebieten. In den Rotweingebieten mit eigener DOC oder DOCG (Ursprungsbezeichnungen) ist fast immer die Sorte Sangiovese anzutreffen. Sie ist die häufigste und die typische Rebsorte in dieser mittelitalienischen Region. Einige Weine sind ausschließlich aus ihr gekeltert, In anderen wird die Sangiovese von Merlot und Cabernet Sauvignon begleitet.
Die 18 Weinliebhaber aus Deutschland, die sich Ende April in die Toskana aufgemacht hatten, wollten die Weine der Toskana besser kennenlernen. Sie waren keine Profis, aber relativ erfahrene Weintrinker, die die toskanischen Rotweine gut kannten und bereit waren, ein paar Euro mehr auszugeben, wenn sie dadurch in den Genuss höherer Qualitäten kommen.
Echte Blindprobe
Sie bekamen vier Weine vorgesetzt, die reinsortig aus Sangiovese-Trauben gewonnen werden: einen Wein aus dem Chianti classico, einen aus Montepulciano, einen aus Montalcino und einen aus der nördlichen Maremma bei Suvereto. Das Besondere war: Niemand wusste, welche Weine er vor sich hatte. Ich hatte den Teilnehmern weder verraten, aus welchem Teil der Toskana die Weine stammten, noch von welchem Erzeuger sie kamen.
Das Resultat war verblüffend. Die große Mehrheit der Weinliebhaber hatte eine Präferenz für den Wein aus der Alta Maremma – einer Gegend, die eigentlich für ihren Merlot und ihre Bordeaux-Cuvées berühmt ist, aber nicht für den Sangiovese. Die Sangiovese-Traube, so heißt es, bringe in diesem warmen, meernahen Teil der Toskana keine guten Ergebnisse. Nur wenige Winzer bauen sie an.
Verkehrte Sangiovese-Welt
Den geringsten Zuspruch erhielten die Weine aus Montalcino und aus dem Chianti classico. Beides Gebiete, die eigentlich ideale Voraussetzungen für die Sangiovese-Traube bieten: das Chianti classico als Heimat des gleichnamigen Weins, Montalcino als Heimat des Brunello. Gut gelitten war der Vino Nobile di Montepulciano – ebenfalls unerwartet, weil die Weine dieses Anbaugebiets nach Einschätzung der meisten Kritiker nicht das Niveau der Roten aus Montalcino und aus dem Chianti classico erreichen.
Nicht repräsentativ, aber erhellend
Sicher, der Ausgang dieses kleines Degustationsexperiments ist nicht repräsentativ. 17 Personen sind zu wenig, um gültige Aussagen zu tätigen. Außerdem war jeder der vier Rotweinherkünfte nur mit einem Wein vertreten, und ob dieser Wein typisch ist für sein Anbaugebiet, ist schwer zu entscheiden.
Und schließlich: Nach welchen Kriterien haben die Teilnehmer ihr Urteil gefällt? Sie sollten Unterschiede erkennen. Aber deutlich wurde, dass sie die Weine danach beurteilt haben, wie gut sie ihnen schmecken. Der individuelle Geschmackswert der Weine hat sie danach veranlasst, nach Unterschieden zu suchen.