Christian Stahl wird gern als „junger Wilder“ bezeichnet. Jung – das stimmt. Denn er ist erst 34 Jahre alt. Aber wild? Er hat einen geordneten Tagesablauf. Ist freundlich und offen. Sein Wein von berechenbarer, verlässlicher Qualität. Was den angeht, so hat er halt seinen eigenen Kopf.
Er verwendet Rheinwein- und Burgunderflaschen statt den traditionellen Bocksbeutel, wofür er von einigen seiner fränkischen Landsleute schon als „Verräter“ bezeichnet wurde. Bocksbeutel ist in Franken noch vielerorts ein Glaubensbekenntnis.
Von „unkompliziert“ bis „anspruchsvoll“
Auch bei seinen Etiketten beweist Christian Stahl einen eigenen Kopf. Sie sind klar, präzise, ohne Schnörkel, ohne Vögelein, ohne Weinranken, ohne Phantasiewappen. Statt seine Weine in QbA, Kabinett, Spätlese oder Auslese zu untergliedern, hat er drei Marken eingeführt: „Feder Stahl“, „Damaszener Stahl“, „Edel Stahl”. Sie stehen in dieser Reihenfolge für „unkompliziert“, „elegant und geschmeidig“ bis „hochkonzentriert und anspruchsvoll“.
Auf jedem dieser Niveaus erhält der Kunde mineralisch-fruchtige, klare Weine, die in ganz Franken und auch darüber hinaus für Aufsehen sorgen. Das will in einer Region, die mit ihren Sauers, Störrleins, Schmitts, Fürsts, Rucks, Castells, Wirschings, Weltners, Müllers und Mays durchaus nicht darauf warten musste, dass ihnen ein Neuling die Augen für eine zeitgemäße Definition von „Qualität“ öffnet, durchaus etwas heißen.
Kombination aus Fülle und Feinheit
Der Silvaner ist Stahls wichtigster Wein. Er macht bei ihm 25 % der Rebfläche aus. Ihm vor allem verdankt Stahl seinen guten Ruf. Bereits in der mittleren, der „Damaszener“-Linie, ist er ein stoffiger, straffer Wein. Im „Edel Stahl“-Segment zeigt sich dann, wie gut es Stahl gelingt, Fülle und Feinheit zu kombinieren. „Der Silvaner Best of… gehörte zu den Jahrgangsbesten in Deutschland“, schrieb Gerhard Eichelmann in seinem Weinführer des vergangenen Jahres. Allerdings liegt der Großteil von Stahls Silvaner-Flächen nicht im Taubertal, sondern in Randersacker, Sommerhausen, Eibelstadt, Marktbreit, Sulzfeld, Ippesheim und Tauberzell, wo er Rebberge gepachtet hat.
Überraschende Ergebnisse bei der Sorte Müller-Thurgau
Im Gegensatz zu vielen anderen Winzern hält Stahl aber auch der Sorte Müller-Thurgau die Stange. In sie investiert er viel Arbeit – mit überraschenden Ergebnissen. Nur selten findet man in Deutschland derart präzise, geschmeidige Weine, die vor Frische knistern. Schlagzeilen machte er 2009, als er dem Weinjournalisten Stuart Pigott 400 Stöcke Müller-Thurgau in der Steillage Tauberzeller Hasennestle überließ, die dieser eine Saison lang bearbeitete, um danach einen mächtigen, trockenen Müller-Thurgau auf die Flasche zu bringen, den er teuer versteigerte. Auch Stahls Scheureben, Sauvignon Blancs und Burgunder sind nicht zu unterschätzen.
Seinen ersten Wein hatte Stahl im Jahr 2000 gemacht. Möglich war das, weil Vater Albrecht, Landwirt mit 30 Hektar Betriebsfläche und einer Gastwirtschaft, 16 Jahre zuvor zusammen mit Kollegen eine alte, aufgegebene Lage im Taubertal wiederbepflanzt hatte: eben das Hasennestle. Sie befindet sich nördlich des mittelalterlichen Städtchens Rothenburg und weitab der fränkischen Weinmetropole Würzburg (die Tauber bildet die Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg). Dem auseinandergerissenen Weinanbaugebiet Franken wurde damit ein winziger, abenteuerlich steiler, südlicher Splitter hinzugefügt. Stahls Anteil an diesem Weinbausplitter betrug ganze 0,65 Hektar.
Winzerlehre und Studium in Geisenheim
Der Vater sah in der Fortführung eines gemischten Landwirtschaftsbetriebs keine Zukunft mehr für sich und seine Familie. Für die Zukunft kam nur noch Weinbau in Frage. Christian absolvierte deshalb nach seiner Gymnasialzeit eine Winzerlehre (bei Ludwig Knoll, Weingut am Stein in Würzburg) und startete zuhause mit dem Aufbau eines Weinguts. Gleichzeitig begann er sein Studium in Geisenheim. Inzwischen verfügt Auernhofen, ein ganz unspektakulärer Ort auf dem flachen Land zwischen Uffenheim und Creglingen im Taubertal, dank seiner Arbeit über ein respektables, 15 Hektar umfassendes Weingut mit moderner Kelleranlage und einem von Mutter Gudrun und Ehefrau Simone geführten Restaurant, das wegen seiner gelungenen Verbindung von Kochkunst und Ästhetik allein schon einen Umweg wert ist.
Stahl wirkt hellwach, er pflegt vielerlei Kontakte und beobachtet die Entwicklungen in seinem Metier sehr genau. Das sich abzeichnende Problem der zu hohen Alkoholgrade im Weißwein beispielsweise hält er bei genauer Beobachtung des Verhältnisses zwischen Zuckerreife und phenolischer Reife sowie präziser Festlegung des optimalen Lesezeitpunkts für weitestgehend beherrschbar. Seine Weine belegen das: Sie sind vergleichsweise schlank, ohne je einen grasigen Ton aufzuweisen.
Zum „Newcomer des Jahres“ gekürt
Neben solchen Kontakten ist für Stahl besonders die Zusammenarbeit mit verlässlichen Händlern und Restaurateuren wichtig. Dabei bewahrt er sich natürlich immer die für einen „jungen Wilden“ unerlässliche Unabhängigkeit. Entscheidender Schlüssel dafür ist die geschickte Kombination von Internet und moderner Versandlogistik. Sie funktioniert mittlerweile so reibungslos, dass sie bei intelligenter Nutzung den Winzer in einem Maße zum selbständigen Akteur macht, wie er es sich früher nie hätte erträumen können: Die Wertschöpfungskette verbleibt weitestgehend in seinen Händen, und der unmittelbare Kontakt mit den Kunden sorgt dafür, dass er den Finger stets am Puls hat. Der Erfolg gibt ihm Recht: 2012 wurde Christian Stahl bei der „Falstaff Wein-Trophy“ zum „Newcomer des Jahres“ gekürt.
Auernhofen, dieses unspektakuläre, stille Dorf auf dem flachen Land südlich von Ochsenfurt, wo man Zuckerrüben, Mais, Weizen und Weidevieh vermutetet, ist inzwischen fast zu so etwas fast wie einem Weinort geworden – mittlerweile sogar mit einem Weinfest, das auf Stahls Hof stattfindet.
Bezug: Christian Stahls Weine können über den Online-Shop des Winzerhofes bestellt werden.
Ich bin letztens über ein nettes video über das Weingut Stahl gestolpert, indem über das Winzergut und die Winterernte berichtet wird. http://www.der-weinmakler.de/home/Winzerhof-Stahl-Weingut,4844.php
einfach auf Bilder und Video gehen. Sehenswert
[…] bestätigt worden, dass man keine Vorurteile haben sollte. Vor einiger Zeit habe ich mir aufgrund eines Berichts auf Weinkenner.de ein Probierpaket des fränkischen Winzers Christian Stahl bestellt. Im Paket enthalten auch ein […]
[…] via Best of Franken: die Weine des Winzers Christian Stahl | weinkenner.de. […]
Ich habe vor kurzem ein tolles Abendessen mit ihm und seinen Weinen im schaumahl in Frankfurt/Offenbach erlebt. http://schiller-wine.blogspot.com/2012/10/the-bistronomics-cuisine-of-chef.html The Bistronomics Cuisine of Chef Christoph Kubenz and the Wines of Winemaker Christian Stahl at Restaurant schauMahl in Frankfurt, Germany