Best of Franken: die Weine des Winzers Christian Stahl

Winzer Christian Stahl
Weit abseits der Weinmetropole Würzburg erzeugt der junge Winzer Christian Stahl glasklare, präzise gewirkte Weine, die die neue Hohe Schule Frankens darstellen. Sie sind fränkisch trocken, kommen ohne Prädikatsbezeichnungen aus und werden in schlanke Rheinwein- oder Burgunderflaschen gefüllt. Ein Portrait von Stefan Krimm.

Chris­ti­an Stahl wird gern als „jun­ger Wil­der“ bezeich­net. Jung – das stimmt. Denn er ist erst 34 Jah­re alt. Aber wild? Er hat einen geord­ne­ten Tages­ab­lauf. Ist freund­lich und offen. Sein Wein von bere­chen­ba­rer, ver­läss­li­cher Qua­li­tät. Was den angeht, so hat er halt sei­nen eige­nen Kopf.

Er ver­wen­det Rheinwein- und Bur­gun­der­fla­schen statt den tra­di­tio­nel­len Bocks­beu­tel, wofür er von eini­gen sei­ner frän­ki­schen Lands­leu­te schon als „Ver­rä­ter“ bezeich­net wur­de. Bocks­beu­tel ist in Fran­ken noch vie­ler­orts ein Glaubensbekenntnis.

Von „unkompliziert“ bis „anspruchsvoll“

Der Winzerhof Stahl in Auernhofen | Foto: Stefan Krimm
Der Win­zer­hof Stahl in Auernhofen

Auch bei sei­nen Eti­ket­ten beweist Chris­ti­an Stahl einen eige­nen Kopf. Sie sind klar, prä­zi­se, ohne Schnör­kel, ohne Vöge­lein, ohne Wein­ran­ken, ohne Phan­ta­sie­wap­pen. Statt sei­ne Wei­ne in QbA, Kabi­nett, Spät­le­se oder Aus­le­se zu unter­glie­dern, hat er drei Mar­ken ein­ge­führt: „Feder Stahl“, „Damas­ze­ner Stahl“, „Edel Stahl”. Sie ste­hen in die­ser Rei­hen­fol­ge für „unkom­pli­ziert“, „ele­gant und geschmei­dig“ bis „hoch­kon­zen­triert und anspruchsvoll“.

Auf jedem die­ser Niveaus erhält der Kun­de mineralisch-fruchtige, kla­re Wei­ne, die in ganz Fran­ken und auch dar­über hin­aus für Auf­se­hen sor­gen. Das will in einer Regi­on, die mit ihren Sau­ers, Störr­leins, Schmitts, Fürsts, Rucks, Cas­tells, Wir­schings, Welt­ners,  Mül­lers und Mays durch­aus nicht dar­auf war­ten muss­te, dass ihnen ein Neu­ling die Augen für eine zeit­ge­mä­ße Defi­ni­ti­on von „Qua­li­tät“ öff­net, durch­aus etwas heißen.

Kombination aus Fülle und Feinheit

Der Sil­va­ner ist Stahls wich­tigs­ter Wein. Er macht bei ihm 25 % der Reb­flä­che aus. Ihm vor allem ver­dankt Stahl sei­nen guten Ruf. Bereits in der mitt­le­ren, der „Damaszener“-Linie, ist er ein stof­fi­ger, straf­fer Wein. Im „Edel Stahl“-Segment zeigt sich dann, wie gut es Stahl gelingt, Fül­le und Fein­heit zu kom­bi­nie­ren. „Der Sil­va­ner Best of… gehör­te zu den Jahr­gangs­bes­ten in Deutsch­land“, schrieb Ger­hard Eichelm­ann in sei­nem Wein­füh­rer des ver­gan­ge­nen Jah­res. Aller­dings liegt der Groß­teil von Stahls Silvaner-Flächen nicht im Tau­ber­tal, son­dern in Rand­er­sa­cker, Som­mer­hau­sen, Eibel­stadt, Markt­breit, Sulz­feld, Ippes­heim und Tau­ber­zell, wo er Reb­ber­ge gepach­tet hat.

Überraschende Ergebnisse bei der Sorte Müller-Thurgau

Im Weinberg | Foto: © Winzerhof Stahl
Im Wein­berg

Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren Win­zern hält Stahl aber auch der Sor­te Müller-Thurgau die Stan­ge. In sie inves­tiert er viel Arbeit – mit über­ra­schen­den Ergeb­nis­sen. Nur sel­ten fin­det man in Deutsch­land der­art prä­zi­se, geschmei­di­ge Wei­ne, die vor Fri­sche knis­tern. Schlag­zei­len mach­te er 2009, als er dem Wein­jour­na­lis­ten Stuart Pigott 400 Stö­cke Müller-Thurgau in der Steil­la­ge Tau­ber­zel­ler Hasen­nest­le über­ließ, die die­ser eine Sai­son lang bear­bei­te­te, um danach einen mäch­ti­gen, tro­cke­nen Müller-Thurgau auf die Fla­sche zu brin­gen, den er teu­er ver­stei­ger­te. Auch Stahls Scheu­re­ben, Sau­vi­gnon Blancs und Bur­gun­der sind nicht zu unterschätzen.

Der Winzerhof Stahl | Foto: © Winzerhof Stahl
Der Win­zer­hof Stahl

Sei­nen ers­ten Wein hat­te Stahl im Jahr 2000 gemacht. Mög­lich war das, weil Vater Albrecht, Land­wirt mit 30 Hekt­ar Betriebs­flä­che und einer Gast­wirt­schaft, 16 Jah­re zuvor zusam­men mit Kol­le­gen eine alte, auf­ge­ge­be­ne Lage im Tau­ber­tal wie­der­be­pflanzt hat­te: eben das Hasen­nest­le. Sie befin­det sich nörd­lich des mit­tel­al­ter­li­chen Städt­chens Rothen­burg und weit­ab der frän­ki­schen Wein­me­tro­po­le Würz­burg (die Tau­ber bil­det die Gren­ze zwi­schen Bay­ern und Baden-Württemberg). Dem aus­ein­an­der­ge­ris­se­nen Wein­an­bau­ge­biet Fran­ken wur­de damit ein win­zi­ger, aben­teu­er­lich stei­ler, süd­li­cher Split­ter hin­zu­ge­fügt. Stahls Anteil an die­sem Wein­bau­split­ter betrug gan­ze 0,65 Hektar.

Winzerlehre und Studium in Geisenheim

Rebstöcke | Foto: © Winzerhof Stahl
Reb­stö­cke

Der Vater sah in der Fort­füh­rung eines gemisch­ten Land­wirt­schafts­be­triebs kei­ne Zukunft mehr für sich und sei­ne Fami­lie. Für die Zukunft kam nur noch Wein­bau in Fra­ge. Chris­ti­an absol­vier­te des­halb nach sei­ner Gym­na­si­al­zeit eine Win­zer­leh­re (bei Lud­wig Knoll, Wein­gut am Stein in Würz­burg) und star­te­te zuhau­se mit dem Auf­bau eines Wein­guts. Gleich­zei­tig begann er sein Stu­di­um in Gei­sen­heim. Inzwi­schen ver­fügt Auern­ho­fen, ein ganz unspek­ta­ku­lä­rer Ort auf dem fla­chen Land zwi­schen Uffen­heim und Creg­lin­gen im Tau­ber­tal, dank sei­ner Arbeit über ein respek­ta­bles, 15 Hekt­ar umfas­sen­des Wein­gut mit moder­ner Kel­ler­an­la­ge und einem von Mut­ter Gud­run und Ehe­frau Simo­ne geführ­ten Restau­rant, das wegen sei­ner gelun­ge­nen Ver­bin­dung von Koch­kunst und Ästhe­tik allein schon einen Umweg wert ist.

Stahl wirkt hell­wach, er pflegt vie­ler­lei Kon­tak­te und beob­ach­tet die Ent­wick­lun­gen in sei­nem Metier sehr genau. Das sich abzeich­nen­de Pro­blem der zu hohen Alko­hol­gra­de im Weiß­wein bei­spiels­wei­se hält er bei genau­er Beob­ach­tung des Ver­hält­nis­ses zwi­schen Zucker­rei­fe und phe­n­o­li­scher Rei­fe sowie prä­zi­ser Fest­le­gung des opti­ma­len Lese­zeit­punkts für wei­test­ge­hend beherrsch­bar. Sei­ne Wei­ne bele­gen das: Sie sind ver­gleichs­wei­se schlank, ohne je einen gra­si­gen Ton aufzuweisen.

Zum „Newcomer des Jahres“ gekürt

Winzer Christian Stahl | Foto: © Winzerhof Stahl
Win­zer Chris­ti­an Stahl

Neben sol­chen Kon­tak­ten ist für Stahl beson­ders die Zusam­men­ar­beit mit ver­läss­li­chen Händ­lern und Restau­ra­teu­ren wich­tig. Dabei bewahrt er sich natür­lich immer die für einen „jun­gen Wil­den“ uner­läss­li­che Unab­hän­gig­keit. Ent­schei­den­der Schlüs­sel dafür ist die geschick­te Kom­bi­na­ti­on von Inter­net und moder­ner Ver­sand­lo­gis­tik. Sie funk­tio­niert mitt­ler­wei­le so rei­bungs­los, dass sie bei intel­li­gen­ter Nut­zung den Win­zer in einem Maße zum selb­stän­di­gen Akteur macht, wie er es sich frü­her nie hät­te erträu­men kön­nen: Die Wert­schöp­fungs­ket­te ver­bleibt wei­test­ge­hend in sei­nen Hän­den, und der unmit­tel­ba­re Kon­takt mit den Kun­den sorgt dafür, dass er den Fin­ger stets am Puls hat. Der Erfolg gibt ihm Recht: 2012 wur­de Chris­ti­an Stahl bei der „Fal­staff Wein-Trophy“ zum „New­co­mer des Jah­res“ gekürt.

Auern­ho­fen, die­ses unspek­ta­ku­lä­re, stil­le Dorf auf dem fla­chen Land süd­lich von Och­sen­furt, wo man Zucker­rü­ben, Mais, Wei­zen und Wei­de­vieh ver­mu­te­tet, ist inzwi­schen fast zu so etwas fast wie einem Wein­ort gewor­den – mitt­ler­wei­le sogar mit einem Wein­fest, das auf Stahls Hof stattfindet.


Bezug: Chris­ti­an Stahls Wei­ne kön­nen über den Online-Shop des Win­zer­ho­fes bestellt werden.


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