Einer der renommiertesten Barolo-Erzeuger, das Weingut Vietti in Castiglione Falletto, ist an den italo-amerikanischen Unternehmer Kyle Krause verkauft worden. Das teilte Vietti-Chef Luca Currado von zwei Tagen mit. Damit gehen nicht nur die Namensrechte, sondern auch die gesamte in den Kellern liegende Produktion sowie die 34 Hektar Weinberge in den Besitz des Amerikaners über, darunter so erstklassige Lagen wie Rocche di Falletto, Lazzarito, Villero, Brunate, Ravera, Scarrone. Über den Kaufpreis wurde offiziell nichts bekannt. Informierte Kreise sprechen von einer Summe von 50 Millionen Euro.
Im Piemont hat die Meldung wie ein Blitz eingeschlagen. Denn Vietti ist ein kerngesundes und höchst erfolgreiches Weingut, das bei den einschlägigen Weinkritikern schon mehrfach 100 Punkte für seine Weine erhalten hat: etwa von Robert Parker („The Wine Advocate“) für die 2007er Barolo Riserva Villero sowie von Antonio Galloni („Vineous“) für den 2010er Barolo Ravera. Nachfolgeprobleme gibt es ebenfalls nicht. Für die Alt-Besitzer ging es laut Currado allein darum, “die Zukunft des Weinguts zu sichern durch die Möglichkeit, gezielte Zukäufe von Weinbergen in Top-Lagen zu ermöglichen”.
Kyle Krause hatte bereits vor einem Jahr das Weingut Enrico Serafino in Canale von der Campari-Gruppe übernommen. Mit dem Erwerb von Vietti hat der US-Amerikaner, der im Real Estate Business tätig ist und 430 Supermärkte in Amerika besitzt, jedoch einen Coup gelandet, der nach Ansicht von Beobachern die Weinlandschaft im Piemont nachhaltig verändern wird. Mit dem grossen Geld aus Übersee drohen die Preise für Rebland und damit auch für den Wein in die Höhe zu gehen – eine Entwicklung, die in Bordeaux und Burgund bereits dramatische Folgen gezeitigt hat.
Die beiden bisherigen Vietti-Gesellschafter Luca Currado (Direktor und Önologe) und Mario Cordero (Marketing und Verkauf) bleiben dem Weingut in ihren Funktionen erhalten. Kyle Krause hat jedoch angekündigt, aktiv in der Weingutsleitung tätig und in alle strategischen Entscheidungen eingebunden zu sein.
Wir waren im September 2017 für einige Tage rund um Alba und in der Langhe unterwegs und haben uns gewundert, warum die Weine von Vietti von nahezu allen Weinlisten verschwunden sind. Vor einigen Tagen habe ich von diesem Verkauf erfahren. Da wurde uns alles klar: Die Restaurants unterstützen offenbar die traditionellen Winzer 🙂
Brandaktuell:
Und ich bin gerade im Piemont, u. a. vorgestern in Tortona und gestern in Alba. Egal, wo man auf das Stichwort “Wein” zu sprechen kam, entflammte sofort eine mehr als lebhafte Diskussion. Jeder hier wusste schon Bescheid.
Die sonst so entspannten Winzer schimpfen ganz unverblühmt und laut “Hochverrat”, und in der Tat, dieser Verkauf passt so gar nicht in das Bild der sonst sehr traditionsbewussten Piemontesen. Schon gar nicht, wenn so ein Betrieb wie Vietti selbst ein wesentlicher Teil der Weingeschichte hier im Gebiet ist.
Ein Gastwirt meinte gar, so ein Erbe verscherbelt nur, wer vielleicht schwer krank wird oder vielleicht aus anderem Grunde sehr verzweifelt ist. Nun, die wahren Gründe werden wohl privat bleiben. aber das so ein Ausverkauf später mal dramatisch bereut wird, hat es in der Weinwelt ja schön öfter gegeben.
Den US-Kunden wird es nicht berühren, das ist ohnehin ein ganz anderer Marktzugang, wie man weiß. Aber gerade deutsche und schweizer Piemont-Liebhaber, könnten sich damit den Namen Vietti vom Einkauszettel streichen. Schließlich ist die Region auch künftig voll von “wahren und echten” Erzeugern, über Generationen mit Boden und Keller verwurzelt. Und genau das ist ein hohes Grundkriterium für Nebbiolo-Fans und Co.
MfG Michaell Holzinger