Ausnahmeverordnung 2011: Deutschland säuert auf

Also doch: Per Ausnahmeerlass der Landesregierungen dürfen Winzer in fast allen Anbaugebieten Deutschlands in 2011 nun das tun, was sie spanischen, italienischen und südfranzösischen Winzern immer vorgeworfen haben: den Mosten und Weinen Säure hinzuzufügen. Die frühe Reife der Trauben hat die natürlichen Säurewerte in 2011 in den Keller sausen lassen. Erstmals war 2003 das Verbot der „Azidifizierung“ ausgesetzt worden.

Also doch: Per Aus­nah­me­er­lass der Lan­des­re­gie­run­gen dür­fen Win­zer in fast allen Anbau­ge­bie­ten Deutsch­lands in 2011 nun das tun, was sie spa­ni­schen, ita­lie­ni­schen und süd­fran­zö­si­schen Win­zern immer vor­ge­wor­fen haben: den Mos­ten und Wei­nen Säu­re hin­zu­zu­fü­gen. Die frü­he Rei­fe der Trau­ben hat die natür­li­chen Säu­re­wer­te in 2011 in den Kel­ler sau­sen las­sen. Erst­mals war 2003 das Ver­bot der „Azi­di­fi­zie­rung“ aus­ge­setzt worden. 

Noch am 5. Sep­tem­ber hat­te Bun­des­land­wirt­schafts­mi­nis­te­rin Ilse Aigner von einem „her­vor­ra­gen­den“ Wein­jahr­gang: Der 2011er habe „das Poten­zi­al zu einem guten bezie­hungs­wei­se sehr guten Jahr­gang“, sag­te sie beim Start der frän­ki­schen Wein­le­se in Erlen­bach am Main.

Wäre es wirk­lich so, hät­ten die Lan­des­re­gie­run­gen in Rheinland-Pfalz, Hes­sen, Bay­ern und Baden-Württemberg nicht zur glei­chen Zeit Aus­nah­me­ver­ord­nun­gen erlas­sen, die das Ver­bot der künst­li­chen Säue­rung des Weins für die­ses Jahr auf­he­ben. Die ers­ten 2011er Mos­te, die in den Kel­lern gären, wei­sen näm­lich Säu­re­wer­te von unter 4 g/l auf – so nied­rig wie zuletzt 2003. In die­sem Jahr war zum ers­ten Mal das Säue­rungs­ver­bot für deut­sche Wei­ne auf­ge­ho­ben wor­den, „um die mikro­bio­lo­gi­sche Sta­bi­li­tät der Wei­ne sicher­zu­stel­len“. Zum zwei­ten Mal wur­de die Säue­rung in 2009 erlaubt.

Vernünftige Maßnahme

Die Maß­nah­me ist ver­nünf­tig, zeigt aber, dass 2011 nicht der her­vor­ra­gen­de Jahr­gang sein kann, von der die Minis­te­rin spricht. So hoch wie die Säu­ren 2010 lagen (der über­wie­gen­de Teil der Wei­ne muss­te in Deutsch­land ent­säu­ert wer­den), so nied­rig lie­gen sie auf­grund der beson­de­ren Wit­te­rungs­be­din­gun­gen in die­sem Jahr. Ohne Säu­re aber fehlt den Wei­nen der Nerv. Sie altern schnell und ent­wi­ckeln uner­wünsch­te Aromen.

Durch den Zusatz von Wein- bezie­hungs­wei­se Milch­säu­re zu Most oder Wein kann das bio­lo­gi­sche Gleich­ge­wicht wie­der her­ge­stellt wer­den. Erlaubt sind maxi­mal 1,5 g/l im Most und 2,5 g/l im Wein.

Das Pikan­te an den Aus­nah­me­ver­ord­nun­gen ist, dass der deut­sche Wein­bau jah­re­lang ver­ächt­lich nach Süd­eu­ro­pa geschaut hat, wo auf­grund der war­men Wit­te­rung teil­wei­se jedes Jahr gesäu­ert wer­den muss. Dort ist die Auf­säue­rung von Gesetz wegen erlaubt. Inzwi­schen aber herr­schen in Mit­tel­eu­ro­pa teil­wei­se ähn­li­che Wit­te­rungs­be­din­gun­gen, so dass in bestimm­ten Jah­ren auch hier eine „Azi­fi­di­zie­rung“ not­wen­dig ist. Da das Hin­zu­fü­gen von Säu­re zum Wein in Deutsch­land und ande­ren nörd­li­chen Wein­bau­län­dern ver­bo­ten ist, bedarf es hier eines förm­li­chen Aufhebungserlasses.

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