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Assyrtiko aus Santorini: Griechenland ist gar nicht arm!

Santorini ist eine Insel von magischer Schönheit. Und sie bietet nicht nur Panoramen, sondern auch einen herrlich frischen, mineralischen Weißwein. Er wird aus der einheimischen Assyrtiko-Rebe gewonnen, die auf kargen Böden in heißer, schwarzer Vulkanasche wächst. Kann unter solch extremen Bedingungen überhaupt ein guter Wein entstehen? Jens Priewe hat sogar zwei gefunden. Reiches Griechenland!

Sonnenaufgang auf SantoriniDer eine Santorini Assyrtiko kommt von der Domaine Sigalas, die ihre Weinberge im Norden der Insel hat. Ein Wein, der auf den ersten Schluck vielleicht keine großen Emotionen auslöst. Er bringt viel fruchtige Frische mit, ist aber nicht sonderlich tief und komplex. Doch nach zehn Minuten zeigt dieser urtümliche Wein, was einen Santorini Assyrtiko ausmacht: das rauchig-zitrusfruchtige Aroma und die hohe Säure.

Das Aroma überrascht nicht. Die Rebe wächst in schwarzer, stark eisenhaltiger Vulkanasche. Diese sorgt für die mineralische Note des Weins. Die hohe Säure erstaunt jedoch. Santorini gehört zu Kykladen und zählt zu den heißesten Orten Griechenlands. Die Sonne brennt unbarmherzig auf die Erde nieder und die Böden reflektieren die Hitze. In so einem Klima entstehen normalerweise schwere, behäbige Weine.

Auch dieser Wein, der reinsortig aus Assyrtiko-Trauben gewonnen und im Edelstahltank vergoren wurde, ist nicht leicht. Er weist 14 Volumenprozent  Alkohol auf. Andererseits aber bringt er eine Säure mit, die einem Riesling gut anstände (7 gr). Sie macht ihn herzhaft und lässt ihn fast leichtfüßig über den Gaumen gleiten.

Paris SigalasWie das möglich ist? Auf Santorini ist es nicht nur heiß. Ständig streicht ein Wind über die Insel und kühlt die Böden ab. So kräftig ist dieser Wind, dass sich die Reben vor ihm ducken, eher am Boden kriechen als in die Höhe ranken. Entsprechend mühselig sind übrigens die Pflege der Weinberge und die Lese. Paris Sigalas, der Winzer, weiß ein Lied davon zu singen.

Dazu kommt, dass die Trauben schon in der ersten Augusthälfte geerntet werden. Sie sind dann zwar nicht vollreif. Aber dafür haben sie noch viel Säure. Diese Säure mag etwas roh und kratzig sein. Aber niemand behauptet, dass ein Santorini-Wein immer ein hochnobler Tropfen ist. Die Einheimischen trinken ihn zu Sardellen und Kalamaria vom Grill. Und in den einschlägigen Tavernen in Berlin-Kreuzberg und München-Schwabing wird er zu Moussaka und Pitta mit Schafskäse gereicht.

Den zweiten Assyrtiko könnte man allerdings auch zur feinen Küche einsetzen. Er heißt Thalassitis und kommt von Gaia, einem der renommiertesten und besten Weinbaubetriebe Griechenlands. In Nemea auf der Peleponnes erzeugt dieses Weingut feine Rotweine, auf Santorini zwei Assyrtiko: beide von 70jährigen Rebstöcken, die noch wurzelecht sind, beide ausschießlich aus Vorlaufmost gewonnen, beide knochentrocken. Der eine wurde im Stahltank, der andere in französischen Barriques vergoren und auf der Naturhefe ausgebaut. Letzterer ist ein phänomenaler Wein mit einer dramatisch hohen Säure, aber auch mit reifen Feigen- und Khaki-Aromen sowie einem rauchig-röstigen Unterton.

Nichts für Gyros-Fans, aber dieser Wein würde auch zu Lachsmousseline oder zu Seezungenröllchen passen. Nirgendwo auf der Welt gibt es einen Weißwein mit einem vergleichbaren Geschmack.

Die Weine


2016 Santorini Assyrtiko | Domaine Sigalas
Preis: 17,95 Euro
Bezug: www.griechischer-wein-shop.de


2014 Santorini “Thalassitis” | Gaia
Preis: 14,60 Euro
Bezug: www.griechischer-weinversand.de


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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