„Arschjahrgang“ 2014? Nicht in der Steiermark!

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Nach übereinstimmender Winzermeinung war 2014 „der schwierigste Jahrgang seit 30 Jahren“ in der Steiermark. Dafür sind die Weine überraschend gut, sogar sehr gut, fand Jens Priewe. Er hat elf renommierte Winzer der Südsteiermark besucht.

Juni Regen. Juli feucht und kühl. August trüb und son­nen­arm, lokal sogar Hagel. Sep­tem­ber Rekord­nie­der­schlä­ge. Ers­te Not­le­sen. Mit­te Sep­tem­ber immer noch Regen. Die Wein­ber­ge ver­sin­ken im Was­ser, die Trau­ben schim­meln am Stock. Ver­zwei­fe­lung pur bei den Win­zern. Auch Panik. Vie­le gehen in den kur­zen Regen­pau­sen raus und ver­su­chen zu ret­ten, was zu ret­ten ist. Die Hoff­nung, noch  einen respek­ta­blen 2014er zu bekom­men, schwin­det von Tag zu Tag. „Arsch­jahr­gang“ flu­chen auch wohl erzo­ge­ne Steirer.

Am 19. Sep­tem­ber reißt der Him­mel auf. Die Son­ne kommt her­vor. Die Trau­ben trock­nen ab. Die Wen­de? Der nächs­te Tag ist wie­der mild, der über­nächs­te schon rich­tig warm. Der Gol­de­ne Herbst ist da. Hur­ra! Oder bes­ser: Wahnsinn.

Vor drei Wochen, also ein knap­pes Drei­vier­tel­jahr spä­ter, habe ich elf Win­zer in der Süd­stei­er­mark besucht. Die Sau­vi­gnon Blancs, die Moril­lons, die Gel­ben Mus­ka­tel­ler und die ande­ren Wei­ne, die sie mir hin­stell­ten, besa­ßen eine Frucht­tie­fe, wie ich sie in den soge­nann­ten guten Jah­ren sel­ten erlebt habe. Glas­kla­re Aro­men, unver­fälsch­te Geschmacks­no­ten, Super-Säure. „Das haben wir nicht mehr erwar­tet“, gibt Wal­ter Polz vom gleich­na­mi­gen Wein­gut in Spiel­feld unum­wun­den zu. Hoch­zu­frie­den ist er mit dem, was in der Fla­sche ist. Mit der Men­ge weni­ger. Die ist um ein Fünf­tel unter Nor­mal geschrumpft.

Auch der Kol­le­ge Wil­li Satt­ler ist über­aus zufrie­den mit der Qua­li­tät. Doch er hat­te zu kei­nem Zeit­punkt die Hoff­nung auf­ge­ge­ben, noch einen ordent­lich Wein zu ern­ten. Er weiß, dass sich der Gol­de­ne Herbst zwar auf­hal­ten, aber nicht weg­schwem­men lässt. „Oa bis­serl wos geht immer“, stei­ert er. „Du brauchst halt Geduld, dös is alles.“

Ähn­li­ches berich­ten die Tement, Gross, Lackner-Tinnacher, Saba­thi und die ande­ren Spit­zen­win­zer der Süd­stei­er­mark. Statt in Panik zu gera­ten, haben sie wäh­rend der Regen­pe­ri­ode die fau­len Trau­ben her­aus­ge­schnit­ten und die (noch) gesun­den hän­gen gelas­sen. Natür­lich mit dem Risi­ko, dass auch die­se von der nas­sen, glit­schi­gen Botry­tis befal­len wer­den, die alles kaputt macht. Doch unrei­fe Trau­ben zu lesen, wäre genau­so sinn­los. Sie ver­trau­ten der Erfah­rung – und sie beka­men Recht.

Jene Trau­ben, die noch hin­gen und gesund waren, als der Regen auf­hör­te, reif­ten in der Herbst­son­ne lang­sam aus und konn­ten im Okto­ber gesund ein­ge­bracht wer­den. Sicher, sie besa­ßen nicht die hohen Zucker­gra­da­tio­nen der 2013er, schon gar nicht die der 2011er. Aber sie konn­ten einen gro­ßen Teil ihres Rei­fe­rück­stands wett­ma­chen. Das Resul­tat: deut­lich weni­ger, aber guter, ja her­vor­ra­gen­der Wein. Und Alko­hol­wer­te, die um min­des­tens ein hal­bes Pro­zent nied­ri­ger lie­gen als nor­mal, was die Kon­su­men­ten zu schät­zen wissen.

Noch erfolg­rei­cher waren eini­ge Bio-Winzer. Durch jah­re­lan­gen Dün­ge­ver­zicht sind ihre Reben regel­recht „gestählt“ gegen die Unbil­den der Natur. Ewald Tschep­pe vom Wer­lit­sch­hof, ein Demeter-zertzifizierter Betrieb, hat nur rela­tiv wenig fau­le Trau­ben gehabt: „Durch die Stär­kungs­maß­nah­men, die wir regel­mä­ßig unter­neh­men, ist die Scha­le unse­rer Bee­ren dicker und somit weni­ger anfäl­lig für die Nass­fäu­le. Am Ende haben wir zwar etwas weni­ger als sonst ein­ge­bracht, aber es waren kern­ge­sun­de Trauben.“

Zusam­men­ge­fasst: Ich habe rela­tiv leich­te Wei­ne, aber extrem fri­sche 2014er mit glo­cken­rei­ner Frucht vor­ge­fun­den, die zwar nicht für die Ewig­keit gemacht sind, sich aber in den ers­ten Jah­ren umso bes­ser trin­ken las­sen dürf­ten. Sie zu „Gas­tro­no­mie­wei­nen“ her­ab­zu­stu­fen, wie es die Wie­ner Kro­nen­zei­tung gemacht hat, wäre bös­ar­tig. Es degra­diert Restau­rants, Wein­stu­ben, Beisln zu Res­te­ram­pen, über die zweit­ran­gi­ge Qua­li­tä­ten abge­setzt wer­den. Blödsinn.

Außer­dem sind die 2014er nicht zweit­ran­gig. Zwar wer­den vie­le Spitzen-Winzer auf ihre Lagen­wei­ne ver­zich­ten (oder deren Men­ge redu­zie­ren). Aber das heißt: die Stei­ri­sche Klas­sik wird vie­ler­orts durch Wein aus den Ers­ten und Gro­ßen Lagen auf­ge­peppt. Ich wage die Aus­sa­ge, dass die Wei­ne der Stei­ri­schen Klas­sik (also der meist im Edel­stahl aus­ge­bau­ten Basis-Rebsortenweine) in 2014 oft­mals span­nen­der sind als in den drei Vorgänger-Jahrgängen. Zumin­dest gilt das für Welsch­ries­ling, Weiß- und Grau­bur­gun­der sowie für Sau­vi­gnon Blanc, das Schlacht­ross der Süd­stei­er­mark. Dem Moril­lon (Char­don­nay) hät­te dage­gen ein biss­chen mehr Wär­me gut getan. Und der Gel­be Mus­ka­tel­ler besitzt in 2014 ein paar grü­ne Noten mehr als sonst. So what!


Fol­gen­de elf Wein­gü­ter habe ich im Juni 2015 besucht und den neu­en Jahr­gang probiert:


Der Purist: Sattlerhof, Gamlitz


Willi Sattler
Wil­li Sattler

Wil­li Satt­ler gehört zur Pio­nier­ge­ne­ra­ti­on der Süd­stei­er­mark. Er und ein hal­bes Dut­zend Mit­strei­ter waren es, die den Mut hat­ten, nach dem Wein­skan­dal 1985 mit tro­cke­nen, qua­li­ta­tiv hoch­ste­hen­den Wei­nen auf den Markt zu gehen. Und doch ist Satt­ler einen ande­ren Weg gegan­gen als Tement, Polz und Gross bei­spiels­wei­se. Im Ver­gleich zu die­sen setzt er deut­lich weni­ger Holz ein. Sei­ne Wei­ne sind folg­lich rein­tö­ni­ger, pri­mär­fruch­ti­ger, manch­mal auch fes­seln­der. Selbst sein Spit­zen­wein, der Sau­vi­gnon Blanc vom Kra­nach­berg, wird fast aus­schließ­lich in Edel­stahl­tanks aus­ge­baut – viel­leicht der ein­zi­ge Weiß­wein von Welt­klas­se auf die­sem Pla­ne­ten, der auf Holz verzichtet.

Im Weinberg bio, im Keller eher konventionell

Wein­gut Satt­ler­ho­fIm Wein­berg arbei­tet Satt­ler nach­hal­tig, was sich 2014 aus­ge­zahlt hat. Die Men­gen­ein­bu­ßen waren bei ihm gerin­ger als im Lan­des­durch­schnitt. Weni­ger Bee­ren sind durch den Regen auf­ge­platzt. Eine Zer­ti­fi­zie­rung als Bio-Weingut läuft. Im Kel­ler arbei­tet Satt­ler dage­gen eher kon­ven­tio­nell. Er ver­gärt mit eige­nen Hefen, aber nicht spon­tan. Eine Mai­sche­stand­zeit ist bei ihm nicht vor­ge­se­hen. Der bio­lo­gi­sche Säu­re­ab­bau wird nicht for­ciert. Ent­spre­chend makel­los sind sei­ne Wei­ne, was nicht bedeu­ten soll, dass sie zu tech­nisch wären. Im Gegen­teil: Packend sind sie und so fein zise­liert wie ein Dürer’scher Kup­fer­stich. Im Bereich Stei­ri­sche Klas­sik ragt der Gamit­zer Sau­vi­gnon Blanc her­aus (12,50 Euro), der in sei­ner Kate­go­rie die Mess­lat­te hoch legt – in 2014 ganz beson­ders. Einen grö­ße­ren Span­nungs­bo­gen schlägt Satt­lers Sau­vi­gnon Blanc vom „Ser­nau­berg“, einer Ers­ten Lage. Er ist rei­fer mit weni­ger Zitrus- und mehr Stachelbeer- und Holun­der­aro­men. Er kos­tet aber auch ein biss­chen mehr (19 Euro). Begeis­ternd auch der ein­fa­che Welsch­ries­ling (7,20 Euro), wäh­rend die Zeit für den Moril­lon „Kapel­len­wein­gar­ten“ erst in vier, fünf Jah­ren kom­men wird.


Die Spaßmacher: E. & W. Polz, Spielfeld


Erich, Ste­phan und Wal­ter Pol­zDie Brü­der Polz bewirt­schaf­ten inzwi­schen über 100 Hekt­ar Reben in der Süd­stei­er­mark. Nach der Über­nah­me des Wein­guts Tschep­pe am Pöss­nitz­berg ver­ar­bei­ten sie nun auch die Trau­ben aus den Wein­gär­ten des Schloss Seg­gau. Ent­spre­chend breit ist ihr Sor­ti­ment. Der her­aus­ra­gen­de Wein unter jenen 2014ern, die bis Juni auf dem Markt waren, ist die „The­re­se“, ein Sau­vi­gnon Blanc aus dem dem hoch gele­ge­nen Sau­sal: schlank, kühl, pikant, mit ele­gan­tem Säu­re­spiel, viel grü­ne Papri­ka, Klee und Fen­chel­kraut, dazu leich­te Feu­er­stein­aro­men (16,95 Euro). Ganz exzel­lent auch der Sau­vi­gnon Blanc 88/84, benannt nach einer küh­len, nach Nord­os­ten aus­ge­rich­te­ten Par­zel­le in Spiel­feld (11,50 Euro).

„Musst zwei Brot Verhackertes dazu essen“

Selbst im säu­re­rei­chen Jahr 2014 ist Polz’ Stei­ri­sche Klas­sik auf­grund ihrer Frucht und Saf­tig­keit aus­ge­spro­chen ani­mie­rend, wobei Trink­spaß und Tie­fe sich nicht aus­schlies­sen. Wem der Gel­be Mus­ka­tel­ler oder Welsch­ries­ling zu viel Säu­re auf­weist, dem rät Wal­ter: „Musst zwei Brot Ver­ha­cker­tes dazu essen.“

Vom Sau­vi­gnon Blanc „Hoch­grass­nitz­berg“, einer Gro­ßen Lage, ist jetzt der 2013er frei­ge­ge­ben wor­den. Ers­ter Ein­druck: etwas schlan­ker als 2011 und min­des­tens genau­so gut wie 2012, aber nicht ganz an Tements „Zier­egg“, Alo­is Gross’ „Nuss­berg“ und Satt­lers „Kra­nach­berg“ her­an­rei­chend (24,95 Euro).

Obegg braucht Zeit

Wein­gut E. & W. Pol­zAuch den eben auf den Markt gekom­me­nen 2013er Char­don­nay „Obe­gg“ konn­te ich ver­kos­ten. Die Mandarinen- und Ana­nas­aro­men schlum­mern noch im Hin­ter­grund, im Vor­der­grund steht das vanil­li­ge Holz der Bar­ri­ques. Die­ser Wein ist für ein lan­ges Leben kon­zi­piert und nicht nach dem Jetzt-Zustand zu beur­tei­len. Im famos gele­ge­nen Restau­rant Jagl­hof hoch oben über Gam­litz trank ich zum geschmor­ten Biorind den 2007er „Obe­gg“. Da zeig­te sich dann die gan­ze Fül­le der Sekun­där­aro­men mit Wal­nüs­sen, Gra­phit, Salz­man­deln, Quit­te. Bur­gun­disch im Stil, aber mit stei­ri­schem Aromenprofil.

Übri­gens Jagl­hof: eine der drei bes­ten kuli­na­ri­schen Adres­sen in der Süd­stei­er­mark, nicht nur wegen der Pan­or­a­ma­la­ge. Die Vor­spei­sen­krea­ti­on vom Schweins­brüstl mit Senf­eis, Jakobs­mu­scheln und Gra­pe­fuit ver­ges­se ich nicht so schnell.


Burschen-Schank: Weingut Schauer, Kitzeck


Stefan Schauer
Ste­fan Schauer

Die Schau­ers haben auf jeden Fall den schöns­ten Buschen­schank im Sau­sal. Wer zu der Win­zer­fa­mi­lie hin­auf nach Kitz­eck fährt, schlürft  Mus­ka­tel­ler­sekt oder Welsch­ries­ling unter der aus­la­den­den Kro­ne von Wal­nuss­bäu­men, umge­ben von blü­hen­den Hor­ten­si­en, wäh­rend der Blick über die Schluch­ten des Sau­sal hin­un­ter ins Sulm­tal schweift. Stark! Die Mut­ter trägt stei­ri­sche Kost auf, Ste­fan Schau­er und sein Bru­der Bern­hard, die zwei jun­gen Bur­schen, schen­ken die Wei­ne ein und erklä­ren, was es zu erklä­ren gibt. Den Gais­riegl etwa, eine Schiefer-Steillage gleich hin­ter dem Haus, von der Schau­ers bes­ter Sau­vi­gnon Blanc kommt. Er wird, wie alle Steil­la­gen­wei­ne die­ses klei­nen Gutes, im gro­ßen Holz­fass gereift. Auch der Grau­bur­gun­der kommt in sei­ner höchs­ten Voll­endung aus dem Gaisriegl.

Blitzsaubere Weine

Aller­dings sind es der­zeit noch 2013er, die im Aus­schank sind. Die 2014er wer­den erst spä­ter im Jahr frei­ge­ge­ben. Sie sind blitz­sauber, besit­zen Saft und Kraft, Schmelz und eine ras­si­ge Frucht. Ohne Fehl und Tadel. Viel­leicht sind sie etwas zu sau­ber, zu tech­nisch. Bei Ter­ro­ir­wei­nen erwar­tet man mehr Rei­fe, mehr Terroir.

Steil­la­ge Gais­rie­gl­Zu der ein­fa­chen Sausal-Klassik und den mitt­le­ren Schiefergestein-Wein passt der Lehrbuch-Stil bes­ser. Die­se Wei­ne sind bereits in der 2014er Ver­si­on auf dem Markt. Und sie wir­ken, als hät­te es nie Regen, nie Fäul­nis, kein Zit­tern gege­ben. Das darf als Kom­pli­ment ver­stan­den wer­den. Die stren­ge Selek­ti­on der Trau­ben im Wein­berg und bei der Lese hat sich hier aus­ge­zahlt. Sehr trenn­scharf sind die Kate­go­rien Sau­sal und Schie­fer­ge­stein  aller­dings nicht. Der Kon­su­ment ist mit dem Sau­sal Sau­vi­gnon (8,90 Euro) fast eben­so gut bedient wie mit dem Schiefergestein-Sauvignon (11,50 Euro). Sei’s drum: Sau­sal ist auf­grund sei­ner Höhen­la­ge von Regen und Küh­le in 2014 beson­ders betrof­fen gewe­sen. Die­ses Han­di­cap haben die


Echt Gross: Weingut Gross, Ratsch


Johannes Gross
Johan­nes Gross

Alo­is Gross hat, obwohl erst 55, vor eini­gen Jah­ren sei­nen Betrieb an die Söh­ne über­ge­ben. Seit­dem tra­gen Johan­nes und Micha­el Gross die Ver­ant­wor­tung. Die ers­ten 2014er sind auf dem Markt – und begeis­tern. Soviel Kraft und Fein­heit schon bei den Basis­wei­nen – das erwar­tet wohl nie­mand, der weiß, wie der letz­te Herbst war.

Der Gel­be Mus­ka­tel­ler ist von einem soge­nann­ten guten Jahr­gang kaum zu unter­schei­den (9,90 Euro), der Sau­vi­gnon Blanc ist sogar extrak­rei­cher als man­che Klas­sik ande­rer Jah­re (11,90 Euro). Der Weiß­bur­gun­der, der bei Gross immer beson­ders gepflegt wird, begeis­tert gera­de­zu (8,90 Euro), wenn­gleich er leich­ter und süf­fi­ger ist als sonst. Und das ist erst der Anfang.

Weinprobe auf der Dachterrasse

Wein­gut Gross­Nächs­ten März kom­men die bei­den Rat­scher Ort­wei­ne auf den Markt, der Sau­vi­gnon Blanc und der Moril­lon aus dem Startin-Fass. Sie konn­te ich noch nicht pro­bie­ren, aber das 2013er Niveau wer­den sie errei­chen, mein­te Johan­nes. Und die­ses Niveau ist hoch. Auch eine klei­ne Men­ge an Lagen­wei­nen wird es geben. Nur der Kit­ten­berg Weiß­bur­gun­der fällt aus. Übri­gens kann man die Wei­ne auf der Ter­ras­se des Gutes wun­der­bar verkosten.

Uns hat Groß­mutter Maria dar­über hin­aus mit fes­ter Nah­rung ver­sorgt. Ihre Spe­zia­li­tät: Kübel­fleisch. Klingt schreck­lich, heißt aber tra­di­tio­nell so in der Stei­er­mark und ist nichts ande­res als gebeiz­tes Schwei­ne­fleisch, das geräu­chert und luft­ge­trock­net wird.


Oben angekommen: Hannes Sabathi, Kranachberg


Han­nes Saba­thi­Wer das abgle­ge­ne Wein­gut fin­det, hat schon die wich­tigs­te Hür­de auf dem Weg zu Han­nes Saba­thi genom­men. Des­sen Wei­ne spie­len immer ganz oben mit in der Süd­stei­er­mark, ins­be­son­de­re sein Sau­vi­gnon Blanc vom Kra­nach­berg. Ob es ihn in 2014 geben wird, ist aller­dings noch nicht ent­schie­den. Doch der 2014er Sau­vi­gnon Blanc „Gam­litz“, also der Orts­wein, ist schon unver­schämt gut mit sei­ner scho­ti­gen Wür­ze, der packen­den Säu­re und dem süßen Schmelz, der nicht ahnen lässt, was der Win­zer im letz­ten Herbst durch­ma­chen muss­te, bevor end­lich die Son­ne kam. In zwei, drei Jah­ren, wenn die­ser Wein sich ent­fal­tet hat, wird nicht nur grü­ne Papri­ka zu schme­cken sein, son­dern rei­fe, rote Früch­te. Das wage ich zu pro­gnos­ti­zie­ren (16,90 Euro).

Da fängt der Spaß erst richtig an

Der Char­don­nay „Gam­litz“ kam zur Zeit der Ver­kos­tung noch aus dem 2013er Jahr. Ein mineralisch-frischer Wein, zugleich leicht cre­mig, wobei die war­men Schot­ter­bö­den ihm raf­fi­nier­te Gelbfrucht-Aromen mit­ge­ge­ben haben. Er wird spon­tan im gro­ßen Holz­fass ver­go­ren und lagert noch min­des­tens sie­ben Mona­te dar­in. Han­nes kommt immer etwas spä­ter mit sei­nen Wei­nen her­aus als die Kollegen.

Weingut Hannes Sabathi
Wein­gut Han­nes Sabathi

Die 2014er Wei­ne der Stei­ri­schen Klas­sik sind durch­weg gut gelun­gen. Sie sind leicht und äußerst trink­freund­lich und haben eine leicht erhöh­te Säu­re, aber kei­ne über­mä­ßig grü­nen Aro­men. Ich zie­he den Sau­vi­gnon Blanc vor (10,70 Euro), gebe aber zu, dass auch der Gel­be Mus­ka­tel­ler hier eine Opti­on ist. Han­nes ließ uns zum Ver­gleich den 2011er Gel­ben Mus­ka­tel­ler „Gam­litz“ pro­bie­ren, der im Wein­gut nur noch als Rari­tät vor­han­den ist: Da fängt der Spaß dann rich­tig an!

Ach, fast hät­te ich die klei­nen Sülz­chen ver­ges­sen, die Sil­via Roth­schä­del im Buschen­schank zu den Wei­nen ser­viert. Auch die loh­nen den Abste­cher hin­auf auf den Kranachberg.

 


Die neue steirische Schule: Erwin Sabathi, Pössnitzberg


Erwin Sabathi
Erwin Saba­thi

Erwin Saba­thi ist der König des Char­don­nay in der Süd­stei­er­mark, mit sei­nem Top-Wein „Alte Reben Pöss­nitz­berg“ viel­leicht auch ganz Öster­reichs. Aber was heißt König? Er hat einen ganz eige­nen Chardonnay-Stil und auch eine ganz eige­ne Phi­lo­so­phie ihn zu erzeu­gen. Als Stei­ri­sche Klas­sik gibt es ihn bei ihm gar nicht.

Die ein­fachs­te Ver­si­on ist „Glanz“, ein Orts­wein: „Char­don­nay braucht Holz, auch der ein­fachs­te. Die­se Ein­stiegs­qua­li­tät hat sie­ben Mona­te im gro­ßen Holz­fass gele­gen. Das kann man nicht mehr Klas­sik nen­nen. Sie hat sogar einen bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau gemacht.“

Große Lage Pössnitzberg

Mit 9,70 Euro ist der 2014er „Glanz“ mehr als nur wohl­feil. Die ande­ren Char­don­nays, die wir ver­kos­tet haben, stamm­ten aus dem Jahr­gang 2013: den Char­don­nay „Pöss­nitz­berg“ (18 Euro) und den Char­don­nay „Alte Reben Pöss­nitz­berg“ (39 Euro). Pöss­nitz­berg ist als Gro­ße Lage klas­si­fi­ziert, ent­spre­chend eigen­wil­lig sind die­se bei­den Wei­ne: nicht aus­la­dend, nicht tropisch-fruchtig, schon gar nicht nussig, auch nicht über­mä­ßig cre­mig, son­dern mineralisch-schlank, leicht rauchig-salzig mit Anklän­gen von Aus­tern­scha­len und Algen, natür­lich auch mit einem Hauch Pfir­sich und Apfel im Hintergrund.

Keine Bâtonnage mehr

Weingut Erwin Sabathi
Wein­gut Erwin Sabathi

Vor allem aber tief. Wer mal die Gele­gen­heit hat­te, die 2008er zu ver­kos­ten, den ers­ten mit der neu­en Hand­schrift  des Wein­guts (www.sabathi.com), der weiß, wie­viel Fri­sche sie auch heu­te noch auf­wei­sen.  Erwin fährt jedes Jahr ins Bur­gund und eifert erkenn­bar dem Stil der Wei­ne von der Côte de Beau­ne nach. So lie­gen sei­ne bei­den Top-Chardonnay 18 Mona­te im klei­nen Holz­fass, wobei Erwin die Hefe nicht auf­rührt: „Kei­ner der Gro­ßen im Bur­gund prak­ti­ziert noch Bâton­na­ge. Bâton­na­ge macht die Wei­ne viel zu cremig…“

Unter den 2014er Wei­nen, die schon frei­ge­ge­ben sind, stach der Sau­vi­gnon Blanc „Poh­ar­nig“ her­aus, der von einer Ers­ten Lage kommt (15,60 Euro): wie alle Wei­ne die­ses Win­zers spon­tan ver­go­ren ohne vor­ge­schal­te­te Mai­sche­stand­zeit, im gro­ßen Holz­fass gereift und auf der Fla­sche deut­lich mehr gel­be als grü­ne Frucht zei­gend –neue, stei­ri­sche Schule.


Ganz auf Schilcher eingestellt: Weingut Reiterer, Wies


Chris­ti­an Rei­te­rer­Chris­ti­an Rei­te­rer (www.weingut-reiterer.com) ist nicht glück­lich über den Jahr­gang 2014. Er hat sich ent­schlos­sen, sei­ne drei Lagen-Schilcher „Engel­wein­gar­ten“, „Lam­berg“ und „Rie­mer­berg“ nicht abzu­fül­len. Damit feh­len ihm sei­ne renom­mier­tes­ten Schil­cher im Sor­ti­ment.  Es gibt in 2014 nur einen Schil­cher, den er „Exqui­sit“ genannt hat. In ihm ist das Weni­ge ent­hal­ten, das im letz­ten Herbst aus den Lagen kam und gesund und reif war.

Schilcher 2014 mit höherer Säure

Der Schil­cher „Exqui­sit“ ist kei­nen Deut schlech­ter als der Schil­cher Clas­sic, den Rei­te­rer für gewöhn­lich als Basis­wein abfüllt. Im Gegen­teil: ein fein­blu­mi­ger, herzhaft-fruchtiger Rosé mit schö­nem Spiel zwi­schen Frucht­sü­ße und Säu­re, wobei Letz­te­re schon ein wenig höher liegt als in den Jah­ren zuvor. Mit 7,50 Euro ist die­se urtüm­li­che stei­ri­sche Spe­zia­li­tät äußerst ver­brau­cher­freund­lich kal­ku­liert (wobei die Trans­port­kos­ten nach Deutsch­land schon ein­ge­preist sind).

Besser als 98 Prozent aller Prosecco

Wer es ger­ne pri­ckeln lässt, geht auf den Schil­cher friz­zan­te (7,90 Euro). Ihn hat Rei­te­rer als erfri­schen­den Summer-Cooler kon­zi­piert – bes­ser als 98 Pro­zent aller Pro­sec­co. Außer­dem ist er mit einer auf­fäl­lig schö­nen him­beer­far­be­ne Robe aus­ge­stat­tet. Die­sen Friz­zan­te darf man not­falls auch mit Eis­wür­feln trin­ken – er bleibt ein seriö­ser Wein.

Der 2014er Weißburgunder ist sehr gut geraten

Wein­gut Rei­ter­erNach der Ver­kos­tung wur­den wir von Chris­ti­an Rei­te­rer zu einem klei­nen Lunch in sei­ne Vino­thek ein­ge­la­den, die im Kel­ler­ge­schoss des stil­voll reno­vier­ten alten Hofes liegt und nur über eine stei­le Trep­pe zu errei­chen ist. Zur Hähn­chen­brust mit Kür­bis­kern­pa­na­de floss der Schil­cher in Strö­men (was bei nur 11 Vol.% Alko­hol rela­tiv unge­fähr­lich war). Aber auch der Sau­vi­gnon Blanc vom Kra­nach­berg lässt nicht erken­nen, wie schwie­rig der Jahr­gang 2014 war. Der 2014er Weiß­bur­gun­der ist sogar sehr gut geraten.

P.S.: Für alle, die nicht genau wis­sen, was Schil­cher ist: ein Rosé aus der Blau­en Wildbacher-Traube. Sie ist die wich­tigs­te Sor­te in der West­stei­er­mark. Weil die­se Trau­be nie wirk­lich reif wird, wird aus ihr in der Regel kein Rot­wein gekel­tert, son­dern nur Rosé. Als Rosé ver­trägt man die hohe Säu­re besser.

P.P.S.: Übri­gens tüf­telt Chris­ti­an Rei­te­rer für das nächs­te Jahr an einem hefe­trü­ben Schilcher-Sekt. Man darf gespannt sein.


Geheimtipp aus Slowenien: Weingut Tement, Berghausen


Armin Tement
Armin Tement

Man­fred Tement (www.tement.at) gehört zu den Rou­ti­niers der Stei­er­mark. Aber Rou­ti­ne heißt nicht, dass Still­stand herrscht. Im Gegen­teil. Sei­ne bei­den Söh­ne Armin und Ste­fan sor­gen dafür, dass immer ein fri­scher Wind weht auf der „Kom­man­do­brü­cke“, wie die in die Wein­ber­ge ragen­de Ter­ras­se sei­nes Wein­guts manch­mal genannt wird. Die bei­den Tement-Buben wis­sen genau, dass die Erfol­ge von ges­tern jedes Jahr neu erkämpft wer­den müs­sen. Und in 2014, das geben sie zu, wur­de hart gekämpft, um einen guten Wein zu bekommen.

Säure und fruchtige Süße gut integriert

Das, was bis jetzt auf der Fla­sche ist, spricht dafür, dass der Auf­wand sich gelohnt hat. Die Stei­ri­sche Klas­sik ist bei Welsch­ries­ling, Weiß­bur­gun­der und Sau­vi­gnon Blanc zwei­fel­los sehr gut gelun­gen, selbst beim Gel­ben Mus­ka­tel­ler. Im Unter­schied zur Stei­ri­schen Klas­sik vie­ler ande­rer Erzeu­ger zei­gen die Tement-Weine eine etwas höhe­re Rei­fe und lie­gen sechs vol­le Mona­te auf der Hefe. Dadurch sind sie nicht nur sehr frisch. Auch die Säu­re und die fruch­ti­ge Süße sind in ihnen extrem gut integriert.

Auch einen „Zieregg“ gibt es in 2014

Die Orts­wei­ne sind eben­falls schon gefüllt. Sie besit­zen ein teil­wei­se beacht­li­ches Niveau, allen vor­an der Berg­hau­se­ner Sau­vi­gnon Blanc (12,90 Euro), der durch­aus als Mess­lat­te für die stei­er­mär­ki­schen Orts­wei­ne gel­ten kann. Der „Grass­nitz­berg“ Sau­vi­gnon Blanc, der offi­zi­ell erst im Juli frei­ge­ge­ben wird, den ich aber schon vor­ver­kos­ten konn­te, wird noch einen drauf­set­zen (17,50 Euro). Eine klei­ne Men­ge aus der Spit­zen­la­ge „Zier­egg“ wird es ver­mut­lich auch in 2014 geben. Wir ver­kos­te­ten erst ein­mal die 2013er, und zwar sowohl den Sau­vi­gnon Blanc als auch den Moril­lon. Wenn es nicht schon ein Dut­zend­mal gesagt wor­den wäre, müss­te man es jetzt sagen: Bei­de Wei­ne gehö­ren in ihrer Kate­go­rie zu den bes­ten Euro­pas (34,50 bzw. 32,50 Euro).

Geheimtipp: die Domaine Ciringa

Wein­gut Tement­Ge­kauft habe ich für mich selbst übri­gens zwei Kar­tons Fosil­ni Breg 2014. Das ist der Sau­vi­gnon Blanc aus Man­freds slo­we­ni­schem Wein­gut Domaine Ciringa. Ciringa ist der slo­we­ni­sche Name für Zier­egg. Die Trau­ben für die­sen Wein kom­men aus der Ver­län­ge­rung die­ser stei­ri­schen Lage ins Nach­bar­land hin­ein. Die Muschelkalk-Böden und die klein­kli­ma­ti­schen Ver­hält­nis­se sind die­sel­ben wie in der Lage Zier­egg. Das Lese­gut ist genau­so hoch­wer­tig. Zwar sind die Reb­stö­cke jün­ger und der Aus­bau erfolg­te nur zu einem Teil im gro­ßen Holz­fass. Aber das Resul­tat ist unglaub­lich gut: ein Sau­vi­gnon Blanc der Spit­zen­klas­se, hoch­mi­ne­ra­lisch mit leicht rau­chi­gen  Noten, mehr Johan­nis­bee­re und Hage­but­te als Zitrus, brei­te Schul­tern. Ein biss­chen ließ ich mich bei mei­ner Kauf­ent­schei­dung  – zuge­ge­ben – auch von einer deut­schen Untu­gend steu­ern: dem Blick auf den Preis. Mit 9,95 Euro ist die­ser „Zier­egg“ sogar bil­li­ger als die Stei­ri­sche Klas­sik. Eigent­lich hät­te er die­sen Malus nicht ver­dient, nur weil es ein slo­we­ni­scher Wein ist.

Essen und Trinken in der „Weinbank“

Fast hät­te ich es ver­ges­sen. Zwei Aben­de aß ich in der Wein­bank in Ehren­hau­sen. So heißt das Restau­rant, in dem jetzt Ger­hard Fuchs am Herd steht, einer der zehn bes­ten Köche Öster­reichs. Jah­re­lang hat­te er im „Kreuz­wirt“ gekocht, dem Restau­rant des Hotel Pöss­nitz­berg. Man­fred Tement, dem die Immo­bi­lie in Ehren­hau­sen gehört, hat sie ihm nach Been­di­gung sei­nes Enga­ge­ments dort zur Pacht ange­bo­ten. Jetzt bie­tet Fuchs dort zwei Küchen an: eine Gour­met­kü­che und eine Wirts­haus­kü­che – die eine Kunst, die ande­re Hand­werk. Ich rate jedem, der die Süd­stei­er­mark bereist, dort ein­zu­keh­ren. Nicht nur wegen Fuchs, son­dern auch wegen Chris­ti­an Zach. Er ist Som­me­lier, Restau­rant­lei­ter und Mit­päch­ter. Durch ihn macht das Essen in der Wein­bank erst rich­tig Spaß. Er kennt die stei­ri­schen Wei­ne wie kein Zwei­ter. Er weiß, wer gera­de etwas Span­nen­des pro­du­ziert und wo es etwas Neu­es gibt. Und wer mal einen gereif­ten „Zier­egg“ trin­ken möch­te, der darf sich ver­trau­ens­voll an ihn wenden.


Der „Herantaster“ aus Kitzeck: Weingut Lorenz-Pronegg, Kitzeck


Micha­el Loren­zEr gilt als „Hin­spü­rer“, als vor­sich­ti­ger „Her­an­tas­ter“ an die Wahr­heit: Micha­el Lorenz, der 33-Jährige, eines der auf­stre­ben­den Win­zer­ta­len­te im Sau­sal. Ent­spre­chend zurück­hal­tend hat­te er sich bei unse­rem Besuch im Juni zur Wahr­heit des Jahr­gangs 2014 geäu­ßert. Zu unfer­tig waren vie­le Wei­ne noch, als dass er sich trau­te, ein end­gül­ti­ges Urteil über sie abzugeben.

Tun wir es eben: Die Classic-Weine waren schon sehr ordent­lich. Will sagen: nicht nur sau­ber und tech­nisch gut, auch gehalt­voll und aro­ma­tisch dif­fe­ren­ziert. Welsch­ries­ling und Weiß­bur­gun­der, die unkom­pli­zier­te­ren Wei­ne unter den Stei­rern, sind auf­grund der etwas höhe­ren Säu­re span­nen­der als sonst. Die eine oder ande­re grü­ne Note, die sie auf­wei­sen, macht sie sogar interessanter.

Sauvignon Blanc richtig gut gelungen

Zum Schwur kommt es bei Sau­vi­gnon Blanc und Moril­lon. Letz­te­rer hat unter den Wit­te­rungs­be­din­gun­gen stär­ker gelit­ten als Ers­te­rer. Er besitzt nicht ganz die Rei­fe, die für die­se Reb­sor­te wün­schens­wert wäre. Der Sau­vi­gnon Blanc ist dafür umso bes­ser gelun­gen: rich­tig pikant und trotz­dem leicht und unkom­pli­ziert zu trin­ken – nicht über­all fin­det man für 8 Euro eine so gute Qualität.

Trotz­dem wür­de ich den Sau­vi­gnon Blanc von der nächst höhe­ren Qua­li­täts­stu­fe vor­zie­hen, weil er kom­ple­xer ist einen grö­ße­ren Span­nungs­bo­gen besitzt. Er heißt Kitz­eck Sau­vi­gnon Blanc und prunkt nicht nur mit scho­ti­gen Paprika-Aromen. Er zeigt auch ent­fern­te Anklän­ge an Pas­si­ons­frucht. In zwei, drei Jah­ren, wenn die vor­der­grün­di­gen Pri­mär­aro­men abklin­gen, wer­den die Rei­fe­aro­men sich Bahn bre­chen (11 Euro).

„Die Reife ist da, und die Terroirnoten auch“

Buschen­schank im Wein­gut Lorenz­Der Steillagen-Sauvignon Blanc vom Stein­rie­gel ist noch nicht auf den Markt. Aber der Michi, wie ihn sei­ne Freun­de nen­nen, ist bei die­sem Wein – sei­nem bes­ten – opti­mis­tisch: „Die Rei­fe ist da, wir wer­den abfüllen.“

Ich konn­te nur den den Vor­gän­ger, den 2013er ver­kos­ten, nicht den 2014er. Ganz so opu­lent und weich wird der 2014er sicher nicht sein, eher mine­ra­li­scher und schlan­ker. „Aber die Ter­ro­irn­o­ten sind da, und das allein zählt für mich“, freut sich der Win­zer, der bei E. & W. Polz gelernt hat , aber schon seit zehn Jah­ren die Ver­ant­wor­tung für das Wein­gut (www.weingut-lorenz.at) trägt und jetzt auch offi­zi­ell Inha­ber des Wein­guts ist. Sei­ne Frau betreibt übri­gens den hüb­schen Buschen­schank, der zum Wein­gut gehört.


Der Geduldige: Werlitschhof, Glanz


Ewald Tschep­pe­Über den Wer­lit­sch­hof (www.werlitsch.com) zu schrei­ben, ist ein­fach, sei­ne Wei­ne zu beschrei­ben, schwie­rig. Sicher ist: Es sind kei­ne Mainstream-Weine. Aber sie über­schrei­ten manch­mal auch Gren­zen, wo selbst aben­teu­er­wil­li­ge Wein­trin­ker zögern mitzugehen.

Ewald Tschep­pe, der Win­zer des Wer­lit­sch­hofs, weiß das. Den­noch kommt es ihm nicht in den Sinn, vom sei­nem Weg abzu­wei­chen. Er will gar nicht die Mas­se der Wein­trin­ker beglü­cken. Er sucht die Nische, die ganz klei­ne Nische, in der er sei­ne 20.000 Fla­schen abset­zen kann. Die­se Nische liegt in der geho­be­nen und der Spit­zen­gas­tro­no­mie sowie bei anspruchs­vol­len Wein­fach­hand­lun­gen. Dort trifft er auf jene Wein­trin­ker, die bereit sind, sich auf Unge­wohn­tes ein­zu­las­sen und die nicht in Schub­la­den denken.

Wie es scheint, hat Tschep­pe die­se Nische gefun­den. Ich habe sei­ne Wei­ne zum Bei­spiel im „Ate­lier“, dem 2-Sterne-Restaurant des Baye­ri­schen Hofes in Mün­chen ser­viert bekom­men. Und Hei­ner Loben­berg im Bre­men, der ein anspruchs­vol­les Kli­en­tel mit Wein ver­sorgt, impor­tiert sie auch.

Mit dem Spaten in den Weinberg

Der Wer­lit­sch­hof ist ein 9-Hektar-Weingut im äußers­ten Süden der Süd­stei­er­mark. Er ist Demeter-zertifiziert. Die Reben sind seit 2004 nicht mehr mit Fun­gi­zi­den gespritzt wor­den. Die Trie­be wuchern eben­so wie das Gras zwi­schen den Reb­zei­len. Dafür ist das Boden­le­ben intakt. Tschep­pe demons­triert das sei­nen Besu­chern, indem er mit dem Spa­ten ein Stück Wein­bergs­bo­den aus­hebt und die Lar­ven und Regen­wür­mer zeigt, die sich in der Erde befin­den. Der Wein­berg ist der Anfang und das Ende sei­ner Phi­lo­so­phie. Sei­ne Visi­on ist es, den Wein so in die Fla­sche brin­gen, wie er wächst.

Frische ist keine Option

Etikett Ex Vero II
Eti­kett Ex Vero II

Der Wein – das ist bei ihm Char­don­nay und Sau­vi­gnon Blanc. Nur bei den ein­fa­chen Wei­nen trennt er bei­de Sor­ten. In sei­nen Cuvées sind sie assem­bliert. Er ver­gärt lang­sam, ohne Rein­zucht­he­fen, lässt die Wei­ne lan­ge im gro­ßen Holz­fass rei­fen. Schö­nung gibt es nicht, Fil­tra­ti­on auch nicht, Schwe­fel nur in ganz klei­nen Dosen. Fri­sche ist für ihn kei­ne Opti­on. Kein Wun­der, dass man­che Wei­ne des Wer­lit­sch­hofs etwas toll­pat­schig wir­ken, unrund, bis­wei­len auch unfrisch in der Nase. Anfangs jeden­falls. Nach zwei, drei Jah­ren Fla­schen­rei­fe fan­gen sie sich jedoch, blü­hen auf und zei­gen eine Mine­ra­li­tät, die man sie von guten Pre­miers Crus aus Meurs­ault oder Chassagne-Montrachet kennt. Ich weiß: Der Ver­gleich mit fran­zö­si­schen Bur­gun­dern wird viel stra­pa­ziert. Aber wer solch tol­le Böden hat wie Tschep­pe vom Wer­lit­sch­hof, wäre ver­rückt, wenn er auf Reb­sorten­ty­pi­zi­tät setzte.

Große 2011er auf der Flasche

Tschep­pe hat sei­ne Top-Weine Ex Vero I, Ex Vero II, Ex Vero III genannt. Der ers­te kommt vom Fuß sei­nes Wein­bergs, der zwei­te von der Mit­te, der drit­te von der Spit­ze. Die 2014er, auch die 2013er und 2012er lie­gen noch im Fass. Die jüngs­ten Ex Vero-Weine sind die 2011er. Und auch sie wur­den gera­de eben erst frei­ge­ge­ben. Aber was für Wei­ne sind das! Safran­gelb in der Far­be, zart­fruch­tig im Bou­quet mit viel Brot­krus­te und Feu­er­stein, dazu ein Hauch von But­ter­pfir­sich und eine Pri­se Fen­chel­kraut. So gute Wei­ne habe ich bei Ewald Tschep­pe noch nie getrun­ken. Sicher, 2011 war ein gro­ßer, war­mer Jahr­gang. Man­che bezeich­nen ihn als den bes­ten der letz­ten 15 Jah­re. Aber das allein ist es nicht. Es scheint, als zah­le sich die Geduld lang­sam aus, die er mit sei­nen Wei­nen hat.

 


Die Aufsteigerin: Lackner-Tinnacher, Steinebach


Katharina Tinnacher
Katha­ri­na Tinnacher

Seit Katha­ri­na Tin­nacher das Wein­gut (www.tinnacher.at) vor drei Jah­ren offi­zi­ell über­nom­men hat,  sind es zwei Wei­ne, die mich bei die­sem Wein­gut immer wie­der begeis­tern: der Gel­be Mus­ka­tel­ler und der Sau­vi­gnon Blanc „Flam­berg“. Ers­te­rer ist ein so boden­stän­di­ger und gleich­zei­tig exo­ti­scher Wein, dass ich lan­ge nach­den­ken muss, um ein Pen­dant in Öster­reich zu finden.

In der Ver­si­on Stei­ri­sche Klas­sik ist der Gel­be Mus­ka­tel­ler in 2014 beson­ders gut gelun­gen, obwohl die­se Reb­sor­te am meis­ten unter den Wit­te­rungs­be­din­gun­gen gelit­ten hat. Sei­ne Säu­re ist packend, sein Aro­ma noch wür­zi­ger als sonst: neben Zitro­nen­gras auch Kori­an­der und Min­ze (€ 11,50). Einer mei­ner Mit­ver­kos­ter hat sich nach dem Genuss die­ses Weins ent­schlos­sen, für den Rest sei­nes Lebens nur noch Gel­ben Mus­ka­tel­ler zu trinken.

Flamberg – ein Name, den man sich merken sollte

Den „Flamberg“-Sauvignon gibt es im Moment nur als 2013er. Ein gro­ßer Weiß­wein mit ein biss­chen Papri­ka und viel und Austernschalen-Aromen, hoch­mi­ne­ra­lisch, und mit 21 Euro gera­de­zu preis­wert, wenn man bedenkt, dass der Wein­berg (im hoch gele­ge­nen Sau­sal gele­gen und dort die ein­zi­ge Lage mit Muschel­kalk) eine Gro­ße Lage ist, auch wenn dies offi­zi­ell noch nicht fest­ge­stellt ist (dafür braucht es zehn Jahr­gän­ge, die hat Katha­ri­na Tin­nacher noch nicht pro­du­ziert). Neben Tements „Zier­egg“ ist der „Flam­berg“ der mine­ra­lischs­te aller Lagen-Sauvignons in der Südsteiermark.

Ein Ausnahmetalent

Weine von Lackner-Tinnacher
Wei­ne von Lackner-Tinnacher

Gro­ße Klas­se ist der 2014er Sau­vi­gnon Blanc, der für mich zu den bes­ten der Kate­go­rie Stei­ri­sche Klas­sik zählt (12 Euro). Ein mit­rei­ßen­der Wein, an dem nichts model­liert oder gestylt ist. Der kei­ne Bitter- und schon gar kei­ne Botry­tis­no­ten auf­weist. Alles was unreif und nicht ganz gesund war, wur­de recht­zei­tig in den Wein­ber­gen aus­ge­le­sen. Man schmeckt die scho­ti­ge Fri­sche, die zar­te Kräu­ter­wür­ze, die Rei­fe­aro­men im Hin­ter­grund, die spä­ter als Cas­sis und Sta­chel­bee­re zum Vor­schein tre­ten wer­den. Wei­ne wie die­ser zei­gen, dass Katha­ri­na Tin­nacher ein Ausnahme-Talent ist. Ihre Prä­senz im Wein­berg, ihr Fach­wis­sen, ihr Fin­ger­spit­zen­ge­fühl für den Wein und die Reben – das ist sel­ten bei einer 30-Jährigen, auch wenn der Vater natür­lich laut­los im Hin­ter­grund mitwirkt.

 

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