Freitag, Oktober 11, 2024
9.9 C
München
spot_img

Antinoris Rückkehr ins Consorzio Gallo Nero

Sensationelles Comeback von Antinori ins Consorzio Chianti classico (wegen des schwarzen Hahns im Wappen auch Consorzio Gallo Nero genannt): 37 Jahre nach dem spektakulären Austritt aus dem Schutzkonsortium der Winzer des Chianti classico und der beharrlichen Weigerung in all den Jahren danach, diesem wieder beizutreten, haben die Marchesi Antinori nun beschlossen, wieder unter die Fittiche des Schwarzen Hahns zurückzukehren. „Es ist für uns eine grosse Ehre, dass der verlorene Sohn wieder zu uns zurückkehrt“, erklärte Marco Pallanti, Präsident des Konsortiums und Direktor von Castello di Ama, anlässlich der Vorstellung der neuen Chianti classico-Jahrgänge heute morgen in Florenz.

Die Mitgliedschaft im Konsortium ist nicht obligatorisch. Bislang zählte des 600 Mitglieder, davon 350 Flaschenabfüller. Damit repräsentierte es vor dem Beitritt Antinoris rund 95 Prozent Chianti classico. Antinori besitzt mit der Badia a Passignano, Pèppoli und Santa Cristina drei Weingüter im Gebiet des Chianti classico und ist damit nicht nur einer der größten Chianti classico-Produzenten, sondern auch der Botschafter dieses Weins in der Welt. Durch den Beitritt wird der Einfluss des Konsortiums und die Marktbedeutung des Chianti classico erheblich gestärkt. „Wir glauben, dass man in einem so bedeutenden Anbaugebiet wie dem Chianti classico zusammenstehen sollte, um die Herausforderugnen des globalen Marktes meistern zu können“, kommentierte Albiera Antinori den Schritt.

Der Wiedereintritt Antinoris ins Konsortium dürften mehrere Ursachen haben. Die wichtigste: Die Gründe für den Austritt im Jahre 1975 sind seit langem hinfällig. Längst lassen die Statuten des Chianti classico alternative Rebsorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon zu (maximal 20 Prozent), gestatten es aber auch, einen reinsortigen Sangiovese-Wein zu erzeugen. Es gibt mithin keinen Grund mehr, seinen Wein als Tafelwein (vino da tavola) oder als Landwein (I.G.T.) auf den Markt zu bringen.

Auch ist die Qualitätsschraube für den Chianti classico kräftig angezogen worden, zuerst mit der Einführung der D.O.C.G. im Jahre 1984, später mit der Trennung von Consorzio Chianti im Jahre 1996 sowie der nochmaligen Reduktion der maximalen Hektarerträge auf 52,5 Hektoliter/Hektar. Die Menge des Chianti classico, die auf den Markt kommt, hat sich durch die vorgeschrieben höhere Qualität um etwa ein Drittel verringert – eine erfreuliche Marktbereinigung.

Eine wichtige Rolle für Antinoris Entscheidung dürfte auch der Umstand gespielt haben, dass das Consorzio Chianti classico seit Mitte Februar, also seit wenigen Tagen, als erstes Schutzkonsortium Italiens den gesetzlichen Status einer absoluten Rechtskörperschaft erhalten hat („erga omnes“). Das heisst: Die Beschlüsse des Konsortiums sind nicht nur für dessen Mitglieder bindend, sondern haben für alle Chianti classico-Produzenten und darüber hinaus Gesetzeskraft. Dabei kümmert sich das Konsortium nicht nur, wie bisher, um Marketing, Namensschutz und den Schutz des Wappentiers, sondern kontrolliert die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen auf dem Amtswege und vergibt die D.O.C.G.-Banderole. Im Konsortium wird also unmittelbar Politik gemacht. In der Konsequenz bedeutet das: Die Kosten für die Arbeit des Konsortiums werden auf alle Chianti classico-Produzenten umgelegt und nicht nur auf die Mitglieder. Wer dem Konsortium fernbleibt, sitzt also fern der Hebel der Macht und muß trotzdem zahlen.

Schliesslich dürfte für die Rückkehr auch der Generationswandel in der Familie Antinori eine Rolle gespielt haben. Piero Antinori, der Präsident des Florentiner Weinhauses, wird im Juni 75 Jahre alt. Alle seine drei Töchter sind operativ im Unternehmen tätig. So war es seiner ältesten Tochter Albiera, offiziell Vizepräsidentin, vorbehalten, den Wiedereintritt ins Konsortium vor der Öffentlichkeit zu begrüssen.

 

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img