Inhalt:
- Aldo Conterno – erste Adresse für Barolo
- 2013 Barolo Bussia
- 2011 Barolo Bussia Colonello
- 2011 Barolo Bussia Cicala
- 2011 Barolo Bussia Romirasco
- 2006 Barolo Riserva Granbussia
In fast jedem Barolo-Ranking steht der Name Conterno ganz oben. Aber welcher Conterno? Es gibt fünf Barolo-Erzeuger dieses Namens. Alle produzieren einen guten Wein. Ganz oben stehen allerdings immer nur zwei Weingüter mit dem Namen Conterno: Giacomo Conterno und Aldo Conterno. Beider Inhaber sind Brüder. Besser: waren es. Aldo ist 2012 gestorben, Giovanni 2004. Sie hatten eine hohe Wertschätzung füreinander, doch ziemlich unterschiedliche Auffassungen über das, was ein guter Barolo ist. Also trennten sie sich. Das war 1969.
Giacomo Conterno – extrem hohes Niveau gehalten
Nach ihrem Tod haben die jeweiligen Söhne das Erbe angetreten. Bei Giacomo Conterno ist es Roberto Conterno gelungen, das extrem hohe Niveau seines Vaters mit nur wenigen Modifikationen zu halten. Die Monfortino Riserva ist der gesuchteste und teuerste Barolo überhaupt. Die Riserva Cascina Francia steht ihm nur wenig nach.
Aldo Conterno – besser als vorher
Bei Aldo Conterno führen die drei Söhne Franco, Giacomo und Stefano den Betrieb fort, der in den letzten 20 Jahren Höhen und Tiefen durchlebt hatte und den Vergleich mit anderen aufstrebenden Topwinzern der Region am Ende nicht immer bestand. Mal waren die Weine überextrahiert, mal hatten sie eine zu hohe Säure. Und fast immer reiften sie auf der Flasche beängstigend schnell.
Und heute? Vielleicht ist es zu früh, jetzt schon ein Resümée zu ziehen. Wenn ich es doch tun müsste, würde ich sagen, dass die Barolo von Aldo Conterno fünf Jahre nach seinem Tod auf einem Niveau sind, auf dem sie vorher noch nie waren.
Die aktuellen Jahrgänge
Damit nehme ich bereits das Resultat einer Probe der aktuellen Jahrgänge vorweg, die ich zusammen mit Franco Conterno, dem ältesten der drei Brüder, vor 14 Tagen in München bei GARIBALDI verkostet habe. Franco hatte den „generischen“ Barolo Bussia, Jahrgangs 2013, mitgebracht sowie die drei Lagen-Barolo Colonello, Cicala, Romirasco aus dem Jahrgang 2011.
Am Ende haben wir noch gemeinsam 2006er Granbussia verkostet, einen Barolo, der drei Jahre im Fass und sechs Jahre auf der Flasche reift, bevor er freigeben wird. Er bildet die Spitze der Qualitätspyramide des Weingutes. Die Beschreibungen und meine Bewertungen der Weine füge ich unten an. Doch ebenso interessant wie die Resultate sind die Erläuterungen, die Franco Conterno im Gespräch gegeben hat.
Die Selektionsschraube angezogen
Unter seinem Vater habe das Weingut deutlich mehr Barolo erzeugt als heute, berichtet er. Im Moment werden auf der gleichen Fläche (25 Hektar) nur 80.000 Flaschen gefüllt statt 100.000. Die Trauben werden stärker selektiert als früher. Nur gesunde und vollreife Traubenteile werden für die Barolos benutzt. Die Nebbiolo sei diesbezüglich eine empfindliche Sorte, die halbe Sachen nicht verzeiht und nur bei perfektem Lesegut auch ganz große Weine ergibt – und darum geht es bei Aldo Conterno.
Die Vinifikation ist traditionell geblieben
An der Vinifikation selbst wurde wenig verändert. Nach wie vor liegen die Weine lange (sehr lange) auf der Maische (30 Tage). Auch wenn die Gärtemperatur die 30°C-Grenze überschreitet, wird nicht gekühlt. Der Ausbau findet nach wie vor in großen Holzfässern aus slawonischer Eiche statt – ähnlich wie beim Bruderweingut. Allerdings beträgt die Ausbauzeit nur 28 Monate – nicht sechs Jahre wie beim Monfortino.
Fünf Gründe für die Qualitätsverbesserung
Woher also die auffällige Verbesserung der Qualität zu den Jahren vor 2010?
Erstens: Die Reben sind wieder ein kleines Stück älter geworden, was sich in der höheren Qualität des Leseguts niederschlägt.
Zweitens: Eine peniblere Selektion führt zu Erträgen zwischen 10 und 20 Hektolitern pro Hektar. Das ist auch für Barolo-Verhältnisse extrem wenig. Zwar würde die Nebbiolo auch bei doppelt so hohen Erträgen noch auf Grand Cru-Niveau im Burgund liegen. Den Unterschied macht die bessere physische und physiologische Qualität der Trauben aus.
Drittens: Die spätreife Nebbiolo profitiert in den letzten Jahren immer stärker von der globalen Klimaerwärmung.
Auf den früheren Austrieb folgen eine frühere Blüte und eine frühere Färbung. Das bedeutet: Die Reifephase fällt in eine Zeit, in der das Regen- und Temperaturrisiko noch gering ist. Die Trauben können langsam und sicher ausreifen – ein Umstand, der für empfindliche Nebbiolo von essentieller Bedeutung ist. Von diesem Vorteil profitieren natürlich nicht nur die Weine von Aldo Conterno, sondern die aller Barolo-Erzeuger. Entsprechend gestiegen ist das allgemeine Barolo-Niveau, wie externe Beobachter bestätigen und wie sich an den Bewertungen der Kritiker ablesen lässt.
Vom Klimawandel profitiert
Daraus folgt viertens: Es hat in den letzten zehn Jahren ausnahmslos gute bis sehr gute Jahrgänge gegeben, zumindest ausreichend warme, was für die Nebbiolo-Traube wichtig ist.
Fünftens: Bussia hat sich angesichts der wärmeren Temperaturen unter all den „Grand Cru“-Lagen der Barolo-Zone besonders hervorgetan. Zwar ist sie mit ihren 299 Hektar Reben schon fast eine kleine Großlage.
Aber in den höheren Teilen von Bussia, wo die Temperaturunterschiede am größten sind und wo ein großer Teil von Aldo Conternos Reben stehen, ist der Qualitätsanstieg besonders in den warmen Jahren am deutlichsten abzulesen.
Mit den Temperaturen sind auch die Preise gestiegen
Gestiegen sind allerdings auch die Preise. Aldo Conternos Lagenweine kosten um die100 Euro, oft mehr. Der Granbussia geht in Richtung 400 Euro und geht in Richtung Monfortino von Giacomo Conterno (der allerdings inzwischen auf über 800 Euro gestiegen ist). Der „generische“ Barolo (der, wie der Zusatz „Bussia“ auf dem Etikett andeutet, in Wirklichkeit auch ein Lagenwein ist), liegt mit rund 60 Euro deutlich über den entsprechenden Weinen von Altare, Vietti, Clerico, Scavino, Gaja (Gromis), die ihrerseits bereits an der Obergrenze liegen. Wir haben es bei Aldo Conterno also mit Luxusweinen zu tun: teuer, rar, außergewöhnlich.
2013 Barolo Bussia, Aldo Conterno
Der „Eingangswein“ kommt von drei Parzellen innerhalb der Lage Bussia. Das durchschnittliche Rebenalter beträgt dort 25 Jahre. Der Wein ist in sich strukturierter, als es beim ersten Schluck den Anschein hat. Er wirkt fast leicht, ist sehr delikat und trinkt sich auch in diesem jungen Stadium relativ easy. Trotz mehr als dreijähriger Reifezeit ist er viel frischer als die meisten Barolo. Keine Spur von Herbstlaub, verblühten Rosen, Backpflaumen oder anderen Trockenfrüchten, sondern von frischen Pflaumen, frischen Trüffeln und jodiger Süße. 2013 war im Gegensatz zu 2012 und 2011 ein etwas kühlerer Jahrgang, was Weinen aus besten Lagen zugute kommt: Sie besitzen Spannung. Angesichts dieses Jahrgangs-Bonus ist der Bussia 2013 für mich besser oder genauso gut wie manch Lagen-Barolo aus weniger guten Jahren.
Bewertung: 93/100
2011 Barolo Bussia Colonello, Aldo Conterno
Die Parzelle, aus der der Colonello-Barolo kommt, befindet sich im tiefer gelegenen Teil der Lage Bussia und ist mit Reben bestockt, die durchschnittlich 45 Jahre alt sind. Sie liegt näher zum Dorf Barolo als zum Dorf Monforte d’Alba. Das schmeckt man dem Wein insofern an, als er der „zahmste“ aller drei Lagen-Barolos ist. Tannin besitzt er reichlich, aber es ist jenes weiche Tannin, wie man es von Weinen aus wärmeren Zonen kennt. Auch haben die Böden in der Colonello-Parzelle mehr Sand, was dazu führt, dass hier keine ganz „harte“ Nummer von Barolo entsteht. Von der Aromatik her ist der Colonello der lebendigste, frischeste aller drei Lagen-Weine, der zwar kein biblisches Alter erreichen wird, sich aber sicherlich viele Jahre positiv auf der Flasche verfeinern dürfte.
Bewertung: 93/100
2011 Barolo Bussia Cicala, Aldo Conterno
Der Cicala erwies sich bei der Verkostung als der fortgeschrittenste aller drei Lagenweine: transparent granatrot in der Farbe, im Aroma von ersten Reifearomen geprägt (Trockenblumen, Süßlakritz), aber noch mit einem toughen Tannin durchzogen. Die fortgeschrittene Entwicklung irritierte mich ein wenig, auch wenn 2011 ein sehr warmer Jahrgang war, dessen Weine naturgemäß schon früh zugänglich sind. Vielleicht wegen der fortgeschrittenen Reife macht der Cicala im Moment am meisten Spaß. Cicala ist die wärmste Parzelle in Bussia mit einem höheren Anteil an Kalkstein als an Lehm. Das prägt die Barolo dieser Lage.
Bewertung: 93-95/100
2011 Barolo Bussia Romirasco, Aldo Conterno
Romirasco ist die höchst gelegene Parzelle in der Lage Bussia und diejenige mit den ältesten Reben (55 Jahre) und dem höchsten Lehmanteil im Untergrund. Das zusammen macht, dass von dort besonders in den warmen Jahren wie 2011 die besten Weine kommen. Der Romirasco-Barolo ist zwar von seiner Trinkreife noch weit, weit entfernt. Die Balance ist aber jetzt schon spürbar: Massen von gut verschmolzenem Tannin auf der einen Seite, auf der anderen Seite viel Extrakt und eine dichte Textur, was zusammen macht, dass der Wein trotz seines jungen Stadiums schon sehr harmonisch über den Gaumen läuft. Die Böden der Romirasco-Parzelle weisen im Unterschied zu den anderen Parzellen Magnesium auf. Laut Franco Conterno macht das die Besonderheit des Weins aus.
Bewertung: 95/100
2006 Barolo Riserva Granbussia, Aldo Conterno
Die Riserva Granbussia ist eine Art tête de cuvée Aldo Conternos: eine Auslese der besten Trauben von den besten Bussia-Lagen des Weinguts. Konkret kommen 70 Prozent aus der Romirasco-Parzelle und je 15 Prozent aus Cicala und Colonello. Der Wein ist bereits vor zwei Jahren freigegeben worden. Wäre er eine griechische Säule, würde ich in ihm korinthische Züge erkennen: schlank und mit feinen Ornamenten ausgestattet, aber nicht zu verspielt. Konkret: ein Wein, der stämmig ist, aber seine Schwere kaum spüren läßt. Das Tannin ist süß und feinkörnig, das Aromenspektrum reicht von Veilchen und Granatapfel über Teer bis zu Moos. Obwohl 2006 ein großer Barolo-Jahrgang war, glaube ich nicht, dass dieser Granbussia schon das Ende der Fahnenstange darstellt, auch deshalb nicht, weil in 2006 die strengen Selektionsregeln noch nicht voll in Anwendung waren. Aber das ist Spekulation.
Bewertung: 96/100
„Ganz oben stehen allerdings immer nur zwei Weingüter mit dem Namen Conterno: Giuseppe Conterno und Aldo Conterno. Beider Inhaber sind Brüder. Besser: waren es. Aldo ist 2012 gestorben, Giovanni 2004.“
Das müsste m.E. überarbeitet werden. Giacomo sollte doch irgendwie eine Rolle spielen (und nicht Giuseppe und Giovanni)?
Schon verbessert. Der Monfortino kommt natürlich aus dem Weingut Giacomo Conterno (nicht Giuseppe), und der erwähnte Bruder von Aldo hiess Giovanni Conterno. Ich bitte um Entschuldigung.