Südtiroler Weissweine die Geschichte schrieben – und schreiben werden

© Benjamin Pfitscher
Mitte der 1980er legten die Südtiroler Winzer das Ruder um und setzten voll auf Qualität. Sie schufen dabei Klassiker, die Kultstatus erreicht haben.

Aus der Kri­se nach oben. Das war der Weg der Süd­ti­ro­ler Wein­wirt­schaft in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten. Erträ­ge run­ter, Qua­li­tät rauf hieß die Devi­se, die die klei­ne Regi­on dahin gebracht hat, wo sie heu­te steht. Es waren und sind Win­zer mit einer Visi­on und Über­zeu­gungs­kraft, Vor­rei­ter, die ihren Wei­nen beson­de­ren Stel­len erar­bei­tet haben und die hier vor­ge­stellt wer­den. Teil I: die Weißweine

Chardonnay Lafoa, Kellerei Schreckbichl, Girlan

Der Lafoa-Weinberg war gewis­ser­ma­ßen eine Keim­zel­le der Süd­ti­ro­ler Qua­li­täts­of­fen­si­ve der 1980er Jah­re. Hier mach­te Luis Rai­fer, sei­ner­zeit Obmann der Schreck­bich­ler Genos­sen­schaft, fast alles anders. Er pflanz­te auf dem schott­ri­gen Pla­teau Char­don­nay und ande­re inter­na­tio­na­le Sor­ten, redu­zier­te die Erträ­ge, damals ein Sakri­leg, und bau­te die Wei­ne in klei­nen Eichen­holz­fäs­sern aus, wie er es in Kali­for­ni­en gese­hen hat­te. Auch das Jugendstil-Etikett der Lafoa-Weine war sei­ner Zeit weit vor­aus. Der Erfolg gab dem Pio­nier und sei­nen Mit­strei­tern recht. Bis heu­te steht gera­de der Char­don­nay Lafoa in der ers­ten Rei­he der Wei­ne, die Süd­ti­ro­ler Wein­ge­schich­te geschrie­ben haben. Kom­plex in der Aro­ma­tik und anhal­tend im Geschmack ver­bin­det er tief­grün­di­ge Ernst­haf­tig­keit mit der typi­schen Trink­freu­dig­keit Süd­ti­ro­ler Wei­ne. Um 26 Euro.

Bezug: www.koelner-weinkeller.de/

Gewürztraminer Nussbaumer, Kellerei Tramin

Wil­li Stürz, Kel­ler­meis­ter der Kel­le­rei Tra­min, wird auch ger­ne als Mis­ter „Gewürz­tra­mi­ner“ bezeich­net. Zu recht. Ihm gelang es, aus der Vor­zei­ge­sor­te einen gro­ßen Klas­si­ker zu kre­ieren, den Gewürz­tra­mi­ner Nuss­bau­mer. Der heimst seit über 20 Jah­ren natio­nal wie inter­na­tio­nal eine Aus­zeich­nung nach der ande­ren ein. Die Rebe hat gern war­me Füße, wofür die son­ni­gen Lagen um und ober­halb der Gemein­de Tra­min sor­gen, dazu einen küh­len Kopf, was die nächt­li­chen Fall­win­de von den Ber­gen über­neh­men. So ent­steht ein Wein mit opu­len­ter, facet­ten­rei­cher Aro­ma­tik von tro­pi­schen Früch­ten, Kräu­tern und Gewür­zen. Der saftig-weiche Geschmack mit mine­ra­li­schen Anklän­gen geht in einen lan­gen Abgang über. Aktu­el­ler Jahr­gang 2019; um 24 Euro.

Bezug: www.superiore.de/

Gewürztraminer Epokale, Kellerei Tramin

Den Tra­mi­ner Win­zer­ge­nos­sen unter Lei­tung von Wil­li Stürz ist es sogar gelun­gen, auf den Nuss­bau­mer einen noch spek­ta­ku­lä­re­ren und noch enthu­si­as­ti­scher gefei­er­ten Wein drauf­zu­set­zen. Der „Epo­ka­le“ stammt von bis zu 30 Jah­re alten Reb­stö­cken. Das abso­lut Außer­ge­wöhn­li­che: Der Wein reift nach sei­ner Gärung und Abfül­lung in  Fla­schen rund sechs Jah­re auf über 2000 Metern Höhe in einem auf­ge­las­se­nen Berg­werk im Rid­naun­tal nahe dem Alpen­haupt­kamm bei kon­stan­ten 11 Grad Cel­si­us und einer Luft­feuch­te von 90 Pro­zent. Der Wein mit deut­li­cher Rest­sü­ße, die von Jahr­gang zu Jahr­gang vari­iert, ist „von sym­pho­ni­scher Fül­le – nicht laut,aber viel­stim­mig“, schreibt Weinkenner-Chefredakteur Jens Prie­we in einem gro­ßen Bericht. Der Epo­ka­le vom Jahr­gang 2009 war der ers­te ita­lie­ni­sche Weiß­wein, der mit 100 Parker-Punkten bewer­tet wur­de. Aktu­el­ler Jahr­gang 2013, um 150 Euro.

Bezug: www.superiore.de/

Weissburgunder Vorberg, Kellerei Terlan

Es gab Zei­ten, da galt die Regel, dass Süd­ti­ro­ler Wei­ne jung getrun­ken wer­den müs­sen. Ein Wein, der kräf­tig mit­ge­hol­fen hat, die­se Regel ver­ges­sen zu las­sen, ist der Vor­berg der Kel­le­rei Ter­lan. Eine Urge­walt von einem Weiß­bur­gun­der, wie er wohl nur hier ent­ste­hen kann. Er wächst auf quarz­hal­ti­gem Gestein vul­ka­ni­schen Ursprungs, gerin­ge Nie­der­schlags­men­gen tra­gen zu einer natür­li­chen Men­gen­re­du­zie­rung bei, gro­ße Tem­pe­ra­tur­un­ter­schie­de zwi­schen Tag und Nacht för­dern die Aro­men­aus­bil­dung. Ver­go­ren und gereift im gro­ßen Holz­fass, bringt er eine außer­ge­wöhn­li­che Mine­ra­li­tät ins Glas und an den Gau­men, die sich am schöns­ten nach eini­gen Jah­ren der Fla­schen­rei­fe ent­fal­tet. Aktu­el­ler Jahr­gang 2017; um 28 Euro.

Bezug: www.gute-weine.de/

Terlaner Grande Cuvée, Kellerei Terlan

Die tra­di­tio­nel­le Ter­la­ner Cuvée besteht zur Hälf­te aus Weiß­bur­gun­der bzw. Char­don­nay, dazu kom­men Sau­vi­gnon blanc und/oder ande­re wei­ße Reb­sor­ten. So gese­hen ist die Gran­de Cuvée der Kel­le­rei Ter­lan ein Ter­la­nis­si­mo, ein Maxi­mum des Mög­li­chen. „Wir waren auf der Suche nach einem Wein, der unse­re über hun­dert­jäh­ri­ge Tra­di­ti­on ver­kör­pern und die Grö­ße unse­rer bes­ten Reben und Wein­berg­la­gen in sich ver­ei­nen wür­de“ erklärt Kel­ler­meis­ter Rudi Kof­ler die Ent­ste­hung sei­ner pres­ti­ge­träch­ti­gen Krea­ti­on aus weit über­wie­gend Weiß­bur­gun­der dazu kom­men Char­don­nay und Sau­vi­gnon, je nach Jahr­gang in varia­blen Antei­len. Nied­ri­ge Erträ­ge von alten Reben auf bes­ten Stand­or­ten, selek­ti­ve Hand­le­se, Gärung und Rei­fe im gro­ßen Holz, eine Ver­mäh­lung der ein­zel­nen Par­tien über ein Jahr nach der Lese erbrin­gen einen Wein von fas­zi­nie­ren­der Kom­ple­xi­tät und gro­ßem Poten­zi­al, einen Wein, der auf dem Weg ist, eine Iko­ne zu wer­den. Aktu­el­ler Jahr­gang 2017; um 200 Euro.

Bezug: www.superiore.de/

Weissburgunder Sirmian, Nals Margreid

Gera­de im Etsch­tal zeigt der Weiß­bur­gun­der sein Talent für Spit­zen­qua­li­tä­ten. Zu denen gehört zwei­fel­los der Sir­mi­an, der Para­de­wein der klei­nen, fei­nen Genos­sen­schaft Nals-Margreid. Er ist benannt nach sei­ner Her­kunft, dem Wei­ler Sir­mi­an, wo die Reben auf viel­fäl­ti­gem Unter­grund aus Por­phyr, Mar­mor, Gneis, Glim­mer und Kalk ste­hen. Aro­ma­ti­sche Kom­ple­xi­tät und geschmeidig-fülliger, aber zugleich fri­scher, anhal­ten­der Geschmack zeich­nen den Wein aus, der zuver­läs­sig natio­nal und inter­na­tio­nal hohe Bewer­tun­gen erzielt. Aktu­el­ler Jahr­gang 2019; um 20 Euro.

Bezug: www.hawesko.de/

Feldmarschall von Fenner, Müller-Thurgau, Weingut  Tiefenbrunner, Entiklar

Müller-Thurgau? Ja, aus die­ser oft belä­chel­ten Reb­sor­te wird einer der pro­mi­nen­tes­ten Wei­ne Süd­ti­rols gekel­tert. Auf den Stand­ort kommt es an, und der ist beim „Feld­mar­schall“ tat­säch­lich außer­ge­wöhn­lich. In tau­send Metern See­hö­he, hoch über dem Süd­ti­ro­ler Unter­land liegt der Fenn­berg, ein sanft abfal­len­des, nach Süden aus­ge­rich­te­tes Pla­teau. Hier ste­hen die Reben in küh­ler Luft. Das Mikro­kli­ma sorgt für einen lang­sa­men Rei­fe­pro­zess, aus dem tie­fe Aro­ma­tik (Pfir­sich, Apri­ko­se, mine­ra­li­sche Noten) und eine bele­ben­de dabei rei­fe Säu­re resul­tie­ren sowie ein Rei­fe­po­ten­zi­al für gut zehn Jah­re. Aktu­el­ler Jahr­gang 2018; um 38 Euro.

Bezug: www.weinfurore.de/

Chardonnay Löwengang, Alois Lageder

Alo­is Lage­der stand immer vor­ne und war oft einen Schritt vor­aus. Davon zeugt beson­ders der Char­don­nay Löwen­gang, wohl der ers­te Weiß­wein Süd­ti­rols, der in den 1980ern auch inter­na­tio­nal für Furo­re sorg­te. Die bis zu 72 Jah­re alten Reb­stö­cke ste­hen auf kal­ki­gem Boden um den Ansitz Löwen­gang im Süd­ti­ro­ler Unter­land. Sie wer­den bio­dy­na­misch kul­ti­viert, der Most ver­gärt spon­tan mit den wein­bergs­ei­ge­nen Hefen in Bar­ri­ques und gro­ßen Holz­fäs­sern, in denen eran­schlie­ßend auf der Fein­he­fe reift und vor dem Ver­kauf noch ein Jahr in der Fla­sche ver­bringt. Ein Wein, der in sich selbst ruht und dabei eine enor­me Span­nung ver­mit­telt, die über lan­ge Jah­re der Rei­fe anhält. Er zeigt Kraft, Kom­ple­xi­tät und Har­mo­nie, alles Attri­bu­te eines gro­ßen Weins. Aktu­el­ler Jahr­gang 2017; um 45 Euro.

Bezug: www.bergwein-shop.com/

Sauvignon St. Valentin, Kellerei St. Michael, Eppan

Mit sei­nem Antritt als Kel­ler­meis­ter in St. Micha­el wur­de Hans Ter­zer zu einem Antrei­ber der Qua­li­täts­re­vo­lu­ti­on in Süd­ti­rol, die Ende der 1980er Jahr an Fahrt auf­nahm. Mit dem Weiß­bur­gun­der Schult­hau­ser setzt er erst­mals Maß­stä­be. Der ganz gro­ße Wurf wur­de im Jahr 1989 der Sau­vi­gnon blanc aus der damals neu­en Premium-Linie „St. Valen­tin“. Mit sei­nem inten­si­ven aber nicht lau­ten Duft und mine­ra­li­scher Tie­fe ist der Wein seit­her auf Höchst­be­wer­tun­gen gera­de­zu abon­niert und welt­weit auf den Wein­kar­ten von Spit­zen­re­stau­rants zu fin­den. Aktu­el­ler Jahr­gang 2019; um 23 Euro.

Bezug: www.belvini.de/

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