Sommer Extrem – Teil 3 – Bewässerung im Weinberg

Nachdem wir in Teil 2 gesehen haben was mit 5 Litern Niederschlag pro Quadratmeter passiert, kommt hier der dritte (und leider) letzte Teil unserer Reihe. Christoph Hammel geht hier nochmal auf das Thema "Bewässerung im Weinberg" ein und rechnet vor, welcher Aufwand dahinter steckt. 

Anmer­kung: Die Inhal­te aus die­sem Bei­trag wur­den ursprüng­lich auf Face­book ver­öf­fent­licht. Mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von Chris­toph Ham­mel kön­nen wir die­se span­nen­den Ein­bli­cke auch Lesern außer­halb von Face­book zugäng­lich machen. Der Wein­ken­ner sagt an die­ser Stel­le „Vie­len Dank“.


Es ist unfass­bar heiß und tro­cken und das über Wochen schon. Die Natur lei­det und muss damit zurecht­kom­men. Da machen die Wein­ber­ge kei­ne Aus­nah­me. Was pas­siert eigent­lich, wenn so eine Rebe leidet?

Dazu muss man sich nur mal den­ken, dass die Rebe selbst, von ihrer eige­nen Exis­tenz, eine ganz ande­re Vor­stel­lung hat, wie wir.
Denn die Rebe, weiß nicht, dass da Win­zer und Win­ze­rin­nen vor­bei­lau­fen und ihre Nach­kom­men­schaft abschnei­den, um Wein dar­aus zu machen und sich dann Stun­den strei­ten, ob das jetzt Mira­bel­len oder Man­go ist, was man da riecht, oder wie das Mund­ge­fühl bzgl. sei­di­ger Tan­ni­ne sei. Die Rebe will nur ihre Art erhal­ten. Wein ist Men­schen­werk und den kennt sie nicht.

Ent­schei­dend sind die Ker­ne in den Bee­ren, das ist der Samen, das sind ihre Kin­der, ihr Ver­spre­chen an das Leben für ihre Gattung.
Sie bemüht sich sehr, den Samen in sei­ner “Frucht­bla­se”, der Bee­re, die ihn schützt und ernährt, zur voll­ende­ten Rei­fe zu brin­gen. Dann darf er zu Boden fal­len und die Hül­le löst sich auf und gibt ihn frei in den Boden, wo er zu neu­em Leben wird.

Der ewi­ge Kreis­lauf – the cir­cle of life!

In Gefahr reagiert die Rebe und Dür­re ist eine Gefahr! Spürt die Rebe, es könn­te wirk­lich gefähr­lich wer­den, indu­ziert ein Hor­mon die Not­rei­fe. Die Rebe steckt all ihre Kraft in die Erhal­tung der Art. Auch wenn sie stirbt, die Kin­der müs­sen überleben!

Das Ver­hal­ten einer Mut­ter und jetzt wird es für die Win­zer und Win­ze­rin­nen span­nend. Denn seit 25 Jah­ren ca. wis­sen wir, dass exakt die­ses Pflan­zen­hor­mon, das die Not­rei­fe indu­ziert, den Wein, früh, unty­pisch und nega­tiv rei­fen lässt. Der Wein und das gilt nur für Weiß­wein, bekommt sehr schnell einen nega­ti­ven Alters­ton. Muf­fig, dumpf, nach Mot­ten­ku­geln oder Aka­zi­en­blü­ten, süß­lich – bitter.

Der Ent­de­cker die­ses Effek­tes, der deut­sche Öno­lo­ge und “Aro­ma­papst” Prof.Dr. Rapp, sprach in der Erst­ver­öf­fent­li­chung von:

Unge­wa­sche­ner Jung­ge­sel­len Unterwäsche”!

Wie kann man also die Not­rei­fe, bei gro­ßer Dür­re ver­hin­dern? Wie erhal­ten wir uns die fruchtig-aromatische Fri­sche, für die der deut­sche Wein so berühmt ist? Mit Bewässerung?

Ja, das geht. Bewäs­se­rung war noch vor Jah­ren ver­bo­ten, auf­grund der Angst der Wein­über­pro­duk­ti­on. Nach dem Wis­sen um die Not­rei­fe­pro­ble­ma­tik im Hin­blick auf die aro­ma­ti­sche Qua­li­tät der Wei­ne, ließ man die Bewäs­se­rung zu. Bei Rot­wein ist der Effekt übri­gens umge­dreht. Wird da die Rebe “gewürgt”, gibt es kräf­ti­ge Rot­wei­ne. Ein Blick in den aus­tra­li­schen Shiraz, sagt alles!

Die Bewäs­se­rung im Wein­berg ist tech­nisch auf­wen­dig und sehr teu­er. Sinn­voll sind da Gemein­schaf­ten. Nicht weni­ge scheu­en aber die hor­ren­den Kos­ten, denn wie oft gibt es Dür­re, wie die­ses Jahr und nicht weni­ge hören z.B. Man­gels Nach­fol­ge auf oder haben nur einen Hekt­ar geerbt usw. Dann wird, z.B. in Wein­ber­ge Was­ser gefah­ren und das klingt leich­ter als es ist! Dazu habe ich mal ein klei­nes Film­chen gemacht.

Eine klei­ne Rech­nung dazu:
5mm Regen = 5 Liter/qm
1 ha = 10000qm

Das heißt: Bewäs­se­re ich einen Hekt­ar mit gera­de­zu homöo­pa­thi­schen 5mm Regen bzw. 5 Liter/qm, brau­che ich 50000 Liter Wasser.
Habe ich 20 Hekt­ar und will die Hälf­te bewäs­sern, brau­che ich 500000 Liter. Wür­den 10 Win­zer mal so auf die Schnel­le 5 Mil­lio­nen Liter Was­ser aus dem Dorf­netz zie­hen, wären das 5 Mil­lio­nen Liter Was­ser aus dem Trinkwassernetz!

Wie oft könn­te man das machen und wie kommt das Was­ser in den Win­gert (Wein­berg)? Per Was­ser­hahn? Wie lan­ge dau­ert es, bis die Bade­wan­ne voll ist?

Klar Wein­gü­ter haben dicke­re Lei­tun­gen, aber selbst bei ca. 8000 Liter/Stunde, brau­che ich auch mehr als 7-8 Stun­den dafür, bis das Was­ser für einen Hekt­ar zusam­men ist. Wir haben seit 1860 Brun­nen­recht. Mein eige­ner Brun­nen, den ich in Not­zei­ten dem Dorf zur Ver­fü­gung stel­len muss, för­dert rund 8000 Liter/Stunde, aber jeden Tag da 50000-60000 Liter/Hektar rausholen?

Und dann? Wie ver­teilt man das Was­ser im Win­gert, wenn man es denn hat?

Die Pro­fis, mit Tröpf­chen­be­wäs­se­rungs­lei­tun­gen und über Pum­pen. Die­se Infra­struk­tur ist pro­fes­sio­nell, aber teu­er und in dem nörd­lichs­ten Wein­bau­land der Welt, war das (noch) nicht über­all not­wen­dig. Eini­ge Kol­le­gen haben das und sind natür­lich jetzt sehr froh, was ihnen von Her­zen gegönnt ist. Aber ich habe kei­ne Ahnung, wie vie­le Wein­ber­ge in Deutsch­land eine Bewäs­se­rungs­struk­tur haben. Ich den­ke kei­ne 10% bis 5%. Ich weiß es nicht.

Der Rest muss das Was­ser rein­fah­ren! Ein sehr gro­ßer Auf­wand, aber wer kann schon eine Mut­ter lei­den sehen? Noch viel ist zu sagen. Wie oft wird das vor­kom­men? Wenn ja, sind neue Sor­ten die Ant­wort? Nimmt der Kon­su­ment sie an? Ein neu­es, moder­nes Boden­ma­nage­ment, mit Mul­ch­auf­la­ge, wel­che die Ver­duns­tung mini­miert? Wird Schwe­den das neue Baden?
Nächs­tes Jahr kann es wie­der ganz anders aus­se­hen. Viel Regen, viel Säure.

Deutsch­land ist seit 2000 Jah­ren ein Wein­bau­land. Noch nie in sei­ner His­to­rie, waren die Win­zer und Win­ze­rin­nen so ein­ma­lig gut und kom­plex aus­ge­bil­det. Noch nie so glü­hend und posi­tiv moti­viert. Die Wein­bau­ju­gend ist der Ham­mer! Ich habe kei­ne Sor­ge, im Gegen­teil. Deutsch­land wird vie­le, vie­le Men­schen hier und im Aus­land mit Typi­zi­tät und Authen­ti­zi­tät begeis­tern. In jedem Stil, vom Brot­zeit­wein bis zum VDP gro­ßes Gewächs. Auch die­ses Jahr. Die Rot­wei­ne wer­den bestimmt ganz gran­di­os und es wird auch vie­le, vie­le tol­le Weiß­wei­ne und Rose­wei­ne geben.

 

 

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