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2023 Nèprica von Tormaresca: Es gibt auch guten Primitivo

Typisch ist der Nèprika Primitivo nicht, aber gut. Er ist weich, ausgesprochen saftig und charmiert mit seiner frischen, an Amarena-Kirschen und Zwetschgen erinnernden Frucht. Im Unterschied zu vielen anderen fruchtigen Rotweinen, an denen Italien so reich ist, läuft er warm und gleichmäßig über den Gaumen – Indiz für seine Herkunft Apulien. Schmalbrüstige Rotweine gibt in dieser süditalienischen Region nicht. Dazu ist es dort zu heiß. Weintrinker, die das wissen, werden deshalb von der Vollmundigkeit dieses Weins nicht überrascht sein, auch wenn diese auf stattlichen 14,5 Vol.% Alkohol basiert.

Für die Nutella-Generation zu trocken

Ein Plus ist, dass der Nèprika mit nur 3 Gramm Restzucker fast durchgegoren ist. Damit unterscheidet er sich grundlegend von den allermeisten Primitivo-Weinen, egal ob sie aus den Regalen der Supermärkte oder von Fachhändlern kommen. Die warten nämlich mal mit 6, mal mit 12, bisweilen sogar mit 18 Gramm Restzucker auf, was in Verbindung mit dem hohen Alkohol eigentlich ein No Go ist. Diese Weine haben gezielt die Nutella-Generation im Visier, also die Generation zwischen 20 und 40 Jahren, die mit Kinderschokolade, Gummibärchen, gesüßten Fruchtsäften und der berühmten Nougatcreme geschmackssozialisiert geworden ist und die auch im Erwachsenenalter den versteckten Zucker brauchen, um ein Produkt als lecker zu empfinden. Im Übrigen spürt man beim Nèprika durchaus eine gewisse Süße, die aber nicht auf Zucker, sondern auf den hohen Extrakt zurückzuführen ist. Für Experten: Er liegt bei 33 Gramm.

Hinter dem Weingut Tormaresca steht die Familie Antinori

Das Weingut, aus dem der Nèprika Primitivo kommt, heisst Tormaresca. Es wurde 1998 von der Familie Antinori gegründet und besteht aus zwei einzelnen Weingütern: Boca di Lupo nahe des Castel del Monte und Masseria Maime nicht weit von Brindisi. Beides sind hochmoderne Weingüter mit zeitgemäßem Equipment, vor allem präziser Temperaturkontrolle, was für heiße Weinanbaugebiete unverzichtbar ist. Der Wein kommt aus der Masseria Maime, deren Weinberge ziemlich dicht an der Adria liegen. Das hat den Vorteil, dass die Trauben durch die Meeresbrisen leicht gekühlt werden. Sicher, der Nèprika Primitivo ist kein Hochgewächs. Dazu fehlt es ihm an Komplexität. Wer Komplexität will, kann den Toricoda Primitivo wählen, die Premium-Version des Tormaresca Primitivo.

Modern ist die Stilistik, traditionell die Rebsorte

Mit den verhunzten Primitivo vom Typ Doppio Passo hat der Nèprika nichts gemein, aber auch nicht mit den überladenen, überreifen Primitivo-Weinen von einst, die vom Gambero Rosso, dem maßgeblichen italienischen Weinführer, mehr aus Nostalgie denn aus Qualitätsgründen immer wieder mit 3 Gläsern ausgezeichnet werden, der Höchstnote. Modern ist an diesem Primitivo die Stilistik: die Frische, die blitzsaubere Frucht, die milde Säure, die Balance. Er wird im Edelstahltank vergoren, macht dort auch den biologischen Säureabbau und kommt früh auf die Flasche. Dort reift er ein paar Monate nach, bis er freigegeben wird. Das ist alles. Traditionell an ihm ist die Rebsorte (der Name geht auf das lateinische Word primus zurück: die Primitivo ist die als erste gelesene rote Rebsorte in Apulien). Sie stammt ursprünglich aus Dalmatien, gelangte vor vielen hundert Jahren nach Apulien und hat sich dort an die Boden- und Klimaverhältnisse so gut angepasst, dass sie bis heute geblieben ist. Die Apulier haben jedenfalls keinen Grund gesehen, sie durch andere, internationale Rebsorten zu ersetzen, auch wenn diese vielleicht „bessere“ Weine ergeben könnten. Was ein guter Primitivo diesen möglicherweise „besseren“ Weinen voraus hat, ist seine Einzigartigkeit. Man könnte auch Charakter sagen.

Zwei letzte Hinweise noch: Dieser Primitivo sollte kühl getrunken werden. Mit 14 °C schmeckt er am besten. Und mit Bezug auf den hohen Alkoholgehalt: Es gibt keine Vorschrift, eine ganze Flasche auf einmal zu leeren.

2023 Nèprika Primitivo Puglia, Tormaresca

Preis: 8,22 Euro

Bezug: www.edelrausch.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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