Dieser Rotwein gehört zum Besten, was ich in der Preiskategorie „Unter 10 Euro“ im letzten Jahr getrunken habe: ein kraftvoller, geradezu wuchtiger Wein mit praller Frucht und ultrafeinem Tannin, den man – wenn er nicht charakteristisch mediterrane Züge trüge – fast in eine Reihe mit einem jungen Châteauneuf-du-Pape stellen könnte. So eine Qualität trifft man selten in Italien, und wenn doch, dann kostet die Flasche locker 20 Euro oder mehr. Dabei ist es nicht allein die Qualität, die mich beeindruckt. Es ist der spezielle Charakter des Weins. Die feinen balsamischen Noten, mit denen er aufwartet, die an Zimt, Wacholder und Pinienharz erinnern. Die hohe Reife der Frucht, die ihm einen Hauch von Mon Chérie geben. Da ist aber auch die Leichtigkeit, mit der er sich trinkt (obwohl er 15 % Vol. Alkohol aufweist), die Frische, die trotz der Fülle nicht verloren gegangen ist. Sicher, Filigrantrinker werden bei diesem Wein einknicken. Aber wer den Überschwang liebt, wird sich schnell mit ihm anfreunden.
Lungarotti brachte Umbrien allein zum Strahlen
Der Wein kommt aus Umbrien, einer kleinen, ein wenig verschlafenen Region in Mittelitalien, die von der Toskana und von den Marken eingeschlossen wird und keinen eigenen Zugang zum Meer besitzt. Die Olivenöle der Region gehören zu den besten der Welt. Beim Wein gab es bis vor 40 Jahren nur einen Namen, der Umbrien zum Strahlen gebracht hat: Lungarotti. Dieses Familienunternehmen aus dem Städtchen Torgiano repräsentierte mit 250 Hektar Weinbergen Umbrien praktisch allein. Sein emblematischter Rotwein, der Rubesco, ist eine feine Sangiovese-/Colorino-Cuvée mit einem Preis-/Leistungsverhältnis, wie es in Italien inzwischen selten geworden ist. Lungarottis Spitzengewächs, die Rubesco Riserva „Vigna Monticchio“, ist zur eleganten Alternative zur Gran Selezione des Chianti Classico avanciert.
Der Aufstieg von Montefalco
Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind in Umbrien noch viele andere Weingüter entstanden und haben auf sich aufmerksam gemacht, vor allem um das Städtchen Montefalco. Der Montefalco Sagrantino, der dortige Topwein, ist quasi das Gegenstück zu den Weinen aus Torgiano: üppig, schwer, gerbstoffreich. Die Sorte Sagrantino strotzt nur so vor Tannin. In den 1990er Jahren haben Weingüter aus ganz Italien in Montefalco investiert, um beim Sagranino-Boom dabei zu sein. Die erhofften, ganz großen Erfolge blieben jedoch aus. Zu klobig, zu behäbig waren viele Weine, überextrahiert und bisweilen völlig unzugänglich. Lungarotti hat in Montefalco erst relativ spät investiert, nämlich im Jahre 2000. Sein Sagrantino litt schon nicht mehr unter den Kinderkrankheiten der ersten Generation von Weinen. Im Gegenteil: Er präsentierte sich geschmeidig und ohne übergroße Tanninhärten. Allerdings war (und ist) auch er zu 100 Prozent aus Sagrantino-Trauben gekeltert, wie es die DOCG-Statuten vorsehen. Entsprechend langsam entwickelt er sich.
Der ilBio ist eine Art Sagrantino light
Um ihn zugänglicher zu machen, ohne die Sagrantino-Charakteristiken zu verlieren, begann man bei Lungarotti zu experimentieren. Man vergor die Maische etwas kühler, verkürzte die Maischestandzeit, halbierte die Ausbauzeit im Keller und verwendete Trauben aus einer Parzelle mit jungen, biologisch angebauten Rebstöcken. Klar, dass diese Experimentalversion nicht als Montefalco Sagrantino auf den Markt kommen konnte. Sie firmierte als Umbria Rosso, also als einfacher Landwein (IGT). Außerdem wagte man es, mit etwas höheren Erträgen zu arbeiten als beim DOCG-Wein. So entstand der ilBio, eine Art Sagrantino light. Die Überraschung: in den einschlägigen Weinführern, etwa im Gambero Rosso, erzielte dieser Wein genauso hohe, manchmal sogar höhere Bewertungen als der zweieinhalb mal so teure DOCG-Wein. Das schmeichelhafte Urteil der Tester sollte jedoch nicht falsch interpretiert werden. Auf lange Sicht ist der Montefalco Sagrantino zweifellos der größere Wein. Doch in den ersten Jahren charmiert der ilBio einfach mehr. Ihm gehört das Momentum.
2018 ilBio Umbria Rosso IGT, Cantine Lungarotti
Preis: 9,99 Euro
Bezug: https://centro-italia.de
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