2014 in Bordeaux: begeisterungslose Zufriedenheit

Weinberg in Bordeaux
Weinberg in Bordeaux
Der kalte, nasse Sommer und die Kirschessigfliege – das waren in diesem Jahr die Hauptprobleme in Bordeaux. Frédéric Faye, Direktor von Château Figeac, ist dennoch zufrieden mit dem Jahrgang 2014. Der lange, warme September hat es am Ende gerichtet. Von Andrew Black

Figeac ist ein außer­ge­wöhn­li­ches Châ­teau. Außer­wöhn­lich schön, weil 14 Hekt­ar sei­nes Besit­zes Parks, Seen, Wie­sen und Wäl­der sind. Außer­ge­wöhn­lich gut, was die Böden angeht. Sie bestehen aus leicht erwärm­ba­rem Kies und Sand. Und einem außer­ge­wöhn­li­chen Reb­sor­ten­mix: je 35 Pro­zent Caber­net Sau­vi­gnon und Caber­net franc, nur 30 Pro­zent Mer­lot. Unty­pisch für St. Emi­li­on, wo Mer­lot domi­niert. Die­ser Mix spie­gelt sich im Wein wider. „Der Médoc-ähnlichste Wein von St. Emi­li­on“  wird Figeac in der Lite­ra­tur oft genannt. Er besitzt den Rang eines Pre­mier Grand Cru Clas­sé von St. Emilion.

Der eng­li­sche Jour­na­list Andrew Black sprach kurz vor Lese­schluss mit Fré­dé­ric Faye, dem Direk­tor des Châ­teau, über den Jahr­gang 2014.

Fré­dé­ric FayeAndrew Black: Haben Sie nach den Regen­fäl­len im Juli und August gefürch­tet, dass 2014 ein noch schwie­ri­ge­rer Jahr­gang wird als 2013?
Fré­dé­ric Faye: Wir hat­ten Angst. Ende August fürch­te­ten wir das Schlimms­te. Aber dann kamen fünf wun­der­bar hei­ße, son­ni­ge Wochen.
Andrew Black: Ursprüng­lich glaub­ten Sie, es gäbe in 2014 eine frü­he Lese?
Fré­dé­ric Faye: Bis Juni sah alles rosig aus. Unse­re Pla­nun­gen sahen eine Lese in der ers­ten September-Woche vor. Aber dann san­ken plötz­lich die Tem­pe­ra­tu­ren. Die Son­ne kam nicht mehr raus, und es begann zu reg­nen. Die Vérai­son (Trau­ben­fär­bung) dau­er­te unend­lich lan­ge, fünf Wochen erstreck­te sie sich für die drei Reb­sor­ten, die wir anbau­en. Das Her­aus­schnei­den von grü­nen Trau­ben war unum­gäng­lich. Wir haben in 2014 sogar zwei Grün­le­sen durch­ge­führt: die ers­te zur Redu­zie­rung der Erträ­ge, die zwei­te zur Homo­ge­ni­sie­rung des Rei­fe­ni­veaus der Trauben.
Andrew Black: War die Vérai­son das Haupt­pro­blem in die­sem Jahr?
Fré­dé­ric Faye: Auf jeden Fall für die Mer­lot. Es hin­gen an ein und der­sel­ben Rebe Trau­ben, die rot waren, und Trau­ben, die grün waren. Auch vari­ier­te die Grö­ße der Bee­ren bei ver­schie­de­nen Trau­ben. Durch Grün­le­se ver­such­ten wir, das alles so gut wie mög­lich auszugleichen.
Andrew Black: Wie­viel Men­ge ging bei der Grün­le­se verloren?
Fré­dé­ric Faye: Rund 25 Pro­zent. Der Rest blieb hän­gen, und der war­me Sep­tem­ber sorg­te dafür, dass der unter­schied­li­che Rei­fe­grad der Trau­ben und die unter­schied­li­che Grö­ße der Bee­ren weit­ge­hend aus­ge­gli­chen wur­den. Was nicht den höchs­ten Anfor­de­run­gen ent­sprach, wur­de hin­ter­her von dem opti­schen Sor­tie­rer aus­ge­son­dert. Die­se Maschi­ne ist fan­tas­tisch. Durch sie wer­den nicht nur die unrei­fen grü­nen Bee­ren aus­sor­tiert, son­dern auch die über­rei­fen, die schon fast  zu Rosi­nen geschrum­pelt sind.
Andrew Black: Und was ist am Ende herausgekommen?
Fré­dé­ric Faye: Etwas Gutes. Die Wei­ne haben Balan­ce, sind dun­kel in der Far­be, besit­zen eine schö­ne Säu­re, eine gute Alko­hol­gra­da­ti­on, und die Ker­ne sind rei­fer als letz­tes Jahr.

Weinberg in Bordeaux
Wein­berg in Bordeaux

Andrew Black: Im letz­ten Jahr über­rasch­ten Sie uns mit der Mit­te­lung, dass Caber­net Sau­vi­gnon bes­ser gelun­gen sei als Mer­lot und Caber­net franc. Wie sieht es in 2014 aus?
Fré­dé­ric Faye: Schon wäh­rend der Vérai­son hat­te ich das Gefühl, dass auch 2014 ein Caber­net Sauvignon-Jahr wer­den wür­de. Sicher, man­che favo­ri­sie­ren die Mer­lot, ande­re den Caber­net franc. Aber im Médoc und in Pessac-Léognan sieht es für Caber­net Sau­vi­gnon eben­falls recht gut aus. Ich glau­be, 2014 ist für ganz Bor­deaux ein gutes Caber­net Sauvignon-Jahr.
Andrew Black: Und wie macht sich auf Figeac der Caber­net franc im Ver­gleich zum Caber­net Sauvignon?
Fré­dé­ric Faye: Der Caber­net franc ist augen­blick­lich bei 12 Vol.% Alko­hol und sieht super aus. Wir müs­sen noch ein biss­chen war­ten. Die Scha­len sind dick, die Far­be dun­kel, die Ker­ne sind braun. Ich bin sicher, dass der Caber­net franc 2014 bes­ser ist als in 2011, 2012, 2013. Im Geschmack erin­nert mich sogar an 2010. Aber wir soll­ten nicht zu hoch greifen.
Andrew Black: Bes­ser als Caber­net Sauvignon?
Fré­dé­ric Faye: Der Caber­net Sau­vi­gnon ist fan­tas­tisch. Er ist schon bei 13 Vol.% Alko­hol. Michel Rolland, unser Bera­ter, war ges­tern da und hat die Bee­ren pro­biert. Er war begeis­tert. Gro­ße Caber­net Sauvignon-Qualitäten am Rech­ten Ufern fes­seln ihn immer.

Eti­kett Cha­teau FigeacAndrew Black: Vie­le Reb­stö­cke in Bor­deaux sehen erschöpft aus. Eini­ge haben schon ihre Blät­ter abgeworfen.
Fré­dé­ric Faye: Die Reben hier auf Figeac sind gesund. Aber es stimmt schon: Wir dür­fen von Mut­ter Natur nicht mehr for­dern, als sie geben kann. Wir sind bereits im Herbst. Die Tage wer­den kür­zer, die Näch­te küh­ler. Viel geht jetzt nicht mehr.
Andrew Black: Hat Figeac auch Pro­ble­me mit der Kirschessigfliege?
Fré­dé­ric Faye: Wir nen­nen sie die Pest auf dem Motor­rad. Ja, vie­le Wein­ber­ge in Bor­deaux sind von ihr befal­len. Auf Figeac hat sie 20 Reb­zei­len zer­stört. Wir muss­ten alle Trau­ben abschnei­den. Ich möch­te sie nicht im Kel­ler haben. Wir hof­fen jetzt, dass der nächs­te Win­ter einen har­ten Frost bringt und die Insek­ten­lar­ven abtötet.
Andrew Black: Qua­li­ta­tiv scheint 2014 deut­lich bes­ser als 2013 zu sein. Aber nie­mand behaup­tet, der Jahr­gang sei so gut wie 2005, 2009, 2010. Viel­leicht ist 2014 einer die­ser mitt­le­ren Jahrgänge?
Fré­dé­ric Faye: Ich glau­be, 2014 ist ein klas­si­scher Jahr­gang in Bor­deaux. Kein Blockbuster-Jahrgang. Eini­ge Châ­teaux wer­den sich begeis­tert über 2014 äußern, weil wir im Som­mer von einem klei­nen Jahr­gang aus­gin­gen und dann doch einen guten, für man­che Châ­teaux auch sehr guten Jahr­gang bekom­men haben. Aber ein gro­ßer Jahr­gang ist er sicher nicht.
Andrew Black: Bes­ser als 2013?
Fré­dé­ric Faye: Besser.
Andrew Black: Bes­ser als 2007?
Fré­dé­ric Faye: Bes­ser. Ich ver­mu­te, wir sind 2014 auf Augen­hö­he mit 2008.

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