Samstag, Oktober 12, 2024
12.2 C
München
spot_img

2013 Große Gewächse: Spätburgunder aus Württemberg und Baden

Baden und Württemberg bilden zwar ein Bundesland, sind aber keine Zwillinge. Im Gegenteil. Die Menschen hier und dort sind sich in herzlicher Abneigung verbunden. Auch weinbaulich wollen sie nichts miteinander zu tun haben – und müssen es auch nicht.

Großartige Spätburgunder auch aus Württemberg

Spätburgunder-Trauben im Weingut Seeger
Spätburgunder-Trauben im Weingut Seeger

Württemberg ist die kühlere Region, Baden die wärmere. Spätburgunder bauen beide an, wenngleich die Sorte in Baden einen höheren Stellenwert hat. Lange Zeit galt der Kaiserstuhl und seine Umgebung als das beste Rotwein-Anbaugebiet Deutschlands. Seit dem Klimawandel lässt sich das nicht mehr so einfach behaupten. Auch andere Regionen Deutschlands bringen reife, saftige Spätburgunder hervor. Selbst aus Württemberg, das traditionell mehr auf Lemberger setzt, kommt inzwischen regelmäßig großartiger Spätburgunder.

2013 war ein kühles Jahr, in dem die Reben spät austrieben und vielerorts Mühle hatten, ihre Trauben zur Vollreife zu bringen. Entsprechend regional unterschiedlich sind die Ergebnisse, und zwar sowohl in Württemberg wie in Baden. Doch die besten 2013er Spätburgunder besitzen große Finesse, gerade weil es kein heißes Jahr war.

2013 Spätburgunder Großes Gewächs Baden


Ort Lage Jahrgang Weingut Beschreibung Punkte
Malterdingen Bienenberg “Wildenstein” 2013 Bernhard Huber Etwas Reduktion. Immense Konzentration im Kern eines präzisen, kräftigen Gaumens. Maskulin und ganz ungeniert, muskulös, doch elegant. Der Wein braucht Zeit – seine blitzsaubere Frucht und seine tadellose, strebende, ragende Struktur geben ihm die besten Voraussetzungen dazu. 94+
Malterdingen Bienenberg 2013 Bernhard Huber Derzeit dominiert neue Eiche noch die Nase, sie ist aber von feinster Herkunft. Reife, erhellende Säure und wunderbar warmes, katzenpfotenartiges Tannin sind die Eckpfeiler einer Struktur, die weit in die Zukunft schaut – dennoch ist nichts übertrieben. Der Wein ruht in sich. 94
Bombach Sommerhalde 2013 Bernhard Huber Feine Rauchnoten vermischen sich mit reifen Kirschen, da ist sogar etwas Amarena – und viel Struktur. Geschmeidig und stark, jetzt noch kantig, aber sehr, sehr aromatisch. 94
Oberrotweil Eichberg 2013 Salwey Ein dunkler Aspekt, mit einem plumpen Fruchtcharakter, ohne fleischig zu sein. Wunderbar balancierte, vibrierende Säure. Ein Wein mit Spannkraft, zum richtigen Zeitpunkt geerntet, sodass er reif, aber schlank und elegant dastehen kann. Seine Ungezwungenheit und seine Natürlichkeit zeigen, was Salwey kann. 94
Oberrotweil Kirchberg 2013 Salwey Abgerundet und nahezu üppig, aber straff in seinem wunderbar kirschigen Kern. Sehr erwachsen, sehr schön, sehr elegant. Die Reife ist perfekt eingeschätzt. Wunderbares Potential. 94
Oberrotweil Henkenberg 2013 Salwey Ganz gerade geschnitten, linear und straff, reif. Die Üppigkeit ist in wunderbarem Zaum gehalten, und prickelnde Würze hallt mit der Frucht wider. 94
Odenheim Königsbecher 2013 Heitlinger Zurückhaltende Nase, dann folgen wunderbar poetische Expressionen von Himbeeren und Pfeffer mit etwas zerdrücktem Himbeerlaub. Wunderbar saubere, reintönige Frucht. 93-94
Ihringen Winklerberg Wanne “Häusleboden” 2013 Dr. Heger Straff und muskulös, elegant und präzise. Perfekte Reife: Es gibt Struktur und Balance ohne Überreife oder heißen Alkohol – eine Gratwanderung am Winklerberg – Respekt. Sehr elegant. 93+
Hecklingen Schlossberg 2013 Bernhard Huber Riecht nach Lakritz und Rauch – eher ungewöhnlich. Kraft lässt sich hier nicht verleugnen: Der noch verschlossene Gaumen ist wie eine Batterie, die Energie verbreiten will. Dieser Wein braucht noch lange Zeit, aber sein Potenzial ist zweifellos. 93
Achkarren Schlossberg 2013 Dr. Heger Präzise, einschlagende Frucht. Wunderbare Ausgewogenheit, Frische und Straffheit. Form und Eleganz. 92
Burkheim Feuerberg “Kesselberg”* 2013 Bercher *vorbehaltlich der gesetzlichen Anerkennung Wunderbare Aromen von dunklen Kirschen und Eiche sind bewegend – Alkohol sticht jedoch etwas heraus. Ein Wein mit wirklicher Kraft, die sich beinahe über die blitzsaubere Frucht hinwegsetzt. 91
Sulzfeld Löchle 2013 Burg Ravensburg Rote und schwarze Kirschen, weißer Pfeffer und Wellen von Frucht und Würze – faszinierend, wie sie sich ständig abwechseln. 91
Blankenhornsberg Doktorgarten 2013 Staatsweingut Freiburg Wunderbar ausdrucksstarke Frucht, nahezu floral im Duft. Unheimlich viel Charme. 90
Freiburg Schlossberg 2011 2011 Stigler Eher fleischig als fruchtig, aber auch schon fortgeschrittener. Erdig und rund. 90
Leimen Herrenberg Spermen 2013 Seeger Straffe Frucht, elegant und abgerundet, wenn auch derzeit Eiche noch die erste Geige spielt. 89
Zell-Weierbach Neugesetz “Marienquelle” 2012 2012 Freiherr von und zu Franckenstein Frisch gebrochenes Holunderholz und zerdrückte Holunderblätter – könnte präziser sein. 88
Reicholzheim First 2013 Konrad Schlör Etwas volatil. An der Nase ist die rote Frucht ausdrucksstark, am Gaumen aber undefiniert. 88
Leimen Herrenberg Oberklamm 2013 Seeger Eine rauchige Röstnote steht allem voran. Sogar die schöne Kirschfrucht wird davon bedrängt. 87
Ihringen Winklerberg “Roter Boden” 2011 2011 Stigler Eher reif und etwas marmeladig in der Mitte. Sehr fleischig. 87

2013 Spätburgunder Großes Gewächs Württemberg


Ort Lage Jahrgang Weingut Beschreibung Punkte
Untertürkheim Gips 2013 Gerhard Aldinger Wunderbar bezeichnender Holunderbeerenduft. Rein und leuchtend, erhaben und schön. Die Frucht ist herb: Sauerkirschen und würzige Preiselbeeren, einfach wunderbar. Die Aromatik hallt am eleganten Gaumen wider und ist ebenso bezaubernd wie verführerisch. 94+
Untertürkheim Herzogenberg 2013 Wöhrwag Totale Holunderbeere. Entwaffnende Eleganz. Mit ganz leichter, ungezwungener Hand gemacht. Die Holunderbeeren schimmern durch den Wein, so duftig und so bezaubernd. 94+
Fellbach Lämmler 2013 Rainer Schnaitmann Unheimlich eleganter Auftakt voller Kirschfrucht: reif und rot, süß und schwarz, saftig und sauer. Alles ist ausgewogen und ungezwungen, selbstverständlich und natürlich mit einer zeitlosen, ewigen Struktur. Württemberg ist Pinotland mit unheimlichem Potenzial und absoluten Könnern. 94+
Gundelsheim Himmelreich 2013 Staatsweingut Weinsberg Ganz zarte Noten von roten Johannisbeeren und etwas Rhabarber. Zarte, reine Frucht in einem schlanken, biegsamen Wein mit tiefem Kern und leichtem Wesen. Überzeugt mit Charme. 94+
Abstadt Burg Wildeck 2013 Staatsweingut Weinsberg Zuerst erscheinen Sauerkirschen, am Gaumen scheint die Frucht reifer, ist aber intensiv aromatisch im Kern mit sinnlichen Wogen voller Frucht. Respekt. 94
Hebsacker Lichtenberg 2013 Jürgen Ellwanger Etwas reduziert (gutes Zeichen) mit wunderbar reiner, schlanker, konzentrierter, aber ungezwungener Frucht. Ganz sauber, präzise und elegant. 93-94
Neipperg Schlossberg 2013 Weingut des Grafen Neipperg Leichtigkeit täuscht hier nicht über Tiefe hinweg. Struktur und Frucht sind schlank, aber ergänzen sich. Der Abgang ist lang und träumerisch. 93
Bönnigheim Sonnenberg 2013 Ernst Dautel Derzeit noch von neuer Eiche dominiert, darunter aber ist präzise, straffe Frucht, gesäumt von einer klaren, glockenhellen Säure. Der Stil ist nahezu international – lässt seine Eleganz und sein Potenzial aber klar durchscheinen. 93
Verrenberg Verrenberg 2013 Fürst zu Hohenlohe Oehringen Ausdrucksvoller Charakter von roter Johannisbeere, die sich in ihrer Reinheit durch den ganzen Wein zieht und auch etwas Waldhimbeeren und deren aromatische Blätter mitbringt. Wunderbar ungekünstelt, ehrlich und natürlich. 93
Fellbach Lämmler 2013 Heid Ein etwas dunklerer Eindruck, fleischiger in der Nase. Straffe, konzentrierte Frucht und angenehme Säure. Sehr gut abgeschätzt und ausgewogen. 92
Schnait Burghalde 2013 Karl Haidle Total straffe Kirschfrucht in einer Struktur, die davon nahezu übersprudelt. Der Wein tanzt auf einem Hochseil zwischen Eleganz und frechem Schmiss. 92
Pfaffenhofen Glaukós 2013 Wachtstetter Verschlossen und etwas sperrig an der Nase. Der Gaumen jedoch ist wunderbar sauber und hat herbe, helle Frucht. 90
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img