Montag früh kamen die ersten beiden Bordeaux-Premiers offiziell mit ihren Preisen raus: für 550 Euro werden Lafite und Mouton-Rothschild vom Négoçe angeboten – ein neuer Rekord für die beiden Rothschild-Chateaux. Die erste Tranche, die jetzt freigegeben wurde, scheint bewusst sehr klein gehalten zu sein. Erwartet wird, dass die nächsten Tranchen stark im Preis ansteigen.
In Windeseile wurde die Botschaft um die Welt getwittert: 550 Euro pro Flasche Lafite und Mouton-Rothschild. Das Rätselraten ist zu Ende, die Katze aus dem Sack. 550 Euro – das sind über 50 Prozent mehr als beim 2005er, der vor vier Jahren ein für kaum möglich gehaltenes historisches Preisniveau erreicht hatte. Im Vergleich zum 2008er sind die Weine sogar um satte 300 Prozent im Eröffnungspreis gestiegen. Zu diesen Preisen in Europa Käufer zu finden, dürfte schwer werden. Wo soll das hinführen? fragen sich viele Händler. Die Antwort lautet: wahrscheinlich noch höher. Denn die zur Verfügung gestellten Mengen, die jetzt zu diesem Preis angeboten werden, scheinen nach Auskunft bordelaiser Négoçiants äußerst gering zu sein – wesentlich geringer als die ersten Tranchen der vergangenen Jahre. Das zeigt, dass die Chateaux pokern wollen: Preisstabilisierung auf hohem Niveau, um die nächste Tranche dann teuer machen zu können. Auf dem jetzigen Preisniveau bedeutet das en primeur-Preise zwischen 650 und 800 Euro, dazu die Mehrwertsteuer. Robert Parkers Menetekel von 1000 Euro für die Premiers ist zum Greifen nahe!
Der große Durst der Asiaten
Bis Montagmittag waren die Weine weder auf dem englischen noch auf dem amerikanischen und deutschen Markt angeboten. Ob es zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt zu Zuteilungen kommt, ist ungewiss. Und wenn ja, dürften diese sehr gering ausfallen. Der größte Teil wird vermutlich nach Asien gehen. Obwohl die chinesische Staatsführung am Wochenende beschlossen hat, den Yuan vorerst nicht aufzuwerten, herrscht dort nach wie vor Bullenmarkt, vor allem in Bezug auf die Rothschild-Weine. Der meteoritenhafte Aufstieg des Lafite-Zweitweins Carruades sowie des Duhart-Milon, eines weiteren Chateau aus der Lafite-Familie, haben bereits klare Signale vorgegeben. Allerdings ist davon auszugehen, dass selbst der Rothschild-verrückteste Chinese den Unterschied zwischen einer Kiste Carruades für 1000 Euro und einer Kiste Lafite für 12 000 Euro und mehr erkennt. Anders gesagt: Möglicherweise zieht er den 2008er Lafite für 8000 Euro pro Kiste dem superteuren 2009er vor, dessen qualitative Überlegenheit er vielleicht gar nicht so genau erschmecken kann. Das Etikett ist außerdem das gleiche, und 2008 war in China das Jahr der Olympischen Spiele.
„Stellt eure Heizungen ab und kratzt jeden Cent zusammen …“
Negoçiants und Broker hantieren aber auch noch mit einem anderen Szenario. Möglicherweise gibt es in Europa und in den USA doch mehr Interessenten für den Jahrgang 2009 als vermutet. Es müssen ja nicht unbedingt Weintrinker sein, die diesen Jahrgang kaufen. In den letzten Jahren sind vor allem Spekulanten am Markt der Premiers (und Deuxièmes) aktiv gewesen: Weinfonds zum Beispiel. Simon Staples vom Londoner Brokerhouse Berry Bros & Rudd ist überzeugt, dass sich Top-Jahrgänge des Lafite bald für 30 000 oder 40 000 Euro pro Kiste verkaufen: „Stellt eure Heizungen ab, verkauft eure Autos, kratzt jeden Cent zusammen und macht mit beim Husarenritt auf den 2009 Bordeaux“, fordert er seine Kunden auf.