Wie viel Wein gehört ins Glas?

Die ein­fachs­te Art, sich als Wei­nigno­rant zu offen­ba­ren, besteht dar­in, die Glä­ser sei­ner Gäs­te rand­voll zu schen­ken. Was gut gemeint sein mag, erweist sich als höchs­te Form der Genuss­feind­lich­keit. Glä­ser, die zu voll geschenkt sind, kön­nen nur schwer am Stiel balan­ciert wer­den. Das Bou­quet kann sich nicht ent­wi­ckeln. Der Wein erwärmt sich im Glas schnel­ler als in der Fla­sche. Und ein über­füll­tes Glas ani­miert zum Trin­ken statt zum Genießen.

Faustregel »drittel voll«

Als Faust­re­gel gilt, dass klei­ne Glä­ser zu nicht mehr als einem Drit­tel, gro­ße Glä­ser sogar nur zu einem Vier­tel gefüllt sein dür­fen. Ein­zi­ge Aus­nah­me: Schaum­wein­glä­ser. Sie dür­fen (fast) voll­ge­schenkt wer­den. In allen ande­ren Fäl­len heißt es jedoch: wenig ein- und um so häu­fi­ger nach­schen­ken. Die Regel ist kei­ne sno­bis­ti­sche Eti­ket­te. Wein­ken­ner hal­ten sich intui­tiv dar­an. Sie schen­ken um so weni­ger ein, je wert­vol­ler der Wein ist. Nicht aus Geiz: Nur wenn genü­gend Luft im Glas ist, kann sich der Wein opti­mal entfalten.

Den­noch ist die Unsit­te des Voll­schen­kens weit ver­brei­tet, vor allem in der Gas­tro­no­mie. Wir­te, die Wein­glä­ser bis zum Eich­strich fül­len, demons­trie­ren Bier­men­ta­li­tät. Sie soll­ten ihre Wei­ne lie­ber gleich in Krü­gen statt in Kel­chen aus­schen­ken. Aller­dings muss die Füll­men­ge auf das Glas abge­stimmt wer­den. Einen Dezi­li­ter in groß­vo­lu­mi­gen Glä­sern zu ser­vie­ren ist eben­so falsch, wie klei­ne Glä­ser rand­voll zu schenk

Korrekt:

Ein Dezi­li­ter im Glas und andert­halb Dezi­li­ter im Viertelliter-Krug zum Nachschenken.

Korrekt:

In einen grö­ße­ren Kelch gehö­ren min­des­tens zwei Dezi­li­ter Wein. Ein Restau­rant, das die­se Men­ge anbie­tet, muss auch über die ent­spre­chen­den Glä­ser verfügen.

Geschmacklos:

Zwei Dezi­li­ter in einem rela­tiv klei­nen Glas sind zuviel. Der Kelch ist zu schwer, das Bou­quet ver­fliegt zu schnell.

Lächerlich:

Ein Dezi­li­ter in einem groß­vo­lu­mi­gen Glas wirkt wie eine »Pfüt­ze«. Das Bou­quet gelangt nicht an die Nase des Weintrinkers.

TIPPS & TRICKS: AVINIEREN

Wer wäh­rend des Essens einen zwei­ten Rot­wein trinkt, aber nur ein Rot­wein­glas zur Ver­fü­gung hat, muss das Glas avi­nie­ren. Avi­nie­ren heißt: »wein­grün machen«. Dabei wird eine klei­ne Men­ge des neu­en Weins ins Glas geschüt­tet, geschwenkt und dann in einen bereit­ste­hen­den Krug ent­leert (bezie­hungs­wei­se ins Glas des Sitz­nach­barn, der den Vor­gang wie­der­holt und den »Spül­wein« wei­ter­reicht). Auf die­se Wei­se wer­den die Res­te des alten Weins eli­mi­niert und der Duft des neu­en Weins ins Glas gege­ben. Wich­tig ist das Avi­nie­ren vor allem dann, wenn der neue Wein aus einer völ­lig ande­ren Regi­on kommt oder von einer ande­ren Reb­sor­te stammt. Han­delt es sich dage­gen nur um einen ande­ren Jahr­gang des glei­chen Weins, kann das Avi­nie­ren ent­fal­len. Beim Wech­sel von Weiß- auf Rot­wein müs­sen grund­sätz­lich neue Glä­ser bereit­ge­stellt werden.

1 Kommentar

  • […] Ein vol­les Glas? Wohl kaum! Das wäre äußerst unfein! Ein hal­bes Glas? Oder gar nur bis zu einem Drit­tel gefüllt? Die Füll­men­ge, sagt jetzt der Schlau­mei­er, hängt ganz vom Glas ab … […]

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