Flaschenreifung

Die Ver­fei­ne­rung eines Weins auf der Fla­sche. Trotz Klä­rung, Schö­nung, Schwe­fe­lung und Ste­ril­fil­tra­ti­on ist Wein, wenn er auf der Fla­sche ist, ein mikro­bio­lo­gisch leben­di­ges Pro­dukt. Es wan­delt sich, und wenn der Wein gut ist, ver­fei­nert er sich dabei. Aller­dings geht die Ver­fei­ne­rung wesent­lich lang­sa­mer vor sich als die Rei­fung im Fass. Auch ver­läuft sie nicht line­ar, son­dern birgt Höhen und Tie­fen. So kann es vor­kom­men, dass ein Wein nach drei oder fünf Jah­ren Fla­schen­rei­fe ver­schlos­se­ner ist als zum Zeit­punkt der Frei­ga­be. Das wich­tigs­te Ele­ment für die Ver­fei­ne­rung auf der Fla­sche ist Sau­er­stoff. Trotz Abfül­lung unter Stick­stoff befin­det sich immer eine gerin­ge Men­ge Sau­er­stoff zwi­schen dem Spie­gel des Kor­kens und dem Pegel des Weins. Sie reicht aus, um Ver­än­de­run­gen zu bewir­ken. Außer­dem dringt Sau­er­stoff durch den Kor­ken ein (bzw. zwi­schen Kor­ken und Fla­schen­hals). Die Ver­än­de­run­gen, die dadurch statt­fin­den, betref­fen v. a. phe­n­o­li­sche Ver­bin­dun­gen (Far­be, Tan­nin sowie eini­ge Ester und Geschmacks­stof­fe). Rot­wei­ne z. B. wer­den wei­cher, weil die Tan­nin­po­ly­me­re sich wei­ter ver­ket­ten. Der Wein ver­stärkt sei­nen Duft, weil jene Geschmacks­stof­fe, die an Phe­n­ol­mo­le­kü­len hän­gen, eben­falls mit dem Sau­er­stoff reagie­ren. Aus anfäng­lich fruch­ti­gen kön­nen so erdi­ge, flei­schi­ge, bal­sa­mi­sche Aro­men wer­den, und statt eines wür­zi­gen nimmt der Wein plötz­lich einen medi­zi­ni­schen, metal­li­schen, vege­ta­bi­len oder petro­li­gen Geschmack an. Doch nicht alle Ver­fei­ne­rungs­pro­zes­se sind auf Sau­er­stoff ange­wie­sen. Sie voll­zie­hen sich auch dann, wenn der Sau­er­stoff in der Fla­sche auf­ge­braucht ist und kein neu­er Sau­er­stoff hin­zu­tritt (etwa weil die Fla­sche ver­sie­gelt ist). Geschmacks­stof­fe, die an Zucker gebun­den sind, ver­än­dern sich z. B. allein durch die Wir­kung von Enzy­men oder der Säu­re. Die genau­en Abläu­fe bei der Ver­fei­ne­rung des Weins sind auch für Wis­sen­schaft­ler nicht völ­lig trans­pa­rent. So wird ver­mu­tet, dass eine Ver­än­de­rung des Weins auch bei völ­li­gem Luft­ab­schluss statt­fin­den kann. Sau­er­stoff kommt im Wein auch in gebun­de­ner Form vor. Wird die­ser durch reduk­ti­ve bzw. oxi­da­tive Pro­zes­se (Oxi­da­ti­on) wie­der frei­ge­setzt, ändert der Wein auch sei­nen Geschmack.